Verlag: Blanvalet Verlag
Übersetzer: Doris Heinemann
Genre: Historischer Roman /
Indien 19. Jahrhundert
Gebundene Ausgabe: 448 Seiten
ISBN: 978-3-7645-0448-9
Erscheinungsdatum: 21. Mai 2012
Preis: 19,99 €
Die Seele des
Widerstands
Als vierte Frau des Königs von Awadh lebt die junge Hazrat
Mahal wohlbehütet im Harem von Lakhnau. Doch hiermit ist es vorbei als das
britische Königreich am 07. Februar 1856 nun auch die Stadt aus Gold und Silber
annektiert. Der König flieht nach Kalkutta ins Exil und Hazrat wie auch die
anderen Ehefrauen und Favoritinnen von König Wajid Ali Shah sehen sich den
britischen Besatzern gegenüber, die sie schon bald aus dem Palast vertreiben. Zusammen
mit Radscha Jai Lal organisiert Hazrat den Widerstand und nimmt als Regentin
von Awadh den Kampf gegen die übermächtigen Kolonialherrn auf.
Man merkt praktisch von der ersten Seite an, dass Kenizé
Mourad sich bestens mit der Geschichte
Indiens während der Kolonialherrschaft Englands durch die Ostindiengesellschaft
auskennt und hier ganz besonders mit der Annexion des nordindischen Reiches
Awadh. Viele historisch belegte Zitate lässt die Autorin zudem immer wieder in
den Roman mit einfließen, die durch Sternchen gekennzeichnet sind und natürlich
verwendet sie viele indische Fachbegriffe und Fremdwörter, die im Glossar
nachgelesen werden können.
Prall und bildhaft beschreibt die Autorin zumeist das Leben
der jungen Hazrat Mahal (1820 – 1879), die als Waisenmädchen mehr durch Zufall
von Kurtisanen aufgenommen wird und hierdurch bald Kontakt zum Palast erhält. Durch
ihr selbstsicheres Auftreten fällt sie dem König auf, der sie schon bald zu
seiner vierten Frau nimmt. Hazrat ist im Harem eher eine Außenseiterin; lieber
dichtet und liest sie als sich dem Klatsch und Tratsch der übrigen Frauen
anzuschließen. Mithilfe ihres Eunuchen ist Hazrath zudem immer über die
aktuellen politischen Geschehnisse in Lakhnau informiert; Mammoo ist ihr Auge
und ihr Ohr in der Stadt.
Anschaulich erzählt Kenizé Mourad, wie sich das Leben Ende
des 19. Jahrhunderts in Indien unter der Kolonialherrschaft Englands gestaltet
hat. Sehr deutlich schildert sie die Überheblichkeit und die Arroganz, welche
die Ostindiengesellschaft gegenüber den Einwohnern Indiens an den Tag legen;
für diese sind sie nur „die Eingeborenen“, „die Neger“, Bedienstete eben, die
nicht weiter beachtet werden müssen. Besonders nach der Annexion bekommt das
indische Volk dies massiv zu spüren, sie werden überhaupt nicht mehr respektiert,
gedemütigt, ihrem Stolz beraubt, schamlos ausgebeutet und wahllos ermordet.
Das hervorragend funktionierende Wirtschaftssystem, welches
bisher im Königreich Awadh sehr erfolgreich war und auch armen Menschen ein
recht sorgenfreies Leben garantierte, bricht binnen kürzester Zeit zusammen.
Zudem lebten bisher Hindus und Muslime friedlich miteinander und selbst
Christen wurden voll und ganz respektiert. Dies ändert sich durch die
Machtübernahme der Briten ebenfalls durch ihre Art der Christianisierung.
Kenizé Mourad ist ein opulenter und praller Roman gelungen,
doch stellenweise gibt die Autorin einfach den historischen, trockenen Fakten zu
viel Raum, sodass man stellenweise das Gefühl hat, mehr ein Geschichtsbuch anstelle
eines Historischen Romans zu lesen. Gerade als die Ereignisse anfangen sich zu
überschlagen und die Erzählstränge ständig zwischen der britischen Armee und
der Regentin von Awadh wechseln, wirkt der Erzählstil oft schon sehr sachlich
und distanziert.
Dies war auch mit ein Grund, dass Hazrat Mahal, wie auch
Mammoo oder Radscha Jai Lal und auch die britischen Mitwirkenden, hier
besonders natürlich Sir Henry Lawrence, für mich keine richtigen Konturen
annahmen, stellenweise kamen sie mir wie Statisten vor, die nun mal bei den
historischen Geschehnissen dabei waren, aber ein Mitfiebern fand – zumindest bei
mir – kaum statt.
Fazit: Für Indien-Fans ist dieses Buch sicherlich ein
absolutes Muss, besonders wenn man sich für die Geschichte Indiens während der
Kolonialherrschaft interessiert.
Die Autorin:
Kenizé Mourad wurde 1940 in Paris geboren. Ihre Mutter war die
letzte türkische Sultanin, ihr Vater der indische Radschah von Badalpur.
Sie arbeitet als Journalistin. Ihr Weltbestseller Im Namen der toten Prinzessin wurde in 30 Sprachen übersetzt.
doch stellenweise gibt die Autorin einfach den historischen, trockenen Fakten zu viel Raum, sodass man stellenweise das Gefühl hat, mehr ein Geschichtsbuch anstelle eines Historischen Romans zu lesen.
AntwortenLöschen-Was für mich der Grund war, das Buch abzubrechen. Ich fand den Schreibstil einfach nur schlecht.
Ich habe eine Passage abgetippt, bei der es deutlich wird:
*Einige Tage darauf wird bekannt, dass sich das 19. Infanterieregiment in Berhampur, nördlich von Kalkutta weigert, die neuen Patronen zu benutzen. Mitte März greift die Bewegung auf das Waffendepot in Ambala über, wo Abordnungen von einundvierzig Regimentern versammelt sind, um sich in die Handhabung des neuen Gewehrs einweisen zu lassen. Am 29. März schießt der Sepoy Mangal Pandey, ein Angehöriger der Brahmanen-Kaste, auf einen britischen Offizier, und verletzt einen weiteren mit dem Säbel, dabei ruft er seine Waffenbrüder dazu auf, zu revoltieren und ihre Religion zu verteidigen.*
http://nomasliteraturblog.wordpress.com/2012/06/17/abgebrochen-die-stadt-aus-gold-und-silber/
ja, genau so eine Passage habe ich gemeint mit Geschichtsbuch. Aber den Schreibstil ansonsten fand ich wirklich gut und was mich bei der STange gehalten hat, waren wirklich die vielen Informationen, welche die Autorin mit einfließen lässt. Das fand ich alles schon sehr interessant.
LöschenLG Isabel
Interessant ja, aber wenn ich einen Roman lese, dann möchte ich einen Roman lesen und kein Sachbuch.
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