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Montag, 29. Juni 2015

{Rezension} Sturm über Rosefield Hall von Julie Leuze

Cover & Verlag: Goldmann
Taschenbuchausgabe: 352 Seiten
Genre: Historischer Roman
ISBN: 978-3-442-48214-6
Erscheinungsdatum: 18. Mai 2015
Preis: 9,99 €



Wie im goldenen Käfig

1913 in der Grafschaft Devon: Die 18-jährige Ruby wächst behütet und zurückgezogen auf dem Herrensitz ihrer Eltern Lord und Lady Compton auf. Außer ihren fast täglichen Ausritten bietet Rosefield Hall für die junge Frau kaum Abwechslung. Dies ändert sich, als sie bei einem ihrer Ausflüge auf den charismatischen Cyril Brown trifft, zu dem sich Ruby sofort hingezogen fühlt. Ihre wahre Identität verrät sie ihm nicht, um den Zwängen ihrer Herkunft entfliehen zu können. Dies ändert sich jedoch, als Ruby und Cyril sich auf der gesellschaftlichen Bühne wiedertreffen und ihre Eltern sich strikt gegen eine Verbindung mit dem Kaufmann aussprechen.

 

Ruby fühlt sich wie in einem goldenen Käfig gefangen. Die eigenwillige junge Adlige ärgert sich maßlos darüber, dass sie in ihrer äußerst konservativen Familie keine eigene Meinung kundtun darf. Sie hat schön auszusehen, höflich und freundlich zu sein und den möglichen Heiratskanditen, welche ihre Eltern für sie ausgesucht haben, zuvorkommend aufzutreten. Einziger Freiraum findet Ruby bei ihren regelmäßigen Ausritten, bei denen sie auf den modern denkenden und aufgeschlossenen Cyril trifft. Bald schon merkt Ruby, dass der überaus erfolgreiche Londoner Kaufmann etwas vor ihr verbirgt. Als ihr geliebter Bruder Edward zu Besuch aus Gambia anreist, ein schwarzes Dienerpaar ihn begleitet und Ruby die Schwester und Mutter von Cyril kennenlernt, verändern sich zusehends die festgefahren Konventionen auf Rosefield Hall und steuern auf eine Katastrophe zu.

Eugenik, Homosexualität, nicht standesgemäße Beziehungen, Suffragetten und Rassismus sind die Themen, welche Julie Leuze in ihrem farbenprächtigen Roman aufgreift. Für ein Buch mit rund 350 Seiten, welches nur über wenige Monate spielt, fast zu viel des Guten.

Praktisch von der ersten Seite an taucht man in die Welt von Ruby ein, aber auch aus der Perspektive des Hausmädchens Florence und der Schwester und Mutter von Cyril erlebt man die Geschehnisse rund um Rosefield Hall mit. Allerdings verliert der Roman mit der Anhäufung der Themen und Probleme im Verlauf etwas von seiner Faszination.

Der Erzählstil von Julie Leuze ist blumig, zumeist packend und bald auch etwas schnulzig, gerade was die Beziehungen einzelner Akteure zueinander betrifft. Anfangs wird man regelrecht überschüttet mit Geheimnissen, die keiner preisgeben möchte. Manches davon kann man am Verhalten der Mitwirkenden jedoch schon im Vorfeld erahnen. Auf das Thema Frauenwahlrecht geht Julie Leuze recht spezifisch ein, ebenso zur Eugenik. Diese Informationen sind gut recherchiert und gut dosiert in die Geschichte eingebaut.

Ihre Charakterzeichnungen sind durchweg gelungen, wobei mir allerdings die Veränderungen von Florence in ihrem Denken und Handeln für diese wenigen Monate, in der die Handlung spielt, dann doch etwas zu drastisch waren. Hinzu kommen die nicht gerade einfachen Themen, welche die Protagonisten vor schier unlösbare Probleme stellen und die sich dann so ganz nebenbei im Verlauf des Romans im Nichts auflösen.


Fazit: Farbenprächtiger Roman, der es gut zu unterhalten versteht, bei dem die Lösungen schwerwiegender Probleme aber doch ein wenig zu einfach abgefertigt werden.


Die Autorin:

Julie Leuze, geboren 1974, studierte Politikwissenschaften und Neuere Geschichte in Konstanz und Tübingen, bevor sie sich dem Journalismus zuwandte. Mittlerweile widmet sie sich ganz dem Schreiben von Auswanderersagas und Frauenromanen. Julie Leuze lebt mit ihrem Mann und drei Kindern in Stuttgart.


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