Leseempfehlungen

Montag, 29. November 2010

{Rezension} Schön tot - Ein Wien-Krimi von Edith Kneifl

Verlag: Haymon Verlag
Gebundene Ausgabe: 176 Seiten
Genre: Krimi deutsche Nachbarländer / Österreich
ISBN: 3852186102
Erscheinungsdatum: 09. November 2009
Preis: 17,90 €




Krimi in 5 Akten

Katharina Kafka ist Kellnerin im Café Cuadro im Margaretenviertel, dem 5. Bezirk von Wien. Frühmorgens ist sie Zeugin einer Gasexplosion, bei der eine junge Serbin ums Leben kommt. Kurz darauf findet sie ihren Freund Orlando blutend auf einer Toilette. Der Transvestit ist scheinbar knapp einem Mordanschlag entkommen. Als Orlando ihr dann noch erzählt, dass er im wahrsten Sinne des Wortes kürzlich über die Leiche einer jungen Frau gestolpert ist, wähnen Orlando und Katharina einen Serienmörder in Magareten. Die Neugier ist geweckt und ab sofort begeben sich die Beiden auf Spurensuche in ihrem Bezirk.

Das vorliegende Buch ist definitiv kein Psychothriller, sondern mehr ein Krimi mit sehr viel Lokalkolorit. Das Hauptaugenmerk liegt weniger bei den Ermittlungen, sondern ganz eindeutig beim Magaretenviertel selbst. Dies schildert Edith Kneifl sehr ausführlich, farbenfroh und äußerst unterhaltsam mit seinen Kneipen, Gasthäusern und auch den Menschen, die in dem Viertel leben. Hier kennt man sich, was Katharina bei ihren Nachforschungen sehr zur Hilfe kommt.

Katharina ist eine Frau kurz vor den 40, sehr sprunghaft und lebensfroh. Bedingt wahrscheinlich durch ihre Roma-Wurzeln hält es sie nie lange an einem Ort und so kehrte sie nach einigen Jahren in den USA und Frankreich wieder zurück in den 5. Wiener Bezirk, in dem sie aufgewachsen ist. Doch auch jetzt ist sie wieder am überlegen, zumindest ihren Arbeitsplatz zu wechseln. Doch diese Überlegungen geraten ins Hintertreffen als sie von den Morden erfährt. Durch ihre Aufgeschlossenheit knüpft sie schnell Kontakte und viele Menschen kennt sie auch noch aus ihrer Kindheit, sodass sie bald einiges über die Mordopfer erfährt. Tatkräftig zur Seite steht ihr Orlando. Der junge Mann erfüllt voll und ganz das Klischee eines Transvestiten: Orlando zelebriert sein Sissi-Image, welches Katharina ihm unbedingt abgewöhnen will; zickt liebend gern herum; ist in einem Moment himmelhochjauchzend und ganz schrecklich und unsterblich verliebt, nur um sich im nächsten Moment umbringen zu wollen und zudem liebt er theatralische Auftritte.

Nach dem Überfall auf ihn nistet sich Orlando bei Katharina in deren Wohnung ein und verursacht das absolute Chaos: Sein Handtuchbedarf ist grenzenlos, seine Besuche auf Pornoseiten setzt Katharinas Laptop außer Betrieb und bringt sie hierdurch - und mit seinem ganzen Verhalten sowieso - an den Rand der Verzweiflung. Aber gerade diese übertriebene Darstellung des Charakters macht ihn für einen sofort liebenswert und auch Katharina gelingt es nicht, Orlando lange böse zu sein. So akzeptiert sie seine Schrulligkeit und macht das Beste daraus.

Edith Kneifl lässt Katharina selbst den Krimi erzählen und dies auf sehr warmherzige, humoristische Weise. Hierdurch lernt man sie sehr schnell kennen und ihre offenherzige, freche Art macht sie einen sofort sympathisch. Da die rothaarige Katharina eine Romni und stolz hierauf ist, erfährt man so auch noch ganz nebenbei einiges über das Leben der Roma kennen. Zusätzlich sind die Beschreibungen des 5. Bezirks so liebenswert und unterhaltsam gehalten, dass in einem schon bald der Wunsch erwacht, dass Viertel mit eigenen Augen kennen zu lernen.

Somit ist der Krimi an sich eigentlich nur Nebensache, allerdings stört dies auch nicht sonderlich, da Edith Kneifl es trotzdem versteht, durchweg eine gewisse Spannung aufzubauen und somit die Neugier auf die Lösung des Falls aufrecht zu erhalten. Allerdings kam für mich das Ende dann doch etwas plötzlich und ließ auch einige Fragen unbeantwortet.

Alles in allem eine unterhaltsame Hommage an das Magaretenviertel in Wien und seine Bewohner, bei dem der Krimi eher nur Nebenschauplatz ist. 

{Rezension} Das Gebeinhaus von P. J. Parrish

Übersetzer: Charlotte Breuer, Norbert Möllemann
Taschenbuchausgabe: 576 Seiten
Genre: Amerikanischer Thriller
ISBN: 3426501074
Erscheinungsdatum: 01. September 2009
Preis: 8,95 €


Jemandes Tochter

In dem beschaulichen Städtchen Echo Bay / Michigan ist es mit der Ruhe vorbei, als Jungs beim Spielen Menschenknochen im Wald finden. Eine großangelegte Suche fördert immer mehr Knochen zutage, sodass schon bald von einem Serienmörder ausgegangen werden muss. Während der Suche findet die junge Polizistin Joe Frye an den Bäumen in der Nähe seltsame Baumzeichnungen. Besteht hier ein Zusammenhang? Und wenn ja, welchen Bezug hat der Serienmörder zu indianischen Mythen, denn die Baumzeichnungen sind eindeutig indianischen Ursprungs.

Joe Frye ist erst seit einigen Monaten Polizistin und wird von den Ermittlungen anfangs ziemlich ausgegrenzt. Zumal Detective Mack, der leitende Ermittler, der festen Überzeugung ist, dass es sich bei den Knochenfunden um die sterblichen Überreste von Annabel Chapel handelt, die vor mehreren Jahren spurlos verschwunden ist. Mack kann bis heute nicht verwinden, dass er den Fall damals nicht lösen konnte und setzt jetzt alles daran zu beweisen, Annabel gefunden zu haben. Doch Joe fallen Ungereimtheiten auf und schnell kann sie beweisen, dass es sich um mehr als einen Mord handeln muss. Da jedoch der Thriller Mitte der 1970er Jahre spielt und Polizistinnen damals noch einen schweren Stand hatten, wird sie von ihren Kollegen anfangs nicht ernst genommen. So ermittelt sie erst einmal auf eigene Faust bis Detective Rafsky von der Staatspolizei zu dem Fall hinzugezogen wird.

