Leseempfehlungen

Donnerstag, 25. Februar 2010

{Rezension} Allwissend von Jeffery Deaver

Übersetzer: Thomas Haufschild
Gebundene Ausgabe: 544 Seiten
ISBN: 376450336X
Erscheinungsdatum: 15. Februar 2010
Preis: 21,95 €


"... Von A nach B nach X ..."

Am Highway 1 der Halbinsel Monterey/Kalifornien wird am Straßenrand ein Kreuz mit dem Datum des kommenden Tages gefunden. Am nächsten Tag wird die junge Tammy entführt, in den Kofferraum ihres Wagens gesperrt und diesen an den Strand gestellt, damit sie bei steigender Flut ertrinkt. Kaum ist dieses schreckliche Verbrechen bekannt, wird beim Chilton Report - einer Internetseite, die sich mit aktuellen und ortsansässigen Themen beschäftigt - das Thema in einem Blog veröffentlicht. Rasend schnell "schießen" sich die Teilnehmer auf den jugendlichen Einzelgänger Travis ein und selbst die CBI-Agentin und Kinesik-Expertin Kathryn Dance und ihr Team gelangen zu der Überzeugung, dass Travis für diese Tat verantwortlich sein muss, da er ein Motiv hat. Doch kurz nach einer ersten Befragung verschwindet Travis und das Morden an Menschen, die sich in dem Blog negativ über ihn geäußert haben, geht weiter ...
 
Auf sehr eindringliche Art beschreibt Jeffrey Deaver, wie rasend schnell in Zeiten des Internets Gerüchte gestreut werden (was es natürlich schon seit Menschengedenken gibt, nur heute halt bedeutend schneller geht) und jemand eines Verbrechens beschuldigt wird, welches er möglicherweise gar nicht begangen hat. Und er zeigt auch den altbewährten "Stille-Post-Effekt" auf. Da wird z. Bsp. aus normalem Haushaltsreiniger plötzlich Giftgas, das bei Neonazis besorgt wurde. Diese Eigendynamik ist sehr nachvollziehbar und glaubwürdig dargestellt. Auch ist wirklich interessant zu verfolgen, wie selbstverständlich die Informationen, welche über Blogs, Chatrooms etc. veröffentlicht werden als wahr hingenommen werden bzw. sich die Nutzer möglicherweise auch gar nicht trauen zu hinterfragen, da sie ansonsten selbst Gefahr laufen könnten, in die "Schusslinie" der Blog-Nutzer zu geraten. Zusätzlich geht er auch auf die Leichtsinnigkeit vieler Internetnutzer ein, die in der vermeintlichen Anonymität des Internets private Informationen über sich bedenkenlos preisgeben und wie diese anschließend gegen sie benutzt werden.

Eigentlich müsste man ja meinen, wenn man so ziemlich am Anfang schon den mutmaßlichen Täter kennt und Kathryn Dance und ihr Team nur noch die Festnahme erfolgreich zum Abschluss bringen müssen, wäre das meiste an Spannung genommen. Aber weit gefehlt! Denn Deaver wäre nicht Deaver, wenn er nicht noch die eine oder andere Überraschung in petto hätte. Zudem erzählt er wieder so anschaulich, abwechslungsreich, informativ und lebendig, dass die Story durchweg auf einem hohen Spannungslevel ist und zum Ende hin noch einmal gewaltig anzieht. Klar sind einige Beschreibungen rund um die Kinesik und das Internet wieder etwas lehrbuchhaft. Allerdings sind diese so gut in die Story eingepackt und informativ, dass man sich hier immer gut unterhalten fühlt und ich als IT-Laie habe hier noch so das ein oder andere Interessante erfahren können.

Seine Charaktere beschreibt er wieder gewohnt detailreich und lebendig. So erfährt man ein wenig mehr über das Privatleben von Kathryn Dance, was in einem wohl dosierten Maß in die Story integriert wurde und er führt auch eine neue Person ein: Jonathan Boling, ein sehr symphatischer Professor Mitte Vierzig, der Kathryn und ihr Team in IT-Fragen tatkräftig unterstützt.

