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Sonntag, 9. Januar 2011

(Rezension) Die Reise zum Horizont von Jürg Amann

Verlag: Haymon Verlag
Genre: Novelle
Gebundene Ausgabe: 104 Seiten
ISBN: 978-3-85218-640-5
Erscheinungsdatum: 16. Juli 2010
Preis: 16,90 €





Über die eigenen Grenzen hinaus

Am 13. Oktober 1972 zerschellte ein Flugzeug in den Anden. An Bord 45 Personen einer Rugby-Mannschaft samt Betreuer. Ein Teil der Passagiere überlebt den Absturz und hofft auf baldige Rettung. Diese kommt jedoch nicht, denn der Rettungstrupp hält sie für tot. Dies erfahren die Überlebenden durch das Radio, welches sie reaktivieren konnten. Jedwede Hoffnung stirbt mit dieser Nachricht, hinzu kommt die eisige Kälte, fehlende Winterkleidung und der Hunger, die wenigen Nahrungsvorräte sind bald erschöpft. Doch die Überlebenden wollen weiterleben, nur wie? Verschiedene Versuche eines Abstiegs scheitern und der Hunger wird immer schlimmer. Nach langen verzweifelten Diskussionen entscheiden sich einige dazu, die Toten zu essen.

In der Wir-Form erzählt Jürg Amann sehr eindringlich die Geschichte der Überlebenden. Er zeichnet mit kurzen Kapiteln ein so bewegendes Bild dieser aussichtslosen Situation,  dass sie einem sofort vor Augen erscheint. Der Autor stellt ständig das Für und Wider der Handlungen gegenüber, zeigt so hervorragend die Schwere der Entscheidung auf, der sich die Überlebenden gegenübersehen. Denn nicht nur der Gedanke an Kannibalismus ist für sie erschreckend, hinzu kommt ja auch noch, dass es sich bei den Toten um Freunde, Familienangehörige und Bekannte handelt und auch der Glaube spielt bei ihren Überlegungen eine große Rolle.

Auch wenn der Gedanke an Kannibalismus anfangs für die 18 Überlebenden undenkbar ist, bleibt
ihnen nach einiger Zeit keine andere Wahl, als wenigstens darüber zu reden. Damit ist der Keim gelegt und irgendwann wird der Hunger einfach übermächtig und als der Erste das Tabu bricht, ist auch diese Grenze überschritten.

Und so stellt sich zwangsläufig auch der Leser selbst die Frage, wie man in einer solchen Situation reagieren würde. Würde man selbst über die eigene Grenze gehen, nur um zu Überleben? Diese Frage lässt sich selbstverständlich nicht abschließend beantworten, da man nie in eine solche Situation geraten ist, aber das Buch regt eindeutig zum Nachdenken an.

Man kann und darf die zum Schluss nur noch 16 Menschen nicht verurteilen und dies macht Jürg Amann auch nicht in seiner Geschichte. Eher das Gegenteil ist der Fall. So schildert er in seiner knappen und trotzdem doch so bildhaften und kraftvollen Sprache den verzweifelten Kampf ums Überleben und das Überschreiten der eigenen Grenzen, so schwer es einem auch fallen mag.

1 Kommentar:

  1. Diese wahre Geschichte ist schon vor einigen jahren verfilmt worden mit Ethan Hawke in der Hauptrolle. Ein toller Film und regt sehr zum Nachdenken an.
    Liebe Grüße
    Martina

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