Rafsky erkennt Joes ermittlerisches Potential und schenkt auch ihren Vermutungen um den Windigo glauben. Dies ist ein Wesen, welches in besonders kalten Wintermonaten von Menschen Besitz ergreift, um sie dazu zu bringen, Menschenfleisch zu essen. Joe ist davon überzeugt, dass der Serienmörder sich für einen Windigo hält, da bisher nur Knochenfragmente gefunden werden konnten und die indianischen Baumzeichnungen ebenfalls darauf hindeuten.

Das Autorenpaar P.J. Parrish, bei dem es sich um die Schwestern Kelly Nichols und Kris Montee handelt, halten sich nicht mit viel Vorgeplänkel auf, sondern steigen gleich mit den ersten Knochenfunden in den Thriller ein. Hierdurch ist Spannung schon mal garantiert, zumal sich anfangs absolut keine Spuren finden lassen, wer diese Morde begangen hat, noch welches Motiv dahinter steckt.

Immer wieder lässt das Autorenduo auch den Mörder zu Wort kommen, allerdings weiß man bis zur Mitte des Thrillers nicht, um wen es sich hierbei handelt. Als seine Identität für den Leser bekannt wird, entwickelt sich der Thriller zu einem rasanten Katz-und-Maus-Spiel zwischen Täter und Polizei, wobei der Serienmörder den Ermittlern immer einen Schritt voraus ist. Nach und nach erfährt man auch die Beweggründe sowie die Art, wie der Mörder seine Opfer tötet bis der Thriller dann mit einem äußerst spannenden Ende in den winterlichen Wäldern rund um Echo Bay schlüssig aufgelöst wird.

Fazit: Ein spannender Thriller mit einer sympathischen Protagonistin und einer fesselnden Story.

Donnerstag, 25. November 2010

{Sub-Zuwachs} Spannende, literarishe und historische Buchpost

Hallo Ihr Lieben,

diese Woche hat mir der Briefträger wieder viele schöne Bücher gebracht und somit ist mal wieder für ausreichend Lesestoff gesorgt.

Zum einen hat mir der Haymon Verlag  aus Innsbruck wieder vier Bücher österreichischer Autoren zum Rezensieren zur Verfügung gestellt. Hierbei handelt es sich um:



Schön tot - 
Ein Wien-Krimi von Edith Kneifl


Inhalt:
Eine hübsche Frau wird grausam getötet, eine junge Serbin kommt bei einer mysteriösen Gasexplosion ums Leben, eine dritte, die eigentlich keine Frau ist, entgeht dem Tod nur knapp. Dann schlägt der Serienkiller noch ein weiteres Mal zu ... Die rothaarige Romni Katharina Kafka, Kellnerin in einem Margaretner Café, verfolgt die Morde in ihrem Stadtviertel mehr mit Neugier als mit Schrecken. Doch als der geheimnisvolle Täter dann auch sie ins Visier zu nehmen scheint, nimmt sie selbst die Fährte auf. Gemeinsam mit ihrem Freund, dem exaltierten Transvestiten Orlando, verfolgt sie die Spuren des Täters quer durch Margareten. Immer enger wird der Kreis der Verdächtigen, die eines mit Sicherheit nicht sind: die üblichen … Vor dem lebendigen Hintergrund des Wiener „Grätzels“ Margareten legt Edith Kneifl einen Großstadtkrimi der besonderen Art vor: Ein spannender Psychothriller, garniert mit dem liebevoll ausgeschmückten Flair des Viertels rund um das Schlossquadrat und gewürzt mit einer guten Prise schwarzem Wiener Humor. 



Die Reise zum Horizont - 
Eine Novelle von Jürg Amann


Kurzbeschreibung: 
Vor dem realen Hintergrund des Absturzes der Fuerza Aerea five seven one in den 1970er-Jahren gestaltet Jürg Amann seine Menschheitsparabel als Gleichnis von Leben und Tod jenseits von Moral und Tabu: Ein Flugzeugabsturz mitten in der Gletscherwüste der Anden, damit beginnt es. Was folgt, ist der Lebens- und Überlebenskampf derer, die der Hölle scheinbar entkommen sind, die dem Wrack der Unglücksmaschine wenigstens körperlich heil entsteigen. Sie kämpfen miteinander, gegeneinander, die einen auf Kosten der anderen. Wovon sollen sie sich ernähren, in der unbarmherzigen Höhe und Kälte des ewigen Eises, bevor die Suchmannschaften sie finden? Falls die sie überhaupt finden? Wie weit kann, wie weit darf der Mensch gehen, um dabei Mensch zu bleiben? Wo verläuft der menschliche Horizont? Und wo bleibt dabei die Liebe?



Ohnmachtspiele - Ein Kriminalroman 
von Georg Haderer




Und darum gehts:

Georg Haderers zweiter Schäfer-Krimi ein fesselndes Spiel mit Wahn und Wirklichkeit:

Nebel, Kälte, Innenpolitik als ob Major Schäfer nicht schon genug mit seinen Depressionen und Angstzuständen zu kämpfen hätte, treten ihm auch noch der Wiener November und ein reformwütiger Innenminister in die Rippen. Wie soll Schäfer unter diesen Bedingungen arbeiten zumal in der Gerichtsmedizin neben zwei ertrunkenen Frauen auch noch die mumifizierte Leiche eines Drogensüchtigen liegt. Unfall, Unfall, Überdosis, so soll es in den Ermittlungsakten stehen, wenn es nach dem Polizeipräsidenten geht nur keine überflüssigen Ermittlungen. Doch dass nicht nur mit dem toten Junkie etwas faul ist, steht für den sturen Schäfer fest. Bei seinen Untersuchungen entdeckt er Zusammenhänge, die auf einen Serientäter schließen lassen, der sich seine Opfer nach dem Schema eines Kartenspiels aussucht. Mit seiner Theorie steht Schäfer innerhalb der Polizei weitgehend alleine da was ihn aber nicht daran hindert, mit seinen Ermittlungen in die Offensive zu gehen

Atemberaubende Spannung, rabiate Gesellschaftsanalyse und durchgeknallte Komik Georg Haderers neuer Krimi zeichnet mit Nachdruck das Bild eines unmenschlichen Systems, das sich nur mehr an Quoten und Machterhalt orientiert. 



Und zu guter Letzt das Lesedrama  
"Dunkelstein" von 
Robert Schindel  
mit folgendem Inhalt:

Als sich Saul Dunkelstein als Leiter der Auswanderungsabteilung der Israelitischen Kultusgemeinde in den Dienst der Nazis stellt, sind seine Tischgenossen in den Wiener Kaffeehäusern zunächst empört. Das Verdienst des Rabbiners ist zwiespältig. Aus Sicht der Nazis sorgt er für eine reibungslose Deportation der Juden nach Osten, in seinen Augen aber drängt er sie zur raschen Emigration und setzt damit lebensrettende Maßnahmen bleibt die alles entscheidende Frage: Paktiert Dunkelstein mit den Nazis oder hat er sich zugunsten der jüdischen Gemeinde mit ihnen arrangiert?