Besonders interessant ist natürlich die Figur von Travis angelegt. Ihn stellt Jeffrey Deaver als einen sehr introvertierten, mürrischen Einzelgänger dar, der von seinen Mitschülern nicht akzeptiert wird und nun auch noch den Beschimpfungen und Bedrohungen durchs Internet ausgesetzt ist. So flüchtet der fanatische PC-Spieler scheinbar lieber in die synthetische Welt von Aetheria des Computerspiels DimensionQuest und bleibt für die Polizei ein Phantom und somit auch für den Leser, da seine Figur undurschaubar dargestellt wird.

Fazit: Jeffrey Deaver ist wieder einmal ein intelligenter, gut recherchierter, ein aktuelles Thema aufgreifender und wohldurchdachter Thriller gelungen, der von der ersten Seite an absolut überzeugt.

Montag, 22. Februar 2010

Septagon von Richard Montanari

Übersetzer: Karin Meddekis
Gebundene Ausgabe: 464 Seiten
ISBN: 3785723652
Genre: Amerikanischer Thriller
Erscheinungsdatum: 16. Juni 2009
Preis: 19,95 €


Philadelphia als "Spielfeld" eines Mörders

Bei der Mordkommission Philadelphia sind die Sonderermittler Jessica Balzano und Kevin Byrne mit der Aufklärung ungelöster Mordfällen betraut. So ein Fall ist auch der rätselhafte Mord einer jungen Ausreißerin. Die Ermittlungen führen sie zu einer älteren Dame, die zuerst Byrne in die Kunst des Tangrams einführt und kurz darauf Selbstmord begeht. Als einige Zeit später wieder ein totes Mädchen gefunden wird, müssen Jessica und Kevin erkennen, dass hier ein Serienmörder am Werk ist, der ein perfides Spiel mit der Polizei spielt.

Auch in seinem vierten Thriller rund um sein Ermittlerduo Jessica Balzano und Kevin Byrne gelingt es Richard Montanari wieder einmal mühelos, den Leser von der ersten Seite an das Buch zu binden. Und dies, obwohl man auch dieses Mal gleich zu anfangs wieder den Täter kennt. So erfährt man in wechselnden Handlungssträngen zum einen die Hintergründe und Gedanken des Mörders kennen, zum anderen ist man bei den Ermittlungen von Jessica und Kevin dabei. Die Wechsel sind geschickt gelegt und was wirklich interessant war, dass einige Szenen mit dem Ermittlerduo beginnen und vom Mörder zu Ende erzählt werden. Ein zusätzlicher Handlungsstrang ist der einer jungen Ausreißerin, der zum Ende hin noch eine Überraschung zu bieten hat.

Die Spannung ist von Anfang an auf gewohnt hohem Niveau und Richard Montanari gelingt es problemlos, diese im letzten Drittel des Thrillers nochmals extrem zu steigern, sodass ich mich doch das ein oder andere Mal vor Nervosität am "Fingernägelknabbern" erwischt habe.

Seine Protagonisten beschreibt der Autor gewohnt facettenreich und sympathisch. So stellt er sie nicht als hartgesottene Cops dar, sondern als Menschen, denen der Fall - besonders Jessica - sehr nahe geht und sie hier auch mal Gefühle zeigen dürfen. Allerdings kommt dieses Mal - meiner Meinung nach - das Privatleben des Duos etwas zu kurz; dieses findet, wenn überhaupt, nur ganz am Rande statt.

Durch Rückblicke erfährt man nach und nach die Vergangenheit des Mörders kennen, der durch seinen Vater geprägt wurde und eine Obsession gegenüber Spielen und Rätseln jeglicher Art hat. So haben es Jessica und Kevin mit einem äußerst intelligenten Gegner zu tun, der ihnen immer wieder Rätsel aufgibt und ein Meister der Verkleidungen ist.

