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Freitag, 1. November 2013

{Rezension} Ihr unschuldiges Herz von Richard Hagen


Cover & Verlag: Blanvalet
Taschenbuchausgabe: 448 Seiten
Genre: Deutscher Krimi / Rheingau
ISBN: 978-3-442-37787-9
Erscheinungsdatum: 17. September 2012
Preis: 9,99 €

 


 

All die verlorenen Kinder

 

Bei der Weinlese wird in einem Wingert unterhalb des Eichbergs bei Eltville im Rheingau die Leiche einer Frau gefunden. Die Frankfurter Kinderärztin wurde regelrecht hingerichtet und ihr das Herz entfernt. Oberstaatsanwältin Inga Jäger und KHK Kai Gebert vom LKA Wiesbaden haben schnell den Ehemann der Toten im Visier. Hätte er doch ein mehr als überzeugendes Motiv. Doch während der Ermittlungen ergeben sich Parallelen zu früheren Fällen und bald schon müssen Inga Jäger und Kai Gebert erkennen, dass sie hier einen Mörder jagen, der bereits seit Jahrzehnten mordet.





 

Nach einem sehr eindringlichen Prolog, bei dem man die Hinrichtung der Kinderärztin miterlebt, wechselt Richard Hagen zügig zum Fund der Leiche, wodurch man auch gleich die beiden Protagonisten des Krimis kennenlernt. Oberstaatsanwältin Inga Jäger ist erst seit kurzer Zeit beim LKA Wiesbaden, ein privater Grund hat sie zu dem Umzug von Hamburg in die Hessische Landeshauptstadt bewogen. Das erste Zusammentreffen mit Kriminalhauptkommissar Kai Gebert gestaltet sich erst einmal ein wenig ruppig. Doch nachdem die Grenzen abgesteckt sind, ermitteln Beide hervorragend zusammen. Inga ist kein Typ, die hinter ihrem Schreibtisch Akten wälzt und sich die Ergebnisse liefern lässt. Die Staatsanwältin muss hautnah an einem Fall dran sein und ist fortan auch fest mit den Ermittlungen verzahnt und wird von Geberts Team problemlos akzeptiert. Das mag vielleicht eine etwas ungewöhnliche Konstellation sein und möglicherweise nicht ganz der Realität entsprechen, allerdings habe ich es bereits bei anderen Krimis so auch schon kennengelernt.

 

Richard Hagen thematisiert in seinem Krimi die vom Nazi-Regime ab 1935 durchgeführte Aktion T4, worin auch der Eichberg eine unrühmliche Rolle spielte und verzichtet hier auch nicht auf Details. Deutet anfangs noch alles auf einen Einzeltäter hin, ändert sich dies jedoch schnell und Jäger und Gebert sind fortan auf der Suche nach einem Serienmörder. Doch kaum beschäftigen sich die Staatsanwältin und der Kommissar mit diesen neuen Erkenntnissen und versuchen alten Spuren nachzugehen, werden dem Ermittlerduo von ungeahnter Seite massiv Steine in den Weg gelegt. Hiervon lassen sich aber weder Kai Gebert noch Inga Jäger abbringen, die Suche nach dem Mörder weiter voranzutreiben und dabei greifen Beide auch gern einmal auf etwas unkonventionelle Möglichkeiten zurück.

 

Mit viel Lokalkolorit über den Rheingau und dessen Bewohner versehen, erzählt Richard Hagen den ersten Fall von Inga Jäger und Kai Gebert durchweg sehr fesselnd und auch unterhaltsam. Inga wie auch Kai bevorzugen die direkte Art und nehmen selten ein Blatt vor den Mund, so kommt es zwischen ihnen zu einigen sehr amüsanten Dialogen. Stellenweise wird der Krimi durchaus auch etwas emotional, gerade wenn die Geschehnisse rund um die Aktion T4 angesprochen werden. Hierbei dürfen die Protagonisten Gefühle zeigen, denen teilweise durch Wut oder auch Tränen Raum verschafft wird. Aber nicht nur Jäger und Gebert sind facettenreich gezeichnet, auch alle weiteren Akteure des Krimis werden detailreich beschrieben. Besonders gut hat mir der Charakter der genialen Kriminaltechnikerin Elli Falkenstein gefallen, welche das Asperger-Syndrom hat und durch ihre unverblümte,  sehr herzliche Art absolut überzeugt.

 

Und auch die Krimihandlung gestaltet sich vielschichtig, wenn auch nicht immer ganz nachvollziehbar. So war mir Inga Jäger das ein oder andere Mal mit den Verhaftungen von Verdächtigen etwas zu ungestüm, hier hätte die Beweislage zuerst besser geprüft werden sollen, bevor vorschnell gehandelt wird. Ob nun die Haftzustände in einer Psychiatrischen Klinik in dieser Form der Realität entsprechen, wie vom Autor beschrieben, kann ich nicht beurteilen. Allerdings wurde ich schon ein wenig an "Das Schweigen der Lämmer" erinnert. Und auch das Ende war mir dann in Bezug auf den bisherigen Verlauf der Geschichte etwas überzogen.

 

Davon aber abgesehen, versteht es Richard Hagen wirklich sehr gut, die Spannung kontinuierlich zu steigern, einen als Leser auf falsche Spuren zu führen und mit unvorhersehbaren Wendungen zu überraschen. Und man lernt bereits im ersten Teil der Reihe viel über seine beiden Protagonisten kennen. So baut der Autor immer wieder kleine private Szenen in seinen Krimi ein, welche die doch ziemlich beklemmende Stimmung etwas auflockern.

 

Fazit: Gelungener Auftakt einer neuen Krimi-Reihe, mit einer spannenden, vielschichtigen Story versehen und Protagonisten die authentisch beschrieben werden.

 


 

Der Autor:
Richard Hagen stammt aus dem Rheingau und lebt jetzt in der Nähe von Berlin. Schon früh entdeckte er seine Leidenschaft für das Schreiben und wurde zu einem erfolgreichen Drehbuchautor. Für diese neue Krimiserie hat er sich von seiner Heimat inspirieren lassen.

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