Verlag: Sutton Verlag
Broschierte Ausgabe: 288 Seiten
Genre: Historischer Roman / Halle
ISBN: 978-3-95400-091-3
Erscheinungsdatum: 16. August 2012
Preis: 12,00 €
Der neue
Stadtphysicus von Halle
Halle im Jahr 1732. Der beliebte Stadtphysicus Tänzer wird
von einem Unbekannten auf offener Straße schwer verprügelt. Tänzer überlebt den
Anschlag nur knapp, fällt allerdings ins Koma, der Angreifer wird geschnappt und
in den Kerker gesperrt. Die Ratsherren der Stadt sind ratlos. Wer soll nun die
Arbeit des Stadtphysicus übernehmen? Da kommt ihnen der Medicus Albrecht Boff
gerade recht, der eigentlich nur auf der Durchreise ist. Boff übernimmt
vorübergehend die Aufgaben von Tänzer bis dieser sich wieder erholt hat. Der
Arzt für Frauenkrankheiten hat mit seiner aufgeschlossenen, ehrlichen Art bald
die komplette Frauenwelt Halles auf seine Seite gezogen, auch die Ratsherren
sind mit seiner Arbeit anfangs sehr zufrieden. Doch dann beginnt Boff einige
Neuerungen einzuführen mit denen die Stadtregierung nicht einverstanden ist. Es
beginnen Intrigen und politische Machtkämpfe und dann wacht Tänzer aus dem Koma
auf.
Hier ist der Titel des Buches wirklich Programm. Dreh- und
Angelpunkt der Geschichte ist die medizinische Versorgung einer Stadt Anfang
des 18. Jahrhunderts. Zwar legt Norbert Klugmann den Schwerpunkt auf die
Behandlung von Frauenkrankheiten, zeigt aber auch auf, wie die medizinische
Versorgung der gesamten Bevölkerung zur damaligen Zeit erfolgte. Mit welchen
Schwierigkeiten gerade ärmere Menschen zu kämpfen hatten, die sich keinen
Besuch bei einem Mediziner leisten konnten und auf die Gunst der Heiler
angewiesen waren. Aber auch das Kompetenzgerangel wie auch die Missgunst,
welche zwischen Heilern und Medizinern bestand, erzählt der Autor informativ
und jederzeit sehr unterhaltsam.
In einem teilweise fast sachlichen, distanzierten, dennoch
immer flüssigen und durchaus fesselnden Schreibstil schildert der Autor so die
Erlebnisse des Mediziners Albrecht Boff in Halle an der Saale. Durch
Erfahrungen, welche Boff auf seinen vielen Reisen gemacht hat, führt er im
Verlauf seiner Amtszeit einige Neuerungen in der medizinischen Versorgung der
Stadt ein. So engagiert er die schöne Hebamme Hermine, die bald seine rechte
Hand wird und eine eigene Praxis in Boffs Haus eröffnet. Und auch den doch sehr
eigenwilligen jungen Arzt Rohwedder, der sich am liebsten mit Leichen
beschäftigt, nimmt der Stadtphysicus unter seine Fittiche. Auch den nicht
gerade angesehenen Heilern gibt er eine Chance, was den Oberen der Stadt wie
auch der Ärzteschaft in Halle ein absoluter Dorn im Auge ist. Doch Boff lässt
sich nicht beirren: geradlinig, ehrlich und kompromisslos geht er seinen Weg
und findet durch seine aufgeschlossene, sensible und hilfsbereite Art schnell
das Vertrauen der Frauen des höheren Standes. Was seine Stellung in der Stadt
natürlich entscheidend verbessert. Aber auch die ärmere weibliche Bevölkerung
bekommt von ihm gleichwertige Beachtung geschenkt und so wird das Ärztehaus von
Boff bald zum meistbesuchtem Haus der Stadt, in der ein reger Austausch von
Klatsch und Neuigkeiten erfolgt.
Es dauert zwar ein wenig, aber dann hat man sich an den
Schreibstil von Norbert Klugmann gewöhnt, denn es gelingt dem Autor problemlos,
einem schnell ein Bild von Halle und seinen Einwohnern vor Augen zu führen.
Hinzu kommt, dass der Autor seinen Charakteren rasch ein Profil gibt und zudem
recht eigenwillige und absolut authentisch agierende Personen geschaffen hat.
Stellenweise blitzt immer mal wieder ein wunderbarer Wortwitz auf, vor allem
dann, wenn Boff sich einmal mehr auf ein Streitgespräch mit dem jungen Arzt
Rohwedder einlässt. Ein gutes Gespür zeigt Norbert Klugmann auch bei der
Darstellung der Stadtregierung, die natürlich mithilfe politischer Intrigen
immer auf ihren Vorteil bedacht ist und ständig versucht, Boff auf ihre Seite
zu ziehen. Doch der hochintelligente Mediziner lässt sich auf keine Intrigen
und politischen Machtspiele ein, was ihm allerdings bald zum Verhängnis zu
werden droht.
Fazit: Ein unterhaltsamer und teilweise sogar sehr spannend
erzählter Historischer Roman, der einem einen sehr guten Einblick in die Welt
der Medizin und des Heilens im 18. Jahrhundert gibt und zudem mit ausgereiften,
authentisch agierenden Charakteren aufwarten kann.
Der Autor:
Norbert Klugmann wurde 1951 in Uelzen
(Niedersachsen) geboren. Er studierte bis 1979 in Hamburg und arbeitete
journalistisch für das ZEITmagazin und verschiedene
Programmzeitschriften.
Als Buchautor veröffentlicht er seit den
achtziger Jahren Kriminalromane, historische Romane, Jugendromane, aber
auch eine Biografie über Heinz Erhardt. Von den gemeinsam mit Peter
Mathews geschriebenen Krimis wurden »Beule« und »Vorübergehend
verstorben« für das Fernsehen verfilmt.
Klugmanns Werkliste umfasst 70 Buchveröffentlichungen. Er lebt in Hamburg, ist geschieden und hat eine Tochter.
Das hört sich interessant an. Bin ja was so historische Bücher angeht immer etwas skeptisch, aber dieses Buch werde ich mal im Auge behalten.
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