Robert Schindel überlässt die Beantwortung dieser Frage dem Publikum. Ausgewogen, aber mit Vehemenz stellt er den Rabbiner in einem ausweglosen historischen Dilemma dar. Partei ergreift Schindel höchstens für die Judenräte, zu jener Zeit Instanzen der Ohnmacht, die jeden Augenblick unter Lebensgefahr zwischen Pest und Cholera zu entscheiden hatten.


Dann lag am Donnerstag noch eine kleine, aber feine Büchersendung vor der Haustür. Geschickt hat mir der Blanvalet Verlag folgendes Buch:

Der Herzsammler von Inger Ash Wolfe


Inhalt:
Hazel Micallef, Polizeichefin in einem kleinen Ort in Kanada, erinnert sich an das, was sie soeben mit eigenen Augen sieht, nur zu gut – eine Leiche, die aus dem Wasser geborgen wird. In allen Details hat sie zum Frühstück in der Lokalzeitung davon gelesen: in einer Fortsetzungsgeschichte. Im ersten Kapitel. Allein der Autor weiß, wie es weitergeht. Doch wer ist dieser Autor? Und warum verschwindet plötzlich ein Zeuge nach dem anderen spurlos von der Bildfläche?

Ausgezeichnet als "die" Krimi-Entdeckung Kanadas: Hazel Micallef ermittelt.


Nachtrag:
Und um die Woche noch perfekt in Sachen Bücher abzurunden, kam am Samstag vom Heyne Verlag folgendes Buch:


Das große historische Epos von Bestsellerautor

Bernhard Hennen
Könige der ersten Nacht

Hier die Kurzbeschreibung zu dem historischen Roman:
Mailand 1162: Nach fast einjähriger Belagerung erobern die Kreuzritter Kaiser Friedrichs I. die Stadt und erbeuten einen der kostbarsten Schätze der Christenheit: die Gebeine der Weisen aus dem Morgenland. Sie sollen Köln zu einem mächtigen Pilgerort machen. Erzbischof Rainald von Dassel wähnt sich am Ziel seiner Wünsche, da macht er eine ungeheuerliche Entdeckung. In einer dunklen Nacht werden vier Ritter ausgesandt, um einem Geheimnis nachzuspüren, das den Lauf der Welt für immer verändern könnte.

Somit ist für die nächsten Wochen wieder einmal genügend Lesestoff vorhanden und meine entsprechenden Rezensionen erscheinen dann natürlich wieder hier auf meinem Blog.



Liebe Grüße
Isabel

{Rezension} Die Landkarte der Zeit von Félix J. Palma

Übersetzer: Willi Zurbrüggen
Gebundene Ausgabe: 720 Seiten
Genre: Historischer Roman
ISBN: 3463405776
Erscheinungsdatum: 17. September 2010
Preis: 24,95 €

Eine wundervolle Reise durch die Zeit

London, 1888: Der wohlhabende Andrew Harrington ist verzweifelt. Seine große Liebe Mary Kelley wurde von Jack the Ripper ermordet. Er verliert jeglichen Lebensmut und nach acht Jahren Trauer und Verzweiflung hat er nur noch einen Wunsch: selbst zu sterben, um mit Mary Kelley wieder vereint zu sein. Sein Cousin und bester Freund Charles Winslow kann sich dies nicht mehr länger mit ansehen. Als er von Murrays Zeitreisen erfährt, der gutsituierten Londoner Bürgern eine Reise ins Jahr 2000 anbietet, kommt ihm eine Idee. Wenn man in die Zukunft reisen kann, warum auch nicht in die Vergangenheit.

Dies ist nur eine von vielen kleinen und großen Geschichten, welche Felix J. Palma in seinem fantastischen Roman erzählt. Dreh- und Angelpunkt des Buches sind H. G. Wells und das Unternehmen „Murrays Zeitreisen“ in Person von Gilliam Murray, hier laufen alle Fäden zusammen. Man lernt Bram Stoker und Henry James kennen, Jack the Ripper spielt eine entscheidende Rolle, man reist in der Geschichte durch die Jahrhunderte und erfährt viel über das Leben des Schriftstellers H. G. Wells und seinem Buch „Die Zeitmaschine“. Eigentlich kann man das ganze Buch als eine wunderbare Huldigung an den Schriftsteller verstehen.

Felix J. Palma schreibt in einem Stil, der absolut verzaubert. Scheinbar mühelos verwebt er eine Geschichte mit der anderen, klingt sich immer mal wieder selbst in die Geschichte ein und verleiht seinen Protagonisten fast augenblicklich Konturen, sodass sie für einen sofort vorstellbar werden. Man ist von seinen Erzählungen von Anfang an absolut gefesselt, immer wieder baut er überraschende Wendungen in die Geschichte ein und wird nie langatmig in seinen Erzählungen, die man als poetisch bezeichnen kann. Und mehr als einmal blitzt auch seine humoristische Ader hervor.

Richtig in ein Genre kann man seinen Roman nur schwer einordnen. Zum einen ist er natürlich ein historischer Roman, der zum Ende des 19. Jahrhunderts spielt und wunderbar die Stimmung der damaligen Zeit einfängt. Die Welt steht am Anfang der Industrialisierung, alles scheint möglich zu sein und einige Menschen sind sogar der Meinung, dass bereits alles erfunden und alles entdeckt ist. Zum anderen ist es aber auch ein Science-Fiction-Roman, der mit einem durch die Zeit reist und hier bietet der Autor auch eine plausible Art der Zeitreise an.

Ja, und dann ist es auch ein Krimi, denn die Ripper-Morde in Whitechapel spielen während des Romans eine zentrale Rolle und wenn man etwas genauer liest, stellt man auch fest, dass hier etwas nicht so ganz stimmen kann. Um was es sich dabei handelt, wird an dieser Stelle nicht verraten, diese Unstimmigkeit wird aber zum Ende des Buches schlüssig erklärt. Und schließlich ist es auch ein Liebesroman, denn Felix J. Palma zeigt auf, dass die Liebe im wahrsten Sinne des Wortes grenzenlos ist, genauso wie die Fantasie der Menschen keine Grenzen kennt.

Fazit: Ein Buch, das von der ersten Seite an verzaubert und seine Leser auf eine wundervolle Reise durch die Zeit mitnimmt.

