Verlag: Haymon Verlag
Gebundene Ausgabe: 124 Seiten
Genre: Zeitgenössischer Roman
ISBN: 3852186455
Erscheinungsdatum: 09. September 2010
Preis: 17,90 €
Zwischen den Stühlen
Kurz vor dem 2. Weltkrieg: In Wien ist Rabbi Saul Dunkelstein Leiter der Auswanderungsabteilung. Hier versucht er mit allen Mitteln, so viel Juden wie nur möglich zur Emigration zu bewegen und somit ihr Leben zu retten. Allerdings sehen zahlreiche Juden zu diesem Zeitpunkt die herannahende Gefahr durch den Nationalsozialismus noch nicht und Dunkelstein gerät somit oft in die Kritik. Ihm wird sogar eine Zusammenarbeit mit den Nazis unterstellt. Diese dagegen sind mit der Arbeit von Dunkelstein zufrieden, gestaltet sich die Deportation der Juden aus Wien doch genau nach ihren Vorstellungen.
Der Regisseur und Lyriker Robert Schindel hat seine Realfarce als Theaterstück aufgebaut, dass sich wie ein Drehbuch liest. So wechselt die Geschichte ständig zwischen den Schauspielern, die ihre Meinung zu dem Stück äußern, teilweise sogar noch eigene Erinnerungen an die Nazizeit mit einbringen können und dem eigentlichen Theaterstück rund um Saul Dunkelstein, der immer mehr in den Fokus des Geschehens rückt.
Anfangs hatte ich einige Probleme, mich durch die Art der Darstellung in die Geschichte einzufinden und auch die entsprechenden Personen zuzuordnen. Doch je länger man liest umso mehr fesseln die Geschehnisse und die Art des Schreibens von Robert Schindel einen und bald schon ist man so in das Drama eingebunden, dass einen der ungewohnte Drehbuchstil wie selbstverständlich erscheint.
Der Autor erzählt die Geschichte von Saul Dunkelstein recht neutral, ja fast schon sachlich und zurückhaltend. Hierdurch ist es dem Leser selbst überlassen, sich eine Meinung zu dem Verhalten des Rabbis zu bilden, was ich als sehr angenehm empfand. So erhält man viel besser die Chance, sich selbst mit dem brisanten Thema auseinanderzusetzen. Und dies macht man zwangsläufig auch, denn die Geschichte beschäftigt einen auch nach Beendigung des Buches.
Stellenweise haben die jüdischen Begrifflichkeiten etwas den Lesefluss gestört, da ich doch des Öfteren nachschlagen musste, um mir diese erklären zu lassen, welche übrigens im Anhang aufgeführt sind. Und auch die vielen Mitwirkenden sind auf der ersten Seite aufgelistet, was einem anfangs gut hilft, den Überblick zu behalten. Im Nachwort geht der in Wien lebende Schriftsteller und Historiker Doron Rabinovici ausführlich auf die Entstehung der Realfarce ein, die auf eine wahre Begebenheit beruht. Hierdurch erhält man zusätzliche Hintergrundinformationen, die einige Szenen in der Geschichte für den Leser verständlicher machen.
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