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Freitag, 19. Juli 2013

{Rezension} Oma Else kann's nicht lassen von Thomas Letocha

Cover & Verlag: Goldmann
Taschenbuchausgabe: 192 Seiten
Genre: Roman
ISBN: 978-3-442-47889-7
Erscheinungsdatum: 15. Juli 2013
Preis: 8,99 €




Ein aufregendes Jahr im Leben von Oma Else

Oma Else ist traurig und einsam. Ihr Ehemann Robert ist gerade gestorben und zudem musste sie feststellen, dass ihre beste Freundin Elisabeth sie über Jahre hinweg belogen hat. Hinzu kommt dann noch, dass eine weitere Freundin an Demenz erkrankt ist. Als Oma Else sich vor lauter Trostlosigkeit dabei ertappt, wie sie auf offener Straße Selbstgespräche führt, ist ihr klar, dass sie etwas in ihrem Leben ändern muss. Rettung kommt per Zufall durch einen fehlgeleiteten Brief, der in ihrem Briefkasten landet. Sich durchaus des Fehlers bewusst, öffnet die 81-jährige den Brief und ab da nimmt das Schicksal seinen Lauf. Denn Oma Else wird süchtig nach fremden Briefen. Sie sammelt sie überall ein, liest sie und bringt sie am nächsten Tag wieder dem eigentlichen Empfänger zurück. Doch eines Tages landet ein Brief in ihren Händen, der ihr Leben komplett auf den Kopf stellt.



Mit einer kurzen Szene auf der Dachterrasse eines Hochhauses, wo Oma Else direkt am Abgrund steht und die Feuerwehrsirenen im Hintergrund bereits zu hören sind, erzählt Oma Else ihren Lesern, wie sie in diese absonderliche Situation geraten ist. Dabei beginnt die rüstige Rentnerin mit der Beerdigung ihres Ehemannes Robert. Eigentlich will Oma Else gar nicht zur Beerdigung, doch schlussendlich lässt sie sich doch überreden und landet prompt im Grab auf dem Sarg ihres Mannes. Jeder denkt natürlich, Else kann den Tod von Robert nicht verwinden. Das ist schon richtig, aber umbringen wollte sie sich beileibe nicht, sondern Oma Else ist durch die ellenlange Predigt des Pfarrers kurz eingenickt und hat sich unversehens im Grab wiedergefunden. Der niedrige Blutdruck eben.

Und das ist wahrlich nicht das einzig vergnügliche oder für Oma Else eher peinliche Erlebnis, welches Thomas Letocha seiner Protagonistin im Verlauf der Geschichte widerfahren lässt und die der Autor sehr kurzweilig, wendungsreich und wunderbar unterhaltsam erzählt. So rüstig sie für ihr Alter ist, so schusselig ist Oma Else nämlich auch und verfügt zudem über eine mehr als blühende Fantasie. Sie weiß natürlich, dass sie sich mit dem Öffnen der Briefe strafbar macht und als eines Tages unvermittelt die Polizei vor der Tür steht (allerdings wegen einer ganz anderen Sache), sieht Oma Else sich schon von Reportern umlagert, von den Nachbarn verunglimpft, in Ketten gelegt und zur Guillotine geführt. Natürlich weiß Oma Else, dass die Guillotine heute nicht mehr zum Einsatz kommt, aber dennoch …

Thomas Letocha erzählt dieses schicksalhafte eine Jahr im Leben von Oma Else mit so viel Charme und Esprit, dass die Seiten nur so dahin fliegen und man Oma Else immer mehr ins Herz schließt. Der Autor lässt seine Protagonistin ihre Geschichte selbst erzählen und man erlebt eine agile Rentnerin, die zwar äußerst schüchtern ist, dabei aber auch sehr resolut auftreten kann, was sie manches Mal selbst überrascht, deren übersprühende Fantasie sie immer wieder in die unmöglichsten Situationen führt und die zudem wunderbar herzlich ist, herrlich selbstkritisch sein kann und die Zipperlein des Alters mit Gleichmut hinnimmt.

Fazit: Eine äußerst humorvolle Geschichte, in der ein Brief das Leben einer 81-jährigen Rentnerin komplett auf den Kopf stellt.


Der Autor:

Thomas Letocha studierte Jazzklavier und Komposition sowie Medientechnik. Als Autor und Regisseur realisierte er zahlreiche Fernsehportraits und Dokumentationen und arbeitete als Producer und Realisator von Werbe- und Industriefilmen. Seit 20 Jahren arbeitet er als Drehbuchautor, immer in Zusammenarbeit mit Andreas Föhr. Über 200 Drehbücher sind für das deutsche Fernsehen verfilmt worden.


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