Mittwoch, 24. November 2010

{Leseeindruck} Der gefrorene Rabbi von Steve Stern

Übersetzer: Friedrich Mader
ISBN: 3896674366 
Gebundene Ausgabe: 496 Seiten
Erscheinungsdatum: 10. Januar 2011
Preis: 21,95 €



Rabbi im Eis

Um seine erotischen Phantasien auszuleben, ist der junge Bernie in der heimischen Kühltruhe auf der Suche nach einem Stück Leber als er in den Tiefen der Kühltruhe eine etwas merkwürdig anmutende Person entdeckt. Als er sich beim Essen endlich dazu durchringt, seine Eltern darauf anzusprechen, erklären ihm diese ganz selbstverständlich, dass es  sich hierbei um den familieneigenen Rabbi handelt. Eine Art Familientradition väterlicherseits. Bernies Großvater hatte alle Einzelheiten zum Rabbi in einer Kladde notiert, das Ganze hat nur ein Problem: Das Buch ist in Jiddisch, welches keiner in der Familie mehr beherrscht.

Anschließend macht die Geschichte einen Zeitsprung und erzählt über die Jahre 1889 – 1890. Rabbi Elieser ben Zephir ist ein Heiliger Mann, der oft meditiert, den Talmud wie kein Anderer beherrscht und während einer seiner Meditationen spurlos verschwindet. Seine Jünger suchen vergeblich nach ihm. Bis zum Winter bleibt er verschwunden, dann entdecken Josl und sein Sohn Salo den Rabbi, eingefroren im See.

Die Geschichte der Gegenwart mutet schon fast skurril an. Als wenn es absolut selbstverständlich wäre, dass eine Familie natürlich den hauseigenen Familienrabbi in der Tiefkühltruhe aufbewahrt. Bernies Vater reagiert wie selbstverständlich, seine Mutter ist eher peinlich berührt und Bernies große Schwester Madeline ist eigentlich die Einzige, die ansatzweise normal  - sprich entsetzt - auf die Neuigkeit reagiert. Diese Szene hat Steve Stern wirklich sehr unterhaltsam wiedergegeben und dieser Teil bringt einen immer mal wieder zum Schmunzeln.

Bei der Geschichte der Vergangenheit sieht die Sache dann schon wieder ein wenig anders aus. Hier sind die Jünger des Rabbi entsetzt, betroffen und völlig aufgelöst, als ihr Rabbi vom Meditieren nicht zurückgekehrt und sie nirgends eine Spur von ihm entdecken können.  Bis, ja bis Josl und Salo im folgenden Winter zum Eisbrechen an den See aufbrechen und den Rabbi im Eis finden. Dieser Teil der Geschichte ist mit vielen jiddischen Begriffen durchsetzt, die jedoch sofort erklärt werden, was beim Lesen nicht stört. Eher das Gegenteil ist der Fall, kann man sich so doch besser in die damalige Zeit hineinversetzen.

Gleichzeitig erfährt man auch einiges über das jüdische Leben des 19. Jahrhunderts, was unterhaltsam  und vor allem informativ und gut in die Geschichte mit eingebaut ist. Steve Sterns Schreibstil wirkt stellenweise humoristisch, ist jederzeit fesselnd und unterhaltsam. Die Idee der Story ist wirklich mal etwas Neues und die Leseprobe verspricht eine Geschichte der etwas anderen Art, die neugierig macht.


Montag, 22. November 2010

{Rezension} Blume des Satans von Erica Spindler

Übersetzer: Rainer Nolden
Taschenbuchausgabe: 480 Seiten
Genre: Amerikanischer Thriller
ISBN: 978-3-89941-808-8
Erscheinungsdatum: Dezember 2010 
Preis: 7,95 €



Hierbei handelt es sich um eine Neuauflage. 
Der Thriller ist bereits 2003 - ebenfalls im mira Taschenbuchverlag - erschienen.


Satanskult auf Key West?

Seit 4 Monaten ist die Pastorin Rachel Howard von der Paradise Christian Church spurlos verschwunden. Da ihre Schwester, die Sozialarbeiterin Liz Ames, sich hiermit nicht abfinden kann, siedelt sie nach Key West über, um sich auf die Suche nach ihrer Schwester zu machen. Kaum angekommen, findet sie im nahegelegenen Park die Leiche eines jungen Mädchens, offensichtlich ein Ritualmord. Schnell stellt sie eine Verbindung zwischen dem Mord und dem Verschwinden ihrer Schwester her, doch die Polizei schenkt ihren Vermutungen keinen Glauben. Einzig der Ex-Cop Rick Wells unterstützt sie bei ihrer verzweifelten Suche und schon bald muss Liz feststellen, dass sie in das Visier des Mörders geraten ist.

Im vorliegenden Buch nimmt sich Erica Spindler des Themas Satanskult an und verpackt dies gekonnt in einen spannenden Thriller, in dem geschickt die schwüle Novemberhitze und die träge, lockere Atmosphäre von Key West mit eingebunden ist. Schon der Prolog beginnt fesselnd, beschreibt er doch das Verschwinden der Pastorin. Rachel Howard, die durch ihr Priesteramt auch eng mit Jugendlichen zusammenarbeitet, scheint vor irgendwelchen Personen große Angst zu haben und sich verfolgt zu fühlen. Scheinbar ist sie einer Gruppe von Jugendlichen auf die Schliche gekommen, die ihre eigene Weltordnung haben, wer nicht mehr der „Familie“ angehören möchte, wird gnadenlos bedroht.

Schon kurz nach ihrer Ankunft hört auch Liz von dieser Gemeinschaft, die sich „Gehörnte Blume“ nennt und sie vermutet hier den Grund für das Verschwinden von Rachel. Die Indizien, welche sie im Lauf der Zeit sammelt, sind stellenweise so unglaublich, dass der zuständige Detective Val Lopez ihren „Hirngespinsten“ keinen Glauben schenkt. Und selbst Rick Wells, Barbesitzer, Ex-Cop und der beste Freund von Val Lopez bekommt immer mehr Zweifel, ob die Äußerungen der psychisch angeschlagenen Liz nicht ihrer Fantasie entsprungen sind.

Geschickt baut Erica Spindler ihren Thriller auf. So ist fast bis zum Schluss absolut nicht ersichtlich, wer sich hinter den Morden verbirgt. Diese weisen Ähnlichkeiten mit der Vorgehensweise eines Serientäters auf, doch dieser sitzt in der Todeszelle und wartet auf seine Hinrichtung. Gibt es hier einen Nachahmungstäter, hatte der Serienmörder gar einen Komplizen, oder aber ist dies alles purer Zufall und jemand ganz Anderes steckt hinter den Morden? Durch geschickt gelegte Wendungen gehen die Vermutungen beim Lesen in Bezug auf den oder die Täter ständig wieder in eine andere Richtung, was natürlich die Spannung erhöht. So hält sich diese auch konstant über den gesamten Thriller hinweg immer auf hohem Niveau. Und das im wahrsten Sinne des Wortes stürmische Ende, welches sich während eines Tropensturms abspielt, ist extrem fesselnd und atmosphärisch dicht umgesetzt.

