Leseempfehlungen

Donnerstag, 4. Juli 2013

{Rezension} Landgericht von Stefan Holtkötter

Cover & Verlag: Piper
Taschenbuchausgabe: 320 Seiten
Genre: Deutscher Krimi / Münsterland
ISBN: 978-3-492-27271-1
Erscheinungsdatum: 11. Juni 2013
Preis: 9,99 €




Der herrische Patriarch

Nur noch eine Zeugenaussage vor Gericht zu einer Schlägerei mit Todesfolge und dann stehen Hauptkommissar Bernhard Hambrock endlich ein paar freie Tage zur Verfügung. Angeklagt sind drei Jugendliche, die scheinbar grundlos einen angetrunkenen jungen Mann zu Tode geprügelt haben sollen. Zeugen haben den Vorfall beobachtet, alles scheint stichhaltig. Doch dann macht Hambrock vor dem Gericht eine Beobachtung, die ihn zu weiteren Nachforschungen führt.



Marius Bahr sieht sein Leben in Trümmern, angetrunken fährt er spätabends mit der Bahn nach Gertenbeck zu seinem Elternhaus. Auf dem verlassenen Bahnhof trifft der Student auf drei Jugendliche. Wenige Minuten später ist Marius tot. Mit dieser letzten Bahnfahrt von Marius steigt Stefan Holtkötter in seinen Krimi ein. Man merkt schnell, dass Marius äußerst deprimiert und durchaus auch auf Ärger aus ist. Was zu Marius‘ Niedergeschlagenheit geführt hat, erzählt Stefan Holtkötter seinen Lesern mithilfe von Rückblicken im Verlauf seines Krimis.

In einem weiteren Erzählstrang verfolgt man die Ermittlungen von Bernhard Hambrock und seinen Kollegen. Eigentlich ist der Fall abgeschlossen, die Beweislage klar und die Anwälte stehen kurz vor ihren Plädoyers. Eine zufällige Beobachtung nach seiner Zeugenaussage sorgt jedoch dafür, dass Hambrock dem abgeschlossenen Fall wieder nachgeht. Und dabei muss der Hauptkommissar feststellen, dass vieles nicht so ist, wie es auf den ersten Blick schien.

Ein befehlsgewohnter, unerbittlicher Vater, der das Familienunternehmen mit strenger Hand führt, ein schwächlicher Sohn, der sich überfordert fühlt und eine Schwester, die es nicht hinnehmen kann, dass sie nur die zweite Position in der Firma inne haben soll. Aber nicht nur die Überheblichkeit, Gefühllosigkeit und Zwietracht innerhalb der Unternehmerfamilie sind ein Thema des Krimis, auch Rassismus spielt eine große Rolle.

Auch dieses Mal versteht es Stefan Holtkötter mit seinem fesselnden, einnehmenden, flüssigen Schreibstil perfekt, aktuelle Themen absolut klischeelos, präzise und hervorragend recherchiert in einem komplexen wie auch spannenden Krimi zu integrieren. Die Story verläuft unvorhergesehen, ist wendungsreich und man ahnt hierdurch lange Zeit nicht, in welche Richtung sich der Krimi entwickeln wird.  

Die Charaktere sind ebenfalls sehr detailreich beschrieben und der Autor liefert mit seinen Mitwirkenden ausgereifte wie auch überzeugend agierende Charaktere.  Und je länger die Story andauert, je mehr man den charakterlich schwachen Studenten Marius kennenlernt, der als Erstgeborener das Familienunternehmen übernehmen muss, umso bedrückender und nachdenklicher wird der Krimi. Es ist die Geschichte eines unterdrückten, verwöhnten, weltfremden jungen Mannes, der nie den Mut aufbringt, sich gegen seinen despotischen Vater zu wehren und sich dabei doch nur ein wenig Liebe wünscht, die ihm in dem kaltherzigen Elternhaus nie geschenkt wurde.

Fazit:  Ein vielschichtiger, hervorragend durchdachter wie auch spannender Münsterland-Krimi mit ausgereiften und glaubwürdig agierenden Charakteren.


Der Autor:

Stefan Holtkötter, geboren 1973 in Münster, lebte auf einem Bauernhof in Westfalen, bis er nach Berlin zog, wo er heute als Sozialarbeiter und Erwachsenenbildner arbeitet. Neben seiner erfolgreichen Krimiserie um den Münsteraner Ermittler Bernhard Hambrock schreibt er atmosphärische und temporeiche Kriminalromane, die in seiner Wahlheimat angesiedelt sind.

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