Fazit: Wieder einmal ist es Richard Montanari mühelos gelungen, einen Thriller mit einer gut durchdachten Story zu schreiben, der wieder mit äußerst sympathischen Protagonisten aufwarten kann und äußerst spannend umgesetzt ist.

Montag, 15. Februar 2010

{Rezenion} Sonnensturm von Asa Larsson

Verlag: btb-Verlag
Übersetzer: Gabriele Haefs
Taschenbuchausgabe: 352 Seiten
Genre: Skandinavischer Krimi
ISBN: 978-3442736003
Erscheinungsdatum: 11. September 2007
Preis: 9,00 €


Christlicher Wahn einer Gemeinde mit tödlichem Ausgang

Spätwinter in Nordschweden. In der Kristallkirche in Kiruna liegt die Leiche des Predigers Victor Strandgard. Seine Schwester Sanna findet ihn morgens und flüchtet mit ihren Kindern vor Angst. Völlig verzweifelt bittet sie ihre "alte" Freundin Rebecka Martinsson, die mittlerweile als Staatsanwältin in Stockholm arbeitet, um Hilfe. Gleichzeitig unterstützt die hochschwangere Polizeiinspektorin Anna Maria Mella ihren Kollegen bei den Ermittlungen des Mordes. Diese gestalten sich allerdings als äußerst schwierig, da sie in der Gemeinde auf eine Mauer des Schweigens stoßen und auch Rebecka kommt bei ihren Nachforschungen nicht wirklich weiter.

In ihrem Debütroman beleuchtet Asa Larsson den christlichen Wahn einer Gemeinde. Der Ermordete Victor hatte als Jugendlicher eine Nahtoderfahrung, bei der er angeblich von Gott wieder auf Erden zurückgeschickt wurde. Geschickt und mit Hilfe eines ausgeprägten Charismas war es ihm gelungen, die drei bereits bestehenden Kirchen zur großen "Kirche der Kraftquelle" zu vereinen, um die Botschaft Gottes zu verkünden. In Kiruna wird er fast schon als Heiliger verehrt und so ist es für viele unvorstellbar, wer seinen Tod wollte.

Aus diesem Glaubenswahn war vor vielen Jahren die Anwältin Rebecka Martinsson nach Stockholm geflohen. Sie war als Jugendliche eng mit der Kirchengemeinde und auch mit Sanna und Victor verbunden und so lässt sie auch sofort alles stehen, als der Hilferuf ihrer Freundin kommt. Sanna selbst hat es nie geschafft, ein eigenverantwortliches Leben zu führen und ist anfangs froh, tatkräftige Unterstützung von Rebecka zu erhalten und sich somit auch jeglicher Verantwortung entziehen kann.

Beklemmend, düster und melancholisch hat die Autorin ihren Psychothriller angelegt. In Rückblenden erfährt man nach und nach die Beweggründe für Rebeckas Wegzug aus Kiruna und erhält auch ein Gefühl davon, wie dieses sektenhafte Verhalten und die Macht der Freikirche sich über Jahre hinweg in Kiruna verbreiten und halten konnte.

Obwohl die Autorin ihren Roman sofort mit dem Mord an Victor beginnt, baut sich doch die Spannung eher langsam auf. Allerdings zieht sie zum Ende hin sehr an, auch wenn man etwa ab der Mitte des Buches eine Ahnung vom Mörder und seinem Motiv erhält. Allerdings so ganz sicher kann man sich eigentlich bis zum Schluss hierüber auch nicht sein, da doch immer mal wieder kleine Hinweise oder geschickt gelegte Wendungen die Geschichte in einem anderen Licht erscheinen lassen.