Ihre Protagonistin Liz Ames ist eine Frau voller Probleme, was auch bei der Glaubwürdigkeit der Polizei ihr gegenüber immer wieder zum Hindernis wird. Und obwohl sie häufig von Angstattacken heimgesucht und ihr Geisteszustand ständig von Anderen in Frage gestellt wird, geht sie unbeirrt ihren Weg auf der Suche nach ihrer Schwester, wobei sie mittlerweile davon ausgeht, dass Rachel auch ein Opfer der Gruppierung geworden ist. Rick Wells findet auf Key West langsam wieder ins Leben zurück. Der charismatische Barkeeper hat den Polizeidienst vor einigen Jahren an den Nagel gehängt, als er kurz hintereinander seine Frau und seinen Sohn Sam verloren hat. Obwohl der Tod von Jill bereits 3 Jahre zurückliegt, trauert er immer noch um sie und findet erst durch Liz langsam wieder Interesse an einer Beziehung. So entwickelt sich zwischen den Beiden eine zarte Liebesbeziehung, die ja in keinen Erica-Spindler-Thriller fehlen darf, allerdings findet dies nur am Rande statt, der Fokus liegt eindeutig bei der Aufklärung um das Verschwinden von Rachel.

Auch die anderen Charaktere zeichnet die Autorin gewohnt facettenreich. Und immer wieder muss man überrascht feststellen, dass man die eine oder andere Figur doch falsch eingeschätzt hat und hier alles nicht so ist wie es den ersten Anschein hat.

Fazit: Wieder einmal ein bis zum Schluss spannender Thriller, der es versteht, mit einer komplexen Story immer wieder zu überraschen.

Freitag, 19. November 2010

{Rezension} Wintergeister von Kate Mosse

Übersetzer: Ulrike Wasel, Klaus Timmermann
Gebundene Ausgabe: 224 Seiten
Genre: Historischer Roman
ISBN: 3426198908
Erscheinungsdatum: 02. November 2010
Preis: 18,00 €


„… Die anderen sind in die Dunkelheit entschwunden …“

Auf der Suche nach dem Antiquar Saurat reist der junge Frederick Watson im Jahr 1933 nach Toulouse. Frederick besitzt einen Brief, der in Okzitanisch verfasst ist und Saurat beherrscht diese alte Sprache noch. Doch bevor dieser mit der Übersetzung beginnt, erzählt Frederick ihm, wie er zu diesem alten Brief kam.

Fünf Jahre zuvor reiste Frederick durch Frankreich. Bei einem Schneesturm in den Pyrenäen verunglückt er mit seinem Austin und macht sich zu Fuß auf die Suche nach einem Unterschlupf. Hierbei trifft er auf das kleine Dorf Nulle. Sofort spürt er eine Traurigkeit, die über dem Dorf zu liegen scheint. Doch dieser Eindruck vergeht schnell wieder durch die herzliche Aufnahme in der Pension von Madame Galy. Diese lädt ihn zum abendlichen Fest ein, an dem das ganze Dorf teilnimmt. Als er dort ankommt, wundert er sich zwar über die mittelalterliche Atmosphäre, ist aber sofort von seiner Tischnachbarin Fabrissa fasziniert, sodass er dies nur nebenbei wahrnimmt. Plötzlich brechen Soldaten durch die Tür und Frederick gelingt zusammen mit Fabrissa die Flucht. In der Sicherheit der Wälder erzählt ihm Fabrissa anschließend eine traurige Geschichte: Die Geschichte ihres Lebens. Frederick ist verzaubert, doch als er am nächsten Morgen aufwacht, ist Fabrissa verschwunden und keiner im Dorf kann sich an sie erinnern.

Wie bereits in ihrem Roman „Das verlorene Labyrinth“ hat Kate Mosse auch in ihrem vorliegenden Buch wieder das Leben der Katharer thematisiert und verpackt deren Schicksal in eine wunderschöne Liebesgeschichte, die sie von ihrem Protagonisten selbst erzählen lässt.

Frederick ist ein 25-jähriger Engländer, der den Tod seinen älteren Bruders Georges nicht verwinden kann. Georges ist 1916 im 1. Weltkrieg gefallen, seine Leiche war auf dem Schlachtfeld nicht mehr auffindbar und hieran geht Frederick fast zugrunde. War doch George der einzige Bezugspunkt in seiner Familie, von dem er Liebe und Fürsorge erfahren konnte. Und nun hat er noch nicht einmal eine Möglichkeit, an seinem Grab zu trauern. Nach einem Sanatoriums-Aufenthalt begibt er sich 1928 auf eine Reise quer durch Frankreich, um sich über sein weiteres Leben Gedanken zu machen und um mit dem Tod von George endlich abschließen zu können. Auch wenn es für ihn die letzte Konsequenz, den Selbstmord, bedeuten würde.

Die Sprache von Kate Mosse verzaubert einen schon nach wenigen Seiten, so bildgewaltig, farbenfroh und poetisch ist sie, ohne jemals auch nur eine Spur kitschig zu werden. In diesem wunderbaren kleinen Buch erzählt die Autorin auf ruhige, leise Weise eine Geschichte über die Liebe, die keine Zeitgrenzen gibt, die einen berührt, traurig stimmt und die bei einem nach Beendigung lange Zeit noch nachhallt. Ebenso gelingt es ihr fast mühelos, einem das kleine Dörfchen Nulle mitten in den Pyrenäer Bergen vor Augen treten zu lassen, dem ein verwunschener Hauch anhaftet, bedingt ist dies nicht nur durch die winterliche Landschaft. Das ganze Dorf wirkt irgendwie vergessen, in der Zeit stehen geblieben, fast trist und doch sind seine Einwohner voller Herzenswärme.

Hier findet Frederick langsam wieder zu sich selbst zurück, lernt mit seinem Verlust zu leben und langsam wieder neuen Lebensmut zu schöpfen. Viel dazu bei trägt Madame Galy, denn bis dahin hatte Frederick nie so etwas wie mütterliche Fürsorge spüren dürfen. So ist auch dieses Gefühl der Geborgenheit für ihn etwas Neues und hilft ihm, aus seiner selbst auferlegten Isolation etwas herauszutreten. Aber die größte Veränderung löst Fabrissa in ihm aus. Durch sie erfährt er, wie selbstlos Liebe sein kann, durch sie schöpft er wieder neuen Mut, sie führt ihn quasi wieder zurück ins Leben. Dies führt dazu, dass Frederick sich auf die Suche nach ihr macht, um das Rätsel um Fabrissas Verschwindens zu lösen.

