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Donnerstag, 5. Dezember 2013

{Rezension} Hotel van Gogh von J.R. Bechtle


Cover & Verlag: Frankfurter Verlagsanstalt
Gebundene Ausgabe: 320 Seiten
Genre: Roman
ISBN: 978-3-627-00190-2
Erscheinungsdatum: 01. März 2013
Preis: 19,90 €

 

Sarahs Paris

 

Sommer 1890. Vincent van Gogh liegt im Sterben. Von dessen Leibarzt alarmiert, eilt sein Bruder Theo van Gogh von Paris nach Auvers-sur-Oise. Dort findet Theo seinen Bruder, der nach einem Selbstmordversuch in einer Dachkammer des Gasthauses Ravoux haust, in einem erbärmlichen Zustand vor. Als Vincent in der Nacht zum 29. Juli 1890 stirbt lässt er einen verzweifelten Bruder zurück, der zu Lebzeiten des Malers alles versuchte, dessen Werke zum gebührenden Ruhm zu verhelfen. Doch Theo wird dies auch nach van Goghs Tod nicht vergönnt sein, er stirbt kurz nach seinem Bruder. Mehr als ein Jahrhundert später wird der frühere Unternehmer und heute erfolglose Schriftsteller Arthur Heller im Sterbezimmer van Goghs tot aufgefunden. Zwecks Identifizierung kontaktiert die französische Polizei Hellers einzige Verwandte Sabine Bucher. Zwar geht die hiesige Polizei von einem Selbstmord aus und vieles deutet auch daraufhin, doch als Sabine nach Auvers-sur-Oise reist, kommen ihr schon bald erste Zweifel an der Selbstmordtheorie. Und warum starb ihr Onkel ausgerechnet im Sterbezimmer van Goghs? Welchen Bezug hatte der Schriftsteller zu dem berühmten Maler? Immer mehr verstrickt sich Sabine in das Schicksal ihres Onkels.




    
J.R. Bechtle baut seinen Roman sehr geschickt auf. Ist man auf den ersten Seiten des Romans noch bei den Geschehnissen um Vincent van Goghs Tod dabei, findet man sich kurze Zeit danach ein Jahrhundert später wieder, als Sabine vom Tod ihres Onkels erfährt. Fortan verfolgt man in wechselnden Kapiteln die Geschehnisse um die van Goghs wie auch den Recherchen von Sabine bezüglich des Todes von Arthur Heller. Die engagierte Rechtsanwältin taucht ungewollt immer mehr in das Leben ihres Onkels ein und interessiert sich bald intensiv dafür. Und als man als Leser selbst das Gefühl bekommt, ein wenig mehr über den Onkel erfahren zu wollen, lässt der Autor ein längeres Kapitel einfließen, in dem man die letzten Tagebucheintragungen von Arthur Heller verfolgt. Hier lernt man einem Mann Mitte Fünfzig kennen, der seinen Traum vom Schreiben endlich wahr gemacht hat, aber auch zwischenzeitlich ob der vielen Absagen von Verlagen an den Misserfolgen zu verzweifeln droht. Und doch glaubt Arthur Heller an seine Romane, gibt die Hoffnung nicht auf.

 

Den Roman würde ich jetzt nicht unbedingt durchweg als Kriminalroman bezeichnen, obwohl er in der Gegenwart viele kriminalistische Züge aufweist, damit werden möglicherweise falsche Erwartungen geweckt. Vielmehr ist es ein Roman über van Gogh, dessen Leben und das seiner Angehörigen, welches J.R. Bechtle sehr gut recherchiert hat und dieses Wissen unterhaltsam und interessant widergibt. Die Stimmung dieses Teils des Romans ist auch eher bedrückend, traurig und melancholisch dargestellt. Aber es ist auch ein Buch über Schriftsteller, die fest an ihr Werk glauben und doch immer wieder nur Absagen von Verlagen erhalten und damit zurechtkommen müssen. Und natürlich ist es auch ein Roman über einen rätselhaften Todesfall.

 

Im Gegensatz zum historischen Teil strotzt der Part der Gegenwart vor Energie und Emotionen. Sabine ist eine resolute, selbstsichere Rechtsanwältin, die ihr Leben scheinbar bestens im Griff hat. Bis ihr Onkel stirbt und sie anfängt, unbewusst ihre Gewohnheiten und Einstellungen zu ändern. Plötzlich verschieben sich ihre Prioritäten und andere Dinge rücken in den Fokus. Forsch tritt Sabine der eher träge agierenden französischen Polizei gegenüber auf, nimmt die Ermittlungen teilweise selbst in die Hand, in dem sie die Presse über den Tod ihres Onkel informiert und pocht auf die restlose Aufklärung des Falls. Ihr zur Seite steht Gelegenheitslover Peter, der sich bald als treuer und verlässlicher Freund erweist.

 

J.R. Bechtle versteht es sehr gut, dies alles in eine unterhaltsame, wendungsreiche wie auch fesselnde Geschichte zu verpacken, welche viele Rätsel aufgibt, die Neugier reizt, sehr spannende Momente hat und die Fantasie anregt. Bis auf ein paar winzige Längen ist der Roman packend in einem einnehmenden, lebendigen Schreibstil verfasst, der einem fast durchweg in seinen Bann zieht. Und die rätselhaften Vorkommnisse um Vincent van Goghs Tod wie auch der nicht minder mysteriöse Tod von Arthur Heller, der so viel Ähnlichkeit mit dem des Künstlers aufweist, reizen zudem durchweg die Neugier. Dass hierbei auch noch die Charaktere Tiefe haben, sich weiterentwickeln, hierdurch schwer einschätzbar bleiben und somit in ihren Handlungen überraschen, ist noch das i-Tüpfelchen zu dem sehr guten Erstlingswerk von J.R. Bechtle.

 

Fazit: Ein gelungenes Debüt, welches van Goghs Tod geschickt mit einem Kriminalfall rund ein Jahrhundert später verknüpft.

 

Der Autor:
J.R. Bechtle, 1943 geboren, im Rheinland aufgewachsen und in München promovierter Volljurist, lebt heute als freier Schriftsteller in San Francisco. Hotel van Gogh ist sein Debütroman und erscheint im Frühjahr 2013 in der FVA. Mehr Infos auf J.R. Bechtles Website.

2 Kommentare:

  1. Ist ja witzig....das Buch lese ich auch gerade!
    Deswegen hebe ich mir Deine Rezension auch für später auf, nachdem ich meine eigene geschrieben habe :o)
    Hab nur auf Deine Bewertung geschielt, und die bestätigt auch meinen ersten Eindruck.

    Ganz liebe Grüsse
    Aenna

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    1. Ich wünsche Dir weiterhin viel Spaß mit dem Buch und ich bin schon auf Deine Meinung gespannt.

      Liebe Grüße & ein schönes WE
      Isabel

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