Ihre beiden Protagonistinnen Anna-Maria und Rebecka zeichnet die Autorin vielschichtig und lebendig. Besonders der Charakter von Rebecka ist anfangs etwas spröde und undurchsichtig beschrieben, erst so nach und nach erfährt man mehr über ihre Gefühle und auch die Rückblenden in ihre Jugend lassen einem ihr Verhalten mit der Zeit immer besser verstehen. Anna-Marias Charakter ist hier weniger überraschend, dafür aber sympathisch angelegt. Sie, verheiratet und Mutter von drei Halbwüchsigen, ist eine mutige, couragierte Frau, die momentan eine Gratwanderung zwischen Schwangerschaft, Beruf und Familie zu bewältigen hat und öfter mal nicht mehr weiß, um was sie sich zuerst kümmern soll. Die weiteren Mitwirkenden, besonders die Prediger der Kristallkirche, sind stellenweise doch recht mysteriös und undurchsichtig beschrieben, was sehr gut zur ganzen Stimmung des Thrillers passt.


Fazit: Mit ihrem Debütroman ist Asa Larsson ein spannender und düsterer Psychothriller gelungen, der sehr gut die Stimmung eines Spätwinters in Nordschweden zu vermitteln versteht.

Donnerstag, 11. Februar 2010

{Rezension} Der Sünde Sold von Inge Löhnig

Taschenbuchausgabe: 432 Seiten
ISBN: 3548268641
Genre: Deutscher Thriller
Erscheinungsdatum: 09. Oktober 2008
Preis: 8,95 €


Der Seelenretter

Es ist Mai. In dem kleinen idyllischen Dorf Mariaseeon nahe München verschwindet am helllichten Tag der fünfjähre Jakob Sonnberg spurlos. Sofort eingeleitete Suchaktionen der Dorfbewohner und auch der Einsatz der Polizei mit einem Großaufgebot bleiben erfolglos. Zu gleichen Zeit ist die junge Agnes Garauda nach Mariaseeon gezogen. Agnes hatte ein Jahr zuvor ein sehr traumatisches Erlebnis und versucht nun, mit dem Umzug ein neues Leben zu beginnen. Ausgedehnte Waldläufe und Radtouren helfen ihr dabei, den Schmerz zu verarbeiten und so findet sie durch Zufall bei einem ihrer Touren den kleinen Jakob nackt und angebunden mitten Wald. Der Junge ist psychisch sehr mitgenommen, ansonsten aber unverletzt. Das einzige, was der leitende Ermittler Konstantin Dühnfort von ihm erfährt, ist die Aussage über einen schwarzen Mann. Die weiteren Ermittlungen verlaufen im Sande bis kurze Zeit später die Leiche einer Frau gefunden wird, die vor ihrem Tod massiv gefoltert wurde ...

Während der Entführung von Jakob, der verzweifelten Suche nach dem Jungen und den fruchtlosen Ermittlungen der Polizei gelingt es Inge Löhning mühelos, eine beklemmende Spannung aufzubauen und einem keinerlei Hinweise auf den Entführer zu geben, obwohl sie diesen immer wieder zu Wort kommen lässt und man so viel über seine Beweggründe erfährt. Gleichzeitig macht sie einen bekannt mit ihren Protagonisten Agnes Garauda und Konstantin Dühnfort und gibt einen Einblick in ihr Privat- wie auch Berufsleben. Zwar ebbt die Spannung zwischenzeitlich etwas ab und die Geschichte legt hier etwas mehr Wert auf das Zwischenmenschliche, zieht aber dann gewaltig an, als die Leiche einer Frau gefunden wird. Und ab da ist die Spannung fast greifbar und es ist einem kaum noch möglich, das Buch aus der Hand zu legen.

Sehr bildhaft beschreibt sie die Umgebung und das Dorfleben von Mariaseeon, sodass man problemlos dieses scheinbare Idyll vor Augen hat und stellt einen einige der Dorfbewohner vor. Dies und die immer wieder geschickt gelegten und stellenweise wirklich überraschenden Wendungen in dem Psychothriller lassen einen ständig im Ungewissen in Bezug auf die Identität des Täters und zeigt einem auch, dass der Schein des Öfteren trügen kann.