Einen einzigen „Fehler“ hat dieses wunderschöne Buch: Es ist eindeutig zu kurz. Kate Mosse hat mit „Wintergeister“ eine  absolut faszinierende und anrührende Geschichte geschaffen.

Donnerstag, 18. November 2010

{Rezension} Voyeur von Simon Beckett

Verlag: rororo-Verlag 
Übersetzer: Andree Hesse 
Taschenbuchausgabe: 384 Seiten
Genre: Englischer Krimi
ISBN: 3499249170
Erscheinungsdatum: 01. April 2010
Preis: 9,95 €


Die krankhafte Sicht der Dinge

Der Londoner Galerist Donald Ramsey hat eher wenig für Sex übrig, mehr kann er schon mit Erotik anfangen, dies allerdings aber auch nur in der Form von Gemälden und Kunstwerken. Bei seiner privaten kleinen, aber feinen Kunstsammlung kann er Stunden verbringen und sich an erotischer Malerei ergötzen. Frauen im wirklichen Leben interessieren ihn überhaupt nicht. Bis er seiner Assistentin Anna mehr durch Zufall heimlich beim Umziehen zusieht. Ab diesem Zeitpunkt ist Donald fixiert auf Anna und gerät schier in Panik als er erfährt, dass Anna mit ihrem Freund Marty in die USA übersiedeln will. Dies muss um jeden Preis verhindert werden. So engagiert er seinen gewissenlosen Bekannten Zeppo. Das Model soll Anna verführen, um so die Trennung von Marty herbeizuführen. Doch plötzlich scheinen die Ereignisse ein Eigenleben zu entwickeln.

Im Vorwort zu seinem Debütroman schreibt Simon Beckett, dass er hofft, trotz des üblen Charakters seines Protagonisten Donald diesen doch ein wenig liebenswürdig hat darstellen können. Dies ist ihm gelungen. Man kann zwar die Besessenheit von Donald in keiner Weise nachvollziehen, bei der er im wahrsten Sinne des Wortes sogar über Leichen geht, aber irgendwie ist er einem doch sympathisch.

Die Story entwickelt sind recht rasant und hält dieses Tempo auch fast bis zum Ende, hier allerdings knickt die Spannung ein und stellenweise schleppt sich die Story dann bis zum wenig überraschenden Ende nur dahin. Jedoch macht der damals schon flüssige Schreibstil von Simon Beckett dieses zum Teil wieder wett und ist zumindest bis zum Schluss immer noch recht unterhaltsam, zumal die Story absolut rund und schlüssig umgesetzt ist.

Was ihm wirklich gelungen ist, sind die Charaktere. Donald Ramsey zeichnet er als einen sehr introvertierten Mann mittleren Alters, dessen einziges Interesse in der erotischen Kunst liegt, dies ist der absolute Mittelpunkt seines Lebens. Bis, ja bis er Anna einmal beim Umziehen beobachtet. Ab da wendet sich seine Fixierung seiner Assistentin zu und er hat für nichts anderes mehr Interesse. Er neidet Marty seine Freundin und ist voller Missgunst und Eifersucht. Es zählt nur noch seine Besessenheit zu Anna und wie er zum Ziel seiner Wünsche gelangen kann, sonst nichts.

Um dieses Ziel zu erreichen, engagiert er den skrupellosen Lebemann Zeppo. Dieser ist ein gut aussehender, sehr von sich eingenommenes Model, der Frauen nur als Belustigung für sich selbst sieht, sehr phlegmatisch  und zu echten Gefühlen nicht fähig ist. Zwar stößt seine schnoddrige, rüde Sprache gelegentlich beim Lesen etwas auf, doch stellt es so auch  sehr gut den Kontrast zwischen dem kultivierten Donald und ihm dar.

Fazit: Alles in allem ist der Roman etwas besser als „Flammenbrut“ oder „Obsession“. Für echte David Hunter Fans jedoch nicht zu empfehlen.

Mittwoch, 17. November 2010

{Rezension} Morbus Dei: Die Ankunft von Matthias Bauer und Bastian Zach

Verlag: Haymon Verlag
Taschenbuchausgabe: 296 Seiten
Genre: Historischer Roman
ISBN: 3852188466
Erscheinungsdatum: 16. Juli 2010
Preis: 9,95 €



„… Sie leben im Verborgenen …“

Kurz vor Weihnachten 1703: Ein Schneesturm tobt in den Bergen von Tyrol, als der schwer verwundete Deserteur Johann List mit letzter Kraft in einem Tal ein kleines Dorf entdeckt. Mehr tot als lebendig schleppt er sich dorthin und wird von Elisabeth und ihrem Großvater aufgenommen und gesund gepflegt. Wieder genesen, zahlt er bei Elisabeths Vater seine Schuld mit Arbeitskraft ab. Schon bald stellt er fest, dass in dem Bergdorf irgendetwas nicht stimmt. Die Dorfbewohner verhalten sich seltsam, blicken immer wieder angsterfüllt Richtung Waldrand und sprechen hinter vorgehaltener Hand ständig von „den Anderen“. Johanns Neugier ist geweckt, doch gegen die Verschlossenheit der Dorfbewohner kommt er anfangs nicht an, bis er eines Tages den Pfarrer des Dorfes folgt und eine mysteriöse Entdeckung macht.

Der Debütroman des Autorenduos Bauer/Zach ist schwer in ein Genre einzuordnen. Zum einen ist er natürlich ein historischer Roman, zum anderen beinhaltet er aber auch eindeutig gruselige, mystische  Aspekte und der Thrillerfaktor ist auch nicht zu unterschätzen. Gleich schon zu Anfang gelingt es ihnen hervorragend, eine dichte Atmosphäre aufzubauen. Dies geschieht u.a. durch die Erwähnung ortstypischer Begrifflichkeiten, ihre Sprache nicht zu modern klingen zu lassen und durch Einbindung geschichtlicher Geschehnisse. Hinzu kommt natürlich noch, dass die Menschen zur damaligen Zeit sehr gläubig waren und dies lässt das Autorenduo ebenfalls sehr gut in die Story mit einfließen, umso authentischer wirkt sie hierdurch.

Anfangs beschreiben Bauer/Zach einem erst einmal ein wenig das Dorfleben und dessen Bewohner. So lernt man den Großbauern Jakob Karrer kennen, dem Vater von Elisabeth. Ihm muss Johann seine Schuld abbezahlen und er leidet nicht als Einziger unter diesem herrischen, tyrannischen und hartherzigen Mann. Selbst der Bürgermeister ordnet sich seiner Meinung unter. Man ist aber auch bei einem Fest dabei, wie auch bei den ganz normalen alltäglichen Beschäftigungen der Menschen zur damaligen Zeit. Gleichzeitig spürt man zu jeder Zeit, dass eine nicht zu greifende Furcht auf dem Dorf liegt, welche die Dorfbewohner regelrecht lähmt.  

