Gebundene Ausgabe: 272 Seiten
Genre: Utopischer Roman
ISBN: 978-3-86971-067-9
Erscheinungsdatum: 14. Februar 2013
Preis: 18,99 €
Was wäre, wenn ….
… es den 1. Weltkrieg nie gegeben hätte und somit auch nicht
den 2. Weltkrieg wie auch den Kalten Krieg?
Deutschland lebt in einer kaiserlichen Monarchie, ist in
Sachen moderner Technologie und Kultur führend, die Weltsprache ist Deutsch.
Wien und das k. u. k.-Reich sind der Nabel der Welt. Juden, Muslime und Christen
leben friedlich miteinander und der Mond wurde von den Deutschen kolonisiert.
Amerika ist mehr noch ein Hinterwäldlerstaat, der langsam erst den Anschluss an
das alte Europa findet. Ein friedliches, harmonisches Leben, dem dennoch die
Katastrophe droht. Ein Komet ist auf Kollisionskurs zur Erde, seine Flugbahn
kann nicht verändert werden, der Einschlag soll in wenigen Monaten erfolgen.
Was für eine interessante wie auch wunderbare Vorstellung:
Ein einziges Entscheidung wird anders getroffen und schon hat dies immense
Auswirkungen auf das weitere Weltgeschehen. „I bin doch ned deppat, i fohr
wieder z’haus.“ Dies ist der Schlüsselsatz, gesprochen vom österreichischen
Thronfolger am 28. Juni 1914 in Sarajewo.
Hannes Steins utopischer Roman, der wie ein Märchen anmutet,
spielt Ende der 1990er Jahre in Wien. Friedlich leben hier Christen und Juden
miteinander, Rabbiner und Kardinäle führen philosophische Gespräche, der Wiener
Schmäh ist an jeder Ecke zu spüren, Kultur ist ein wichtiger Bestandteil des
Lebens, literarische Salons sind bei den Wienern sehr beliebt, selbst der
ärmste Bauer hat noch ein gutes Auskommen und mit seinem Kaiser ist man
ebenfalls glücklich. In dieser Welt lebt der etwas naive junge Alexej von
Repin, der eine Liaison mit der Gesellschaftsdame Barbara Gottlieb beginnt,
deren Mann als Hofastronom gerade auf dem Mond weilt. Seine Geschichte wie auch
der drohende Einschlag des Kometen sind mehr oder weniger der rote Faden der
Geschichte.
Aber in erster Linie beschreibt Hannes Stein das Leben an
sich in Wien und der restlichen Welt. Wie sich die Geschichte hätte entwickeln
können, wenn es nie zu den Kriegen gekommen wäre. So lebt Anne Frank noch, eine
etwas rebellische alte Dame, die gerade den Literatur-Nobelpreis erhalten hat.
Albert Einstein hat den Mond bereist, ist dort an einem Aneurysma gestorben und
beerdigt worden. Englische Begrifflichkeiten existieren nicht, Amerika findet
im alten Europa kaum Erwähnung und wird eher als Entwicklungsstaat angesehen
und Japan, ja die Japaner. Ein seltsames Völkchen, dass man halt mal machen
lässt. Die ärmeren Länder werden unterstützt, nicht ausgebeutet und die
Kolonalisierung steht in voller Blüte. Ein wunderbares, friedfertiges Leben, welches
Hannes Stein hier zaubert und vom Autor sehr gut durchdacht erzählt wird.
Obwohl der Roman Ende des 20. Jahrhunderts spielt, hat man
ständig das Gefühl, dass die Geschichte gut 100 Jahre früher spielen könnte, da
jegliche modernen Begrifflichkeiten fehlen und zum Beispiel von elektronischer
Post anstelle von Email geredet wird, man die Elektrische anstelle der S- oder
Straßenbahn benutzt. Mit einem zwinkernden Auge erzählt Hannes Stein seine
Geschichte, die amüsant, unterhaltsam, tiefsinnig, anspruchsvoll und auch ein
wenig skurril anmutet.
Aber sie ist auch durchsetzt mit sehr viel geschichtlichem
Hintergrund, bei dem Hannes Stein wirklich aus dem Vollen schöpft. Und hier
liegt meines Erachtens ein klein wenig das Manko in diesem ansonsten sehr
unterhaltsamen Roman. Stellenweise wird man regelrecht überflutet mit
Informationen, die oftmals seitenlang im Glossar erklärt werden.
Hannes Stein greift die geschichtlichen Geschehnisse Anfang
des 20. Jahrhunderts auf und führt diese seinen eigenen Vorstellungen
entsprechend weiter, als hätte es die anschließenden Ereignisse nicht gegeben
und lässt hier seiner Fantasie freien Lauf. Somit ist dies auch mit vielen Erklärungen
verbunden, wie beispielsweise sich die unterschiedlichen Religionen
weiterentwickelt haben, aber auch die Politik bzw. die verschiedenen Herrscher
ihre Denkweise geändert haben und auch philosophische Gespräche finden in
seinem Roman immer wieder viel Raum. Toleranz, Respekt und die Akzeptanz
anderer Kulturen und Religionen gegenüber werden in Hannes Steins Roman
großgeschrieben, eine wunderbare wie leider auch sehr utopische Vorstellung.
Fazit: Für geschichtlich interessierte, anspruchsvolle
Leser, die sich besonders für die k.u.k.-Monarchie interessieren, ein äußerst
interessanter, unterhaltsamer und auch sehr amüsanter Roman.
Der Autor:
Hannes Stein wurde 1965 in München geboren und in Salzburg aufgewachsen. Er ist Publizist. In Berlin schrieb er für die Frankfurter Allgemeine Zeitung, den Spiegel und Die Literarische Welt. Im Sommer 2007 ist er nach New York ausgewandert, wo er als Journalist und Autor lebt.
Weitere Bücher des Autors:
Auf diese rezi war ich shcon sehr gespannt...ich weiß aber leider noch immer nicht, ob das Buch was für mich ist oder nicht...äh...das liegt natürlich nicht an deiner tollen Rezi, sondern einfach an meinem Geschmack. Ich denken, wenn ich es in der Bücherei finden würde, würde ich es mitnehmen, kaufen aber nicht. Das Wien in der k.u.k. Zeit ist sicher sehr interessant und falls es hier Dialekt gibt...darin würd ich mich ja nicht schwertun ;) LOL
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Martina
Hallo Martina,
AntwortenLöschenja, es ist wirklich schwer, dieses Buch einem zu empfehlen oder nicht. Die Ansichten des Autors und seine Schreibweise sind wirklich hervorragend, aber wie gesagt, auch sehr philosophisch und geschichtslastig und Dialekt kommt zu gut wie gar nicht vor. Wenn Du es in der Bücherei sehen solltest, nimm es mit und les Dich ein, vielleicht gefällt es Dir ja.
LG Isabel