Die Charaktere des Krimis sind detailreich, teilweise sehr undurchsichtig und dann auch wieder wie aus dem Leben gegriffen beschrieben. Einfühlsam und nachvollziehbar, ohne dabei zu gefühlsduselig zu werden, erfährt der Leser nach und nach mehr über das traurige Erlebnis von Agnes und ihrem Kampf dagegen. Gleichzeitig beschreibt sie Agnes aber auch als eine starke, selbstbewusste Frau, die mühsam versucht, einen Weg zurück ins Leben zu finden. Konstantin Dühnfort, genannt Tino, ein Hamburger Anfang Vierzig, den es aus privaten Gründen nach München verschlagen hat, wird sympathisch und menschlich dargestellt, der absolut nicht perfekt ist und auch mal seinen Gefühlen freien Lauf lassen darf.

Fazit: Mit ihrem Debütroman ist Inge Löhning ein extrem spannender, gut durchdachter Thriller gelungen, der die menschliche Seite nicht aus den Augen verliert und einen von der ersten Seite an fesselt.

Mittwoch, 10. Februar 2010

{Rezension} Querschläger von Silvia Roth

Gebundene Ausgabe: 320 Seiten
ISBN: 3455401287
Genre: Deutscher Krimi / Wiesbaden
Erscheinungsdatum: 15. August 2008
Preis: 14,95 €


Realistische Umsetzung eines brisanten Themas

18. September 2007 um 11:55 Uhr. Ein maskierter Mann richtet im Clemens-Brentano-Gymnasium in Wiesbaden ein Blutbad an und begeht anschließend scheinbar Selbstmord. Doch die ermittelnden Beamten stellen schnell fest, dass der Schüler Nikolas Hrubesch mit einer anderen Waffe erschossen wurde. So wird das KK11 mit dem Fall betraut und Hendrik Verhoeven und seine Kollegin Winnie Heller beginnen ihre Ermittlungen, die sie in das Umfeld des Schülers führen. Dieser stand kurz vor seinem Amoklauf per Chat in engen Kontakt zu einem gewissen "Devil". Ist er der zweite Täter?

Die Spannung baut sich recht schnell auf und steigert sich im Lauf der Ermittlungen sehr, da immer wieder neue Aspekte ans Tageslicht kommen und man so immer wieder überraschende Wendungen erfährt, die einen unweigerlich an das Buch fesseln.

Realistisch und einfühlsam beschreibt die Autorin die Gefühle der Schüler/-innen, die den Amoklauf überlebt haben. Bedingt ist dies auch durch die bei Beginn eines neuen Kapitels eingefügten kurzen "O-Töne" der Betroffenen. Zu Anfang des Krimis lässt Silvia Roth den Leser auch ein wenig an dem Gefühlsleben des Amokschützen Nikolas Hrubesch teilhaben, was stellenweise sehr erschreckend ist.

Bei ihren beiden Protagonisten Heller und Verhoeven legt die Autorin dieses Mal den Schwerpunkt eindeutig auf Winnie. Man lernt wieder ein wenig mehr über ihr Privat- und Gefühlsleben kennen und trotz ihrer teilweise sehr rabiaten, introvertierten - ja fast schon stoffeligen - Art, wird sie einem immer sympathischer. Hier merkt man sehr deutlich, dass hinter einer harten Schale doch des Öfteren auch ein weicher Kern stecken kann.

Hendrik Verhoeven muss sich neben dem aktuellen Fall auch noch mit dem voreiligen Versprechen gegenüber seiner kleinen Tochter Nina herumquälen, ihr einen Gartenteich zu bauen; was er schnell bereut, vor allem als er sich von Ninas Kindergartenfreund Dominik noch kluge Ratschläge geben lassen muss. Mit diesen kurzen Szenen gelingt es der Autorin gut, einem neben dem sehr nahegehenden Fall des Amoklaufs auch noch eine Spur von Normalität zu vermitteln.

Fazit: Mit ihrem zweiten Buch rund um ihr Ermittlerteam Heller & Verhoeven ist Silvia Roth wieder einmal ein spannender und vor allem sehr realistischer Krimi gelungen mit einem Thema, das sehr einfühlsam umgesetzt wurde. Einzig ein wenig mehr Lokalkolorit habe ich vermisst. So kann das Buch in jeder größeren Stadt spielen und typische Hinweise auf Wiesbaden und Umgebung fehlen fast völlig.