Nach und nach erfährt Johann und somit auch der Leser immer mehr über „die Anderen“ und dies hat schon wirklich einen sehr guten Gruselfaktor. Hier gelingt es dem Autorenduo sogar noch, die bis dahin  schon düstere, beängstigende Stimmung  weiter auszubauen, während sie auf die Urängste der Bergbewohner eingehen. Denn so ganz unschuldig sind die Dorfbewohner an der Situation nicht, deren Ursprung weit in der Vergangenheit des Dorfes zu finden ist.

Anfangs ist die Spannung eher latent vorhanden, man spürt die Ängste der Dorfbewohner, kann sie aber nicht so recht zuordnen, weiß nichts über die Bedrohung, deren sie sich ausgesetzt fühlen. Erst so nach und nach wird die Spannung regelrecht greifbar und steigert sich bis zum Ende dann wirklich massiv. Der Schluss der Geschichte ist nur bedingt  vorhersehbar und logisch umgesetzt und ganz zum Ende eröffnet sie noch einen Faktor, der die Story perfekt abrundet.

Die Charaktere sind sauber herausgearbeitet, allerdings kann man schon recht früh die Dorfbewohner in Gut und Böse einordnen. So gibt es den Despoten Karrer, dessen Verhalten zu jeder Zeit vorhersehbar ist, die liebenswürdige, schöne Elisabeth, die kesse Sophie und den treuen Albin. Einzig der Charakter des Pfarrers ist undurchsichtig, seine Absichten nicht vorhersehbar und sein Verhalten wirft viele Fragen auf, die aber zum Schluss dann logisch gelöst werden. Und auch Johann ist klar gezeichnet. Der Soldat, der die Gräueltaten des Krieges nicht mehr ertragen kann und desertiert ist, verliebt sich fast augenblicklich in Elisabeth. Da er aber den Zorn vor Karrer gegenüber Elisabeth fürchtet, hält er seine Gefühle anfangs zurück.

Fazit: Ein Historienroman der etwas anderen Art: spannend, mystisch,  fesselnd und absolut passend für die dunkle Jahreszeit.

{SuB-Zuwachs} Spannender und mystischer Buchzuwachs

Heute hat es mal wieder richtig Spaß gemacht, in den Briefkasten zu schauen. Lagen doch gleich zwei neue Rezensionsexemplare darin.

Zum einen hat mir der Mira Taschenbuch Verlag 

 
"Blume des Satans" von Erica Spindler 

geschickt. Da ich bereits einige Bücher der Autorin gelesen habe, bin ich natürlich schon mächtig gespannt auf den Thriller.

Hier die Inhaltsangabe:

"Paradise Christian Church" - so heißt die Kirche, in der die Pfarrerin Rachel Howard sich besonders engagiert um Jugendliche kümmert. Aber dann verschwindet sie spurlos.

Zusammen mit dem Ex-Cop Rick Wells, der auf Key West eine Bar betreibt, versucht Liz etwas über den Verbleib ihrer Schwester herauszufinden. Vergeblich. Stattdessen entdecken sie Entsetzliches: Der düstere Satanskult "Gehörnte Blume" begeht offensichtlich Ritualmorde an Jugendlichen ...



Und dann kam vom Droemer Knaur Verlag 

 
"Wintergeister" von Kate Mosse. 

Hierauf freue ich mich ganz besonders und werde es auch gleich als nächstes lesen, denn von Kate Mosse habe ich bereits "Das verlorene Labyrinth" und "Die Achte Karte" gelesen und fand Beide richtig klasse.

Und darum gehts in Wintergeister:

1933 reist der junge Frederick Watson ins französische Toulouse. Dort sucht er einen Antiquar auf, der die alte Sprache des Südens beherrscht: Okzitanisch. Denn in Fredericks Besitz befindet sich ein alter, geradezu antiker Brief, der in Okzitanisch verfasst ist. Seit fünf Jahren trägt Frederick diesen Brief mit sich herum, seit er in einem kleinen Dorf die geheimnisvolle Fabrissa kennengelernt hatte. Vom ersten Augenblick an schien zwischen ihnen etwas Besonderes zu sein - doch dann war sie plötzlich verschwunden. Niemand konnte sich an Fabrissa erinnern, und bei der Suche nach ihr war Frederick nur auf diesen uralten Brief gestoßen, der eindeutig für ihn bestimmt war ...


Ein ganz dickes Dankeschön an die beiden Verlage für die Bereitstellung der Leseexemplare. Meine Rezensionen folgen natürlich dann wieder gleich nach Beendigung des jeweiligen Buches.


Liebe Grüße
Isabel

Dienstag, 16. November 2010

{Rezension} Totengrund von Tess Gerritsen

Verlag: Limes Verlag
Übersetzer: Andreas Jäger
Gebundene Ausgabe: 416 Seiten
Genre: Amerikanischer Thriller
ISBN: 3809025763
Erscheinungsdatum: 06. November 2010
Preis: 19,99 €


Ein Dorf und seine dunklen Geheimnisse

Dr. Maura Isle reist zur einer Tagung ins tief verschneite Wyoming. Dort trifft sie auf ihren ehemaligen Studienkollegen Doug, der sie zu einem Skiabenteuer in Wyomings Berge überredet. Zusammen mit Dougs Tochter Grace und den Freunden Arlo und Elaine machen sie sich alle nach der Tagung auf den Weg. Doch die Fünf geraten in einen Schneesturm, verunglücken mit dem Auto und müssen sich nun zu Fuß einen Unterschlupf suchen, um den Schneesturm zu überleben. Hierbei landen sie in einem Tal, in dem mehrere Holzhäuser stehen, alle verlassen. Während sich Doug am nächsten Tag auf den Weg macht, um Hilfe zu holen, müssen Maura, Grace und Elaine feststellen, dass sie in dem Tal nicht allein sind.

Tess Gerritsen geht mit ihrem 8. Fall von Rizzoli/Isle dieses Mal einen neuen Weg und lässt ihre Protagonisten nicht in Boston, sondern in den Bergen von Wyoming ermitteln. Und dieser Ausflug ist ihr mehr als gelungen.

Eigentlich muss man die Geschichte zweigeteilt sehen. Anfangs entwickelt sich die Story zu einem regelrechten Horrorthriller. Die Autorin baut eine beklemmend, düstere, fast schon gruselige Spannung auf, die absolut überzeugt und atmosphärisch sehr dicht umgesetzt ist. Dieser Teil behandelt den Unfall der fünf Abenteurer, ihren Weg durch die Wildnis von Wyoming und ihre Entdeckung dieses merkwürdigen Dorfes, das absolut menschenleer ist. Und hier setzt der Horror ein. Ständig hat man das Gefühl, dass gleich jemand aus den Wäldern vorpirscht und sich auf die fünf Bekannten stürzt und Tess Gerritsen unterstützt geschickt dieses Gefühl. Merkwürdige Spuren werden im Dorf gefunden, blutige Schleifspuren in einem Haus, erfrorene Haustiere und alle Häuser sehen so aus, als wenn ihre Besitzer völlig überraschend und überstürzt die Siedlung verlassen haben. Ständig stellt man sich die Frage, was mit den Siedlern geschehen ist.

