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Montag, 27. April 2015

{Rezension} Das verlorene Dorf von Stefanie Kasper

Cover & Verlag: Goldmann
Taschenbuchausgabe: 384 Seiten
Genre: Historischer Roman / 19. Jhr.
ISBN: 978-3-442-47977-1
Erscheinungsdatum: 20. April 2015
Preis: 9,99 €


Die weiße Frau
 
 
Rosalie wächst Mitte des 19. Jahrhunderts in einem Waisenhaus in Oberbayern auf. Durch ihr Aussehen wird sie von anderen Kindern gemieden. Als sie sich im Jahr 1843 in den Bauern Romar verliebt und dieser sie heiraten will, ist Rosalie überglücklich. In seinem Dorf tief im Wald findet sie endlich die Familie, welche sie all die Jahre vermisst hat. Doch bald schon merkt Rosalie, dass in Haberatshofen etwas nicht stimmt. Sie hört ein Neugeborenes schreien, doch die Dorfbewohner erzählen ihr, dass es eine Totgeburt war und auch sonst verhalten sich die Dorfbewohner mit der Zeit seltsam. Bald schon ahnt Rosalie, der äußere Schein des Dorfes trügt.

 

Stefanie Kasper verknüpft in ihrem stimmungsvollen, fiktiven Roman die Legende der Weißen Frau im Sachsenrieder Forst mit dem Dorf Haberatshofen, welches tief im Wald lag und Mitte des 19. Jahrhunderts von seinen wenigen Bewohnern verlassen wurde. Heute findet man nur noch wenige Hinweise auf das Dorf.
 
Rosalie lebt seit ihrer Geburt im Waisenhaus. Durch ihre helle Haut, den fast weißen Haaren und ihren Augen, die bei Lichteinfall rot schimmern, ist sie von Anfang an eine Ausgestoßene. Als ihr der Bauer Romar aus Haberatshofen den Hof macht, ist sie überglücklich und verliebt sich in den zurückhaltenden Mann. Die Warnungen von Köchin Cäcilia schlägt sie in den Wind und die Gerüchte, die über die Haberatshofener im Dorf kursieren, ignoriert sie. Und es scheint anfangs wirklich so, als hätte Rosalie in dem Dorf mitten im Wald ihr Glück gefunden.
 
Liebevoll wird sie in die Dorfgemeinschaft aufgenommen und in Romars Cousine Sarah findet sie schnell eine Freundin. Doch der Schein trügt. Die Dorfgemeinschaft trifft sich regelmäßig zu Versammlungen, von denen Rosalie ausgeschlossen ist, Romar verhält sich immer seltsamer und die beiden Waisen Susabell und Marianne, die ebenfalls mit Männern aus dem Dorf verheiratet sind, erzählen ihr Dinge, die sie nicht wahrhaben will. Hinzu kommt, dass das Dorf fast vollkommen autark lebt, keine Fremden im Dorf duldet und ein Besuch im nahegelegenen Schongau für die Dorfbewohner nur in Ausnahmefällen erlaubt ist.  Schon bald muss sich Rosalie eingestehen, dass ihr vom Dorf her eine große Gefahr droht.
 
Atmosphärisch dicht, düster und geheimnisvoll erzählt Stefanie Kasper die nebelverhangene Geschichte um Rosalie. Durch ihre Andersartigkeit fühlte sich Rosalie bisher als Ausgestoßene, in dem Dorf jedoch taut sie auf und wird immer selbstbewusster. Rosalie drückt ihre Gefühle mithilfe von Zeichnungen aus und hatte sie früher nur tote Menschen gezeichnet, sprühen ihre Zeichnungen nun vor Leben. Den Wandel von verschüchternden Mädchen zur selbstbewussten Frau beschreibt Stefanie Kasper nachvollziehbar und überzeugend. Aber auch die weiteren Charaktere sind sehr facettenreich, aber auch so rätselhaft beschrieben, dass man ihre wahren Beweggründe lange Zeit nicht ahnt.
 
Die Geschichte benötigt etwas Zeit, doch schon bald fesseln die rätselhaften Geschehnisse im Dorf, die so überhaupt nicht mit dem Verhalten der Dorfbewohner im Einklang stehen. Dabei überrascht die Story jetzt nicht unbedingt durch unvorhersehbare Wendungen, dennoch versteht es Stefanie Kasper sehr gut, durchweg eine Grundspannung zu erzeugen und die Neugier ihrer Leser immer wieder anzufachen, auch wenn man sich über das wohlgehütete Geheimnis des Dorfes bald im Klaren ist.
 
 
Fazit: Ein stimmungsvoller, düsterer Roman über ein kleines Dorf mitten im Wald, welches für sich seine eigenen Regeln zum Überleben geschaffen hat.
 
 
Die Autorin:
Stefanie Kasper ist Ende zwanzig. Sie stammt aus Peiting im Bayerischen Oberland und lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Söhnen im Ostallgäu. Gleich mit ihrem ersten Roman, »Die Tochter der Seherin«, gelang ihr ein großer Erfolg.  

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