Montag, 8. Februar 2010

{Rezension} Kalter Main von Rosa Ribas

Verlag: Suhrkamp Verlag 
Taschenbuchausgabe: 368 Seiten
Genre: Deutscher Krimi / Frankfurt
ISBN: 3518460889
Erscheinungsdatum: 20. Juli 2009
Preis: 9,95 €


Hochwasser in Frankfurt und ein Mord in der Spanischen Gemeinde

Der Main hat Hochwasser. An der alten Brücke in Frankfurt wird die Leiche eines älteren Mannes angeschwemmt. Hauptkommissarin Cornelia Weber-Tejedo wird mit dem Fall betraut. Mit Hilfe von Polizeiobermeister Leopold Müller wird die Leiche schnell als Marcelino Soto identifiziert. Der Spanier war ein hochangesehener Mitbürger der Spanischen Gemeinde in Frankfurt. Zusammen mit ihrem Kollegen Reiner Terzletzki und dem neu hinzugezogenen Polizeiobermeister Leopold Müller beginnt Cornelia mit den Ermittlungen, die sie zwar tief in die Spanische Gemeinde eintauchen lässt, jedoch zu keiner heißen Spur führt. Ist der Mörder im Umfeld dieser Gemeinde zu finden oder handelt es sich um missglückte Schutzgelderpressungen? Denn der Tote war Besitzer zweier sehr erfolgreicher Restaurants in Frankfurt.

Der Krimi beginnt mit dem Fund der Leiche an der Alten Brücke und schon nach wenigen Sätzen taucht man in die Geschichte ein, bedingt durch die wirklich sehr ansprechende, flüssige Schreibweise der Autorin. So spannend der Roman jedoch beginnt, so schnell flacht er auch wieder ab. Allerdings ist während des Lesens kein einziges Mal auch nur der Hauch von Langeweile aufgekommen, da Rosa Ribas es in ihrem Debütroman hervorragend versteht, einen problemlos zu unterhalten.

So zeichnet sie ein sehr interessante Bild der spanischen Gastarbeiter, die in den 1960er Jahren nach Deutschland gereist kamen und beschreibt fundiert und informativ deren Leben in einer für sie fremden, kalten Welt. Durch regelmäßige Rückblicke erhält man so nach und nach einen kleinen Überblick über ihr Leben, ihr Heimweh und ihre Ängste in der Fremde sowie einige kleine Einblicke in das Leben während des Franco-Regimes.

Ihre Protagonistin Cornelia Weber-Tejedo ist Mitte Dreißig, eine Halbspanierin, die ihre spanische Hälfte über die Jahre hinweg geschickt verdrängt hat und sich durch den aktuellen Fall ihrer stellen muss, da auch sie ihre Kindheit und Jugend in der Spanischen Gemeinde verbracht hat und feststellen muss, dass hier doch einige ihrer Wurzeln liegen. Ihr Kollege Reiner Terzletzki ist ein etwas burschikoser Mensch, der durch seine direkte Art öfter mal den Unbill seines Vorgesetzen auf sich zieht und ein Geheimnis vor Cornelia zurückzuhalten versucht, was die Zusammenarbeit mit ihm stellenweise sehr erschwert. Der Neue im Team ist Leopold Müller. Ein tüchtiger, intelligenter Polizist, über den man aber kaum etwas erfährt. Da es sich jedoch um den ersten Band der Reihe handelt und im August 2010 der zweite Band der mit dem Titel "Tödliche Kampagne" erscheint, ist davon auszugehen, dass seine Figur noch ausgebaut wird.

Zwar sind einige Charaktere schon etwas klischeehaft gezeichnet, allerdings sind auch einige dabei, die undurchsichtig bleiben, sodass man in Bezug auf Mörder und Motiv ein ums andere Mal auf eine falsche Fährte geführt wird, bis zum Schluss die Lösung schlüssig umgesetzt vor einem liegt.


