Leseempfehlungen

Sonntag, 4. August 2013

{Rezension} Tochter des Glücks von Lisa See

Cover & Verlag: C. Bertelsmann
Übersetzerin: Elke Link
Gebundene Ausgabe: 496 Seiten
Genre: Roman / Familiengeschichte
ISBN: 978-3-570-10030-1
Erscheinungsdatum: 22. April 2013
Preis: 19,99 €




Hinter dem Bambusvorhang

Die 19-jährige Joy lebt in Los Angeles der späten 1950er Jahre, zusammen mit ihrer Mutter Pearl, Vater Sam und Tante May. Ihre Mutter und ihre Tante sind 20 Jahre zuvor aus Shanghai geflohen und betreiben mittlerweile ein kleines Café. Nach einem Streit erfährt Joy, dass ihre Mutter in Wirklichkeit ihre Tante ist und Sam nicht ihr Vater, sondern dass dieser in der Volksrepublik China lebt. Schon seit längerem begeistert von Maos Politik, folgt Joy kurzentschlossen dem Aufruf des Staatsführers, beim Aufbau Chinas mitzuhelfen und dies mit der Suche nach ihrem Vater zu verbinden. Anfangs ist Joy vom Kommunismus begeistert, doch schon bald muss sie feststellen, dass der von Mao herbeigeführte Umbruch nicht nur Vorteile für die Bevölkerung bedeutet.



Lisa See gewährt ihren Lesern einen eindringlichen wie auch erschütternden und bewegenden Einblick in das Leben der Volksrepublik China während der Jahre 1957 bis 1962. Aus der anfangs sehr naiven Sicht von Joy erlebt man ein China, welches mithilfe des „ große Sprung nach vorn“ jahrtausendalte Kultur und Lebensart auszulöschen versucht, welches Quantität vor Qualität stellt, und wo das Leben der Bevölkerung bis in die kleinsten Details durchorganisiert und vor allem kontrolliert wird.

Joy ist anfangs regelrecht begeistert vom Leben im kommunistischen China. Alle Menschen haben scheinbar denselben Stand, Lebensmittel sind in Hülle und Fülle für alle vorhanden, der Staat kümmert sich um seine Bevölkerung. Joy genießt das Leben in der Kommune des Gründrachendorfs, hilft begeistert bei der Feldarbeit mit.  Doch schon bald merkt die junge Frau, dass die von Mao vorangetriebenen Programme nicht immer sinnvoll sind und sie fängt an diese zu hinterfragen, was allerdings im neuen China tödlich sein kann. Und bald spürt Joy am eigenen Leib, wie Maos katastrophale Wirtschafts- und Agrarpolitik nicht nur ihr Leben massiv bedroht. Die Volksrepublik China erlebt eine unfassbare Hungersnot, die Millionen von Menschleben fordert.

Während Joy auf der Suche nach ihrem Vater ist und dabei das Leben im kommunistischen China kennenlernt, macht sich Pearl ebenfalls auf den Weg in ihre alte Heimat, um Joy zu finden. Somit verfolgt man nicht nur den Weg der anfänglich gutgläubigen Joy, sondern lernt die Volksrepublik auch aus der Sicht von Pearl kennen, die ihre Suche nach Joy in Shanghai beginnt und mit offenen Augen die katastrophalen Missstände im Land wahrnimmt.

Lisa See erzählt diese fantastische Mutter-Tochter-Geschichte voller Gefühl, warmherzig und sehr eindringlich. Die Autorin gibt ihren Lesern einen äußerst interessanten, aber auch erschütternden Einblick in ein China, dass nach der Abkehr vom Feudalstaat seine Grenzen geschlossen hatte und mit unerreichbaren Zielen versuchte, mit dem großen Bruder Sowjetunion gleichzuziehen und wirtschaftlich Großbritannien und dem verhassten Feind USA zu übertrumpfen. Zudem schildert Lisa See ungeschönt und bewegend die entsetzlichen Auswirkungen, welche die Hungersnot gerade unter der dörflichen Bevölkerung hatte.

Fazit: Ein emotionaler, erschütternder und hervorragend recherchierte Blick hinter den Bambusvorhang der Volksrepublik China Ende der 1950er Jahre.



Die Autorin:
Lisa See, geboren in Paris, aufgewachsen in Los Angeles in Chinatown, entstammt einer chinesisch-amerikanischen Familie. Sie arbeitete dreizehn Jahre lang als Journalistin. Ihr erstes Buch »On Gold Mountain« (dt. »Auf dem Goldenen Berge«, 1997) war ein internationaler Bestseller und erhielt 1995 die »Notable Book«-Auszeichnung der New York Times. Als Kuratorin betreut sie mehrere große Ausstellungen, die sich mit interkulturellen Beziehungen zwischen Amerika und China beschäftigen. Im Jahr 2001 wurde sie von der Organisation Chinesisch-Amerikanischer Frauen als »National Woman of the Year« ausgezeichnet; im Herbst 2003 erhielt sie den »Chinese American Museum´s History Makers Award«. Vor vier Jahren hat sie mit ihrem Roman »Der Seidenfächer« einen Weltbestseller geschrieben. Heute lebt sie mit ihrem Mann und ihren beiden Söhnen in Los Angeles.

1 Kommentar:

  1. Ich habe "Der Seidenfächer" von Lisa See gelesen. Das war auch ein tolles Buch. Lisa See recherchiert immer sehr gründlich und das merkt man auch.
    Gestern wollte ich "Tochter des Glücks" schon kaufen, habe dann aber andere Bücher mitgenommen. Deine Rezi hat mir sehr gefallen, ich werde dieses Buch auf meine Wunschliste setzen.

    Liebe Grüße,
    Kathi

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