Taschenbuchausgabe: 240 Seiten
Genre: Historischer Roman
ISBN: 978-3-86680-876-8
Erscheinungsdatum: 17. August 2011
Preis: 12,00 €
Die Angst vor der Pest und ihre Folgen
Anfang des Jahres 1349 fertigt der Goldschmied Thomas von
Weimar für den jüdischen Kaufmann Kalman von Wiehe einen Hochzeitsring an, ein
wunderschönes, filigranes Stück. Während die Hochzeitsvorbereitungen in vollem
Gange sind, findet der stumme Gehilfe des Goldschmieds im Hof die Leiche einer
jüdischen Magd, die in den Diensten des Kaufmanns stand. Doch der Mord geht in
der allgemeinen schlechten Stimmung der Stadt eher unter, denn die Pest zieht
unaufhaltsam Richtung Erfurt. Immer mehr Gerüchte entstehen und immer mehr
geraten die Juden in den Fokus dieser Gerüchte, schon bald wird ihnen die
Schuld an der tödlichen Krankheit gegeben. Die jüdischen Einwohner wie auch
ihre christlichen Freunde, darunter Goldschmied von Weimar und sein Gehilfe
Konrad, müssen um ihr Leben fürchten. Gleichzeitig sehen die vermeintlich
reichen Bürger der Stadt ihre Chance gekommen, sich ihrer Schulden bei den
jüdischen Kreditgebern zu entledigen.
Anschaulich, interessant und sehr authentisch wirkend
beschreibt Henry Köhlert, wie es zu der Verfolgung und Ermordung der Erfurter
Juden kam. Von Frankreich her kommend zieht die Pest unaufhaltsam Richtung
Erfurt. Je mehr Schreckensnachrichten durch fahrende Händler nach Erfurt
gelangen, umso größer wird die Angst der Einwohner. Und schnell sind die
Schuldigen für die verheerende Krankheit ausgemacht. Ein Jude hatte in einer
anderen Stadt unter der peinlichen Befragung gestanden, dass Juden die Brunnen vergiften würden. So gelange
die Seuche in die Stadt.
Da Juden auch im 14. Jahrhundert zumeist nur dem Beruf
des Geldverleihers nachgehen konnten und viele Bürger durch Missernten der
vergangenen Jahre hoch verschuldet waren, sahen diese natürlich nun eine gute
Möglichkeit, sich schnell ihrer Schulden und den drückenden Zinszahlungen zu entledigen.
Hinzu kam, dass viele Juden als sehr
vermögend galten und hierin noch eine zusätzliche Geldquelle gesehen wurde. So
dauert es auch nur wenige Wochen, bis sich auch in Erfurt - getrieben durch Neid und Missgunst - eine hohe Anzahl von
Bürgern zusammenschließt und einen Anschlag gegen die Juden plant. Zumal ihnen
dies in anderen Städten ja bereits vorgemacht wurde und es in Freiburg wie auch
Straßburg bereits zu gewaltsamen
Ausschreitungen kam, bei denen auch vor der Verbrennung jüdischer Einwohner
nicht halt gemacht wurde.
Henry Köhlert erzählt sehr detailliert, anschaulich und
in einer der damaligen Zeit angepassten Sprache zum einen das damalige Leben in
der Stadt Erfurt mit seinen ganzen Entbehrungen, Gerüchen und Gewohnheiten. Dies
gelingt ihm besonders anschaulich bei dem Besuch des Wochenmarktes von Konrad
und seiner Liebsten Maria und einem anschließenden Rundgang durch die Stadt. Zum
anderen zeigt er sehr plastisch auf, wie
der Hass auf die jüdische Bevölkerung immer größere Ausmaße annimmt, die
wildesten Gerüchte geschürt werden und der Aberglaube blüht.
Seinen Roman erzählt der Autor aus Sicht des jungen
Gehilfen Konrad. Der stumme junge Mann geht bei Thomas von Weimar in die Lehre.
Sein Meister legt mehr Wert auf seinen gesunden Menschenverstand als auf
Aberglaube und Gerüchte und so verbindet von Weimar auch eine enge Freundschaft
zum Juden von Wiehe. Allerdings gerät die Familie des loyalen, aufgeschlossenen
Goldschmieds durch das immer schlechter werdende Ansehen der jüdischen
Bevölkerung schon bald ebenfalls in den Fokus der Ausschreitungen.
Die Charaktere des Buches zeichnet der Autor sehr
facettenreich und lebendig. Auch hier merkt man, dass Henry Köhlert viel Wert
auf Details legt und so wirken alle Mitwirkenden authentisch und überzeugend in
ihrem Verhalten. Gut fängt der Autor auch die wahrscheinlich damals vorherrschende
Atmosphäre der Stadt Erfurt und die Ängste unter den Einwohnern ein, sodass man
hierdurch durchaus nachvollziehen kann, wie es letztendlich zu den
fürchterlichen Ausschreitungen und den Morden unter der jüdischen Bevölkerung
kam.
Fazit: Manchmal zwar etwas zu detailliert, aber ansonsten
ein wirklich gelungener, durchaus spannender und sehr gut recherchierter Roman,
der hervorragend die Stimmung der damaligen Zeit einfängt.
Der Autor:
Der Journalist Henry Köhlert, Jahrgang 1963, lebt seit 2002 mit seiner Frau Corinna, drei Kindern und Hund in Erfurt. Der Absolvent der
Axel-Springer-Journalistenschule leitet die Thüringen-Ausgabe von
Deutschlands größtem Boulevardblatt und ist seit vielen Jahren mit Leib und Seele Journalist. Privat liebt er die Vergangenheit und das Wühlen in den Archiven von Stadt und Land. Dabei entdeckte entdeckte echte Kriminalfälle hat er gemeinsam mit seiner Frau bereits zu mehreren Kurzkrimis verarbeitet. "Der Hochzeitsring" ist sein erster Roman.
Hast du "Die silberne Burg" von Sabine Weigand schon gelesen? Da geht es ebenfalls um die Juden im späten 14. Jhdt. bzw. Anfang des 15. Jhdt....also zur gleichen Zeit. das Buch hat mir sehr gut gefallen und mir viel Neues über das Judentum erzählt...
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Martina
Ne, kenne ich noch nicht, werde ich mir aber gleich mal vormerken. Danke für den Tipp!!
LöschenLG Isabel