Fazit: Mit ihrem Debütroman hat Rosa Ribas eine interessante Milieustudie abgeliefert, die zwar nicht durchweg spannend, jedoch sehr unterhaltsam geschrieben ist.

Samstag, 6. Februar 2010

{Rezension} Hundszeiten: Laura Gottbergs fünfter Fall von Felicitas Mayall

Verlag: rororo Verlag
Taschenbuchausgabe: 416 Seiten
ISBN: 3499246236
Genre: Deutscher Krimi / München / Toskana
Erscheinungsdatum: 02. Januar 2010
Preis: 8,95 €

Obdachlose, Neonazis und ein toter, grüner Frosch

Am Isarufer wird die Leiche eines Obdachlosen gefunden. Da alle Spuren darauf hinweisen, dass es mehrere Täter waren, fällt der Verdacht schnell auf eine Gruppe Rechtsradikaler, die sich regelmäßig an der Isar treffen, grillen, Hasslieder grölen und Obdachlose terrorisieren. Hauptkommissarin Laura Gottberg übernimmt den Fall, obwohl sie gleichzeitig noch mit dem ungeklärten Tod eines Rentners beschäftigt ist. Mehr durch Zufall lernt Laura kurz vor dem Mord bei einem morgendlichen Spaziergang den Wohnungslosen Ralf kennen. Sie freundet sich mit ihm etwas an und hofft später, durch Ralf mehr über die Umstände des Mordes an seinem Kollegen zu erfahren, jedoch erweist sich dieser als eine ziemlich harte Nuss.

Eine schwüle Hitze liegt über München, die alle Aktivitäten auf ein Minimum zurückschraubt und die Aggressivität der Menschen fördert; so muss die Polizei immer mehr bei Gewalttätigkeiten eingreifen. Auch Laura ist genervt von der Hitze, fühlt sich einsam und vermisst ihre Kinder, die in England Urlaub machen. Und natürlich Angelo, der in Siena versucht, die letzten offenen Fragen im Fall Altlander zu klären. Im Fall Dobler kommt Laura nicht richtig weiter, obwohl der alte Herr Mayer ihr ein Geheimnis anvertraut und ihr Kollege Baumann fällt wegen einer Viruserkrankung zeitweilig aus. Ein kleiner Lichtblick ist da die Begegnung mit dem Wohnungslosen Ralf wie auch die Treffen mit ihrem Vater Emilio.

Felicitas Mayall knüpft mit dem vorliegenden Krimi fast nahtlos an "Wolfstod: Laura Gottbergs vierter Fall" an und führt so auch die Ermittlungen im Fall Dobler und Altlander realistisch fort. Deswegen ist es auch empfehlenswert, die Bücher in der richtigen Reihenfolge zu lesen, auch wenn immer mal wieder kurz auf vorherige Geschehnisse eingegangen wird.

Spannung baut sich während der Geschichte immer wieder schnell auf, um dann aber auch regelmäßig etwas abzufallen und der Story so mehr Platz für das Zwischenmenschliche zu lassen. Und das braucht dieses Buch auch, da die Autorin hier die Themen Neonazis sowie die NS-Zeit aufgreift und diese einfühlsam, realistisch und überzeugend beschreibt. So schafft sie eine hervorragende Balance, die den Krimi zu jeder Zeit sehr lesenwert macht.

Der Krimi ist von Anfang an atmosphärisch sehr dicht und stimmig umgesetzt und mit einem guten Schuss Lokalkolorit versetzt. Die Beschreibungen der Autorin sind so bild- und lebhaft, dass man das Gefühl hat, selbst dieser unerträglich schwülen Hitze ausgesetzt zu sein, mit der Laura und gesamt Deutschland in jenem August zu kämpfen hat.

Natürlich erzählt die Autorin auch die Beziehung zwischen Laura und Angelo weiter und wechselt in ihren Erzählsträngen oft zwischen München und Siena. So lernt man automatisch wieder ein wenig mehr über das Leben der Beiden und ihre Gefühle zueinander kennen und nimmt wieder einmal wie selbstverständlich an ihrem Leben teil.