Man weiß bereits durch den Prolog, dass die Geschichte das Thema „Sekten“ behandelt und man weiß auch, dass die Siedler einer Sekte angehört haben, doch was ist mit ihnen passiert? Dies löst sich schlüssig  im zweiten Teil des Thrillers. Denn genau das wird er ab da. Ein Thriller, der ein extremes Tempo an den Tag legt und eine hohe Spannung erzeugt. Ab diesem Zeitpunkt liegt der Fokus auch nicht mehr allein bei Maura, sondern bezieht auch Jane mehr mit ein. Denn Jane reist zusammen mit ihrem Mann Gabriel und dem Priester Daniel nach Wyoming, um sich auf die Suche nach Maura zu begeben. Sie stoßen auf viele Ungereimtheiten und müssen sich mit viel Engstirnigkeit und Vorurteilen auseinandersetzen. Doch ungeachtet dessen, geben Jane und Gabriel die Suche nach Maura nicht auf.

Ein wenig erfährt man auch wieder über das Privatleben von Jane wie auch von Maura. Letztgenannte leidet in der Beziehung mit Daniel, der sich immer noch nicht zwischen ihr und seinem Priesteramt entscheiden kann. Dies zermürbt die Beiden immer mehr und dies ist auch mit der Grund, warum Maura, entgegen ihrer Art, auch spontan dem Vorschlag von Doug zustimmt. Jane dagegen ist glücklich mit Gabriel und muss sich nur mit ihrer renitenten, kleinen Tochter Regina auseinandersetzen. Alle anderen Figuren hat Tess Gerritsen ebenfalls wieder detailreich herausgearbeitet und ihr gelingt es hervorragend, einigen von ihnen einen äußerst undurchsichtigen Charakter zu verleihen, was die beklemmende, rätselhafte Stimmung der Story noch unterstützt.

Fazit: Alles in allem ein extrem spannender Thriller, der wunderbar in die winterliche Stimmung passt und einen von der ersten Seite fesselt.

Montag, 15. November 2010

{Rezension} 3096 Tage von Natascha Kampusch

Verlag: List Verlag
Gebundene Ausgabe: 288 Seiten
Genre: Biografie 
ISBN: 3471350403
Erscheinungsdatum: 08. September 2010
Preis: 19,95 €



Ich bin frei!

Dies ist der letzte Satz der Biografie von Natascha Kampusch. Und ich hatte den Eindruck, dass sie dies nun wirklich so empfindet. Frei von ihrem Peiniger und auch frei von dem ganzen Medienrummel. Frei von dem Interesse der Menschen an ihr, aber auch von dem Neid und stellenweise sogar Hass, der ihr nach ihrer Freilassung entgegenschlug. Auch wenn sie offensichtlich einen Ghostwriter hatte, der ihr bei dem Buch geholfen bzw. dies geschrieben hat, wirken ihre Aussagen sehr authentisch.

Wie wahrscheinlich fast jeder habe auch ich damals die Befreiung von Natascha Kampusch verfolgt. Auch für mich war das Martyrium, welchem die junge Frau ausgesetzt war, unvorstellbar und ich habe sie damals auch bewundert für ihren Mut, bereits nach so kurzer Zeit sich den Medien zu stellen und ihre Erlebnisse zu erzählen. Was ich dann nicht mehr so nachvollziehen konnte, war der Hype, den ihre Selbstbefreiung ausgelöst hat. Ihre Erlebnisse wurden von der Presse und den Medien dermaßen extrem hochgeschaukelt und immer mehr angebliche Details ans Licht gezerrt, dass ich mich nur noch kopfschüttelnd dem Ganzen abgewandt habe und mir gedacht und gewünscht habe, lasst diese mutige, junge Frau doch bitte endlich mal in Ruhe und sich wieder in ihrem Leben zurecht finden.

Denn dass sie mutig und stark ist, hat sie in den 3096 Tagen ihrer Gefangenschaft bewiesen. Ausgerechnet am ersten Tag, den sie alleine zur Schule gehen darf, wird sie von ihrem Peiniger entführt. Anfangs geht er noch teilweise auf ihre Wünsche ein, stellt ihr Bücher und Videos zur Verfügung, renoviert ihr Verlies. Doch er weiß auch ganz genau, wie wichtig Natascha diese Bücher und Filme sind und so entzieht er ihr auch oft genug – aus purer Willkür heraus – diese Dinge. Später, als Natascha bereits eine Jugendliche ist, wird Priklopil ihr gegenüber gewalttätig und dies extrem massiv. Stellenweise sind in der Biografie Tagebucheindrücke wiedergegeben, die nüchtern diese Misshandlungen aufzählen. Gerade diese Nüchternheit zeigt einen die ganze Grausamkeit.  Neben den Misshandlungen lässt der Täter seine Gefangene hungern. Auch wieder scheinbar willkürlich entzieht er ihr immer wieder das Essen bis Natascha kurz vor dem Hungertod steht.

Wahrscheinlich haben sich auch viele Menschen gefragt, warum Natascha nicht geflohen ist, schließlich hatte sie ja zum Schluss genug Möglichkeiten. Der Täter ist mir ihr sogar in den Baumarkt gefahren und zum Skifahren. Um dies richtig verstehen zu können, muss man die ganze Geschichte ihrer Gefangenschaft lesen, wie es Priklopil nach und nach gelungen ist, für Natascha zur Bezugsperson zu werden, ihr Angst vor der Welt draußen zu machen und auch eine Schlüsselszene während des Skifahrens war für Natascha ganz entscheidend, nicht an den Erfolg ihrer Flucht zu glauben. Das sie es dann doch gewagt hat: Bewundernswert!

Was mir an dem Buch ausgesprochen gut gefallen hat, ist, dass Natascha Kampusch zu keiner Zeit auf die Tränendrüse drückt. Sie will mit diesem Buch kein Mitleid, sie will einfach nur ihre Geschichte erzählen, wie sie wirklich war und nicht so, wie stellenweise die Medien sie geschaffen haben und sie zeigt auch die Fehler der Polizei bei den Ermittlungen auf. Wenn man bedenkt, dass die Polizei nach etwa 6 Wochen einen mehr als eindeutigen Hinweis auf Priklopil erhalten hatte und diesem nicht nachgegangen ist. Wäre dem nicht so gewesen, hätte Natascha Kampusch möglicherweise ihr grausames Schicksal erspart bleiben können.