Übersetzerin: Elke Link
Gebundene Ausgabe: 496 Seiten
Genre: Roman / Familiengeschichte
ISBN: 978-3-570-10030-1
Erscheinungsdatum: 22. April 2013
Preis: 19,99 €
Hinter dem Bambusvorhang
Die 19-jährige Joy lebt in Los Angeles der späten 1950er
Jahre, zusammen mit ihrer Mutter Pearl, Vater Sam und Tante May. Ihre Mutter
und ihre Tante sind 20 Jahre zuvor aus Shanghai geflohen und betreiben
mittlerweile ein kleines Café. Nach einem Streit erfährt Joy, dass ihre Mutter
in Wirklichkeit ihre Tante ist und Sam nicht ihr Vater, sondern dass dieser in
der Volksrepublik China lebt. Schon seit längerem begeistert von Maos Politik,
folgt Joy kurzentschlossen dem Aufruf des Staatsführers, beim Aufbau Chinas
mitzuhelfen und dies mit der Suche nach ihrem Vater zu verbinden. Anfangs ist
Joy vom Kommunismus begeistert, doch schon bald muss sie feststellen, dass der
von Mao herbeigeführte Umbruch nicht nur Vorteile für die Bevölkerung bedeutet.
Lisa See gewährt ihren Lesern einen eindringlichen wie auch
erschütternden und bewegenden Einblick in das Leben der Volksrepublik China
während der Jahre 1957 bis 1962. Aus der anfangs sehr naiven Sicht von Joy erlebt
man ein China, welches mithilfe des „ große Sprung nach vorn“ jahrtausendalte
Kultur und Lebensart auszulöschen versucht, welches Quantität vor Qualität
stellt, und wo das Leben der Bevölkerung bis in die kleinsten Details
durchorganisiert und vor allem kontrolliert wird.
Joy ist anfangs regelrecht begeistert vom Leben im
kommunistischen China. Alle Menschen haben scheinbar denselben Stand,
Lebensmittel sind in Hülle und Fülle für alle vorhanden, der Staat kümmert sich
um seine Bevölkerung. Joy genießt das Leben in der Kommune des Gründrachendorfs,
hilft begeistert bei der Feldarbeit mit. Doch schon bald merkt die junge Frau, dass die
von Mao vorangetriebenen Programme nicht immer sinnvoll sind und sie fängt an
diese zu hinterfragen, was allerdings im neuen China tödlich sein kann. Und
bald spürt Joy am eigenen Leib, wie Maos katastrophale Wirtschafts- und Agrarpolitik
nicht nur ihr Leben massiv bedroht. Die Volksrepublik China erlebt eine
unfassbare Hungersnot, die Millionen von Menschleben fordert.
Während Joy auf der Suche nach ihrem Vater ist und dabei das
Leben im kommunistischen China kennenlernt, macht sich Pearl ebenfalls auf den
Weg in ihre alte Heimat, um Joy zu finden. Somit verfolgt man nicht nur den Weg
der anfänglich gutgläubigen Joy, sondern lernt die Volksrepublik auch aus der
Sicht von Pearl kennen, die ihre Suche nach Joy in Shanghai beginnt und mit
offenen Augen die katastrophalen Missstände im Land wahrnimmt.
Lisa See erzählt diese fantastische Mutter-Tochter-Geschichte
voller Gefühl, warmherzig und sehr eindringlich. Die Autorin gibt ihren Lesern
einen äußerst interessanten, aber auch erschütternden Einblick in ein China,
dass nach der Abkehr vom Feudalstaat seine Grenzen geschlossen hatte und mit
unerreichbaren Zielen versuchte, mit dem großen Bruder Sowjetunion
gleichzuziehen und wirtschaftlich Großbritannien und dem verhassten Feind USA
zu übertrumpfen. Zudem schildert Lisa See ungeschönt und bewegend die entsetzlichen
Auswirkungen, welche die Hungersnot gerade unter der dörflichen Bevölkerung
hatte.
Fazit: Ein emotionaler, erschütternder und hervorragend
recherchierte Blick hinter den Bambusvorhang der Volksrepublik China Ende der 1950er
Jahre.
Die Autorin:
Lisa See, geboren in Paris, aufgewachsen in Los Angeles in
Chinatown, entstammt einer chinesisch-amerikanischen Familie. Sie
arbeitete dreizehn Jahre lang als Journalistin. Ihr erstes Buch »On Gold
Mountain« (dt. »Auf dem Goldenen Berge«, 1997) war ein internationaler
Bestseller und erhielt 1995 die »Notable Book«-Auszeichnung der New York
Times. Als Kuratorin betreut sie mehrere große Ausstellungen, die sich
mit interkulturellen Beziehungen zwischen Amerika und China
beschäftigen. Im Jahr 2001 wurde sie von der Organisation
Chinesisch-Amerikanischer Frauen als »National Woman of the Year«
ausgezeichnet; im Herbst 2003 erhielt sie den »Chinese American Museum´s
History Makers Award«. Vor vier Jahren hat sie mit ihrem Roman »Der
Seidenfächer« einen Weltbestseller geschrieben. Heute lebt sie mit ihrem
Mann und ihren beiden Söhnen in Los Angeles.
Ich habe "Der Seidenfächer" von Lisa See gelesen. Das war auch ein tolles Buch. Lisa See recherchiert immer sehr gründlich und das merkt man auch.
AntwortenLöschenGestern wollte ich "Tochter des Glücks" schon kaufen, habe dann aber andere Bücher mitgenommen. Deine Rezi hat mir sehr gefallen, ich werde dieses Buch auf meine Wunschliste setzen.
Liebe Grüße,
Kathi