Fazit: Für mich ist "Hundszeiten" der bisher beste Krimi von Felicitas Mayall, auch wenn er vielleicht nicht ganz den Spannungsgrad von "Wolfstod" oder "Wie Krähen im Nebel" erreicht. Hier überzeugt eindeutig die Rahmenhandlung.

Dienstag, 2. Februar 2010

{Rezension} Wolfstod: Laura Gottbergs vierter Fall von Felicitas Mayall

Verlag: rororo Verlag 
Taschenbuchausgabe: 400 Seiten
ISBN: 3499244403 
Genre: Deutscher Krimi / München, Toskana
Erscheinungsdatum: 01. Juli 2008
Preis: 8,95 €


Künstler, Dichter und Chinesen in der Toskana

Nahe Siena wird der erfolgreiche deutsche Schriftsteller Giorgio Atlander tot in seinem Arbeitszimmer aufgefunden. Der erste Eindruck deutet auf Selbstmord hin, aber als am nächsten Tag in das Arbeitszimmer des Autors eingebrochen und Beweismaterial entwendet wird, glaubt Commissario Guerrini an Mord und fordert als Unterstützung deutsche Amtshilfe in Form von Hauptkommissarin Laura Gottberg an. Zusammen beginnen sie die Ermittlungen und geraten in der beschaulichen Toskana bald in tödliche Gefahr.

Der Mord an dem deutschen Schriftsteller kommt Angelo Guerrini wie gerufen. Endlich kann er Laura Gottberg wieder sehen und auch Laura freut sich bereits auf die Toskana, da sie so auch noch das Versprechen ihrem Vater gegenüber einlösen kann. So reisen Vater und Tochter an einem schönen Junitag in die Toskana. Das anfänglich schlechte Gewissen, zu wenig Zeit mit ihrem Vater verbringen zu können, legt sich schnell, als sie feststellt, wie sehr er aufblüht und das Leben genießt. Und so stürzt sich Laura zusammen mit Angelo in ihren neuen Fall, der immer mehr Fragen aufwirft, als Lösungen anbietet. Alles weist darauf hin, dass Atlander hinter ein dunkles Geheimnis eines Bewohners in Siena gekommen ist, doch sie finden absolut keine Spuren, die ihnen einen Hinweis auf den Unbekannten geben könnte. Dann erhalten sie den entscheidenden Hinweis und plötzlich liegt der Fall klar vor ihnen.

Die Bücher von Felicitas Mayall sind immer wie ein kleines bisschen Urlaub: abschalten, in das Buch eintauchen und genießen. Auch dieses Mal gelingt es ihr wieder mühelos, einem die Toskana im Juni vor Augen zu führen. Ihr Schreibstil, angereichert mit einigen Gedichten von Lord Byron, ist gewohnt lebendig und flüssig. Der Spannungsbogen baut sich dieses Mal etwas gemächlicher auf, bis man etwa ab Mitte des Krimis das Buch nicht mehr aus der Hand legen kann. Wobei aber der Weg dahin wieder einmal in keinster Weise langatmig ist, sondern sehr unterhaltsam. Die Story ist schlüssig aufgebaut und durch geschickt gelegte Hinweise ist man sich während des Lesens immer wieder über die Identität des Mörders im Unklaren. Allerdings kam für meinen Geschmack der Schluss bzw. die Auflösung des Falls dann doch etwas zu schnell und abrupt, hier hätten ein paar Seiten mehr besser gepasst.

Auch gelingt es ihr dieses Mal wieder mühelos, die unterschiedlichsten Charaktere zu zeichnen, die einem während des Lesens durch ihre Wandelhaftigkeit überraschen und sehr menschlich dargestellt sind. Und natürlich erfährt man auch wieder ein wenig mehr über das Leben von Laura und vor allem von Angelo und ihrer Beziehung zueinander.


Alles in allem wieder einmal ein spannender, unterhaltsamer Krimi, der ein wenig in das Künstlerleben der Toskana eintaucht.