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Mittwoch, 17. Juli 2013

{Rezension} Schandgrab von Helge Weichmann

Cover & Verlag: Gmeiner
Broschierte Ausgabe: 439 Seiten
Genre: Deutscher Krimi / Mainz
ISBN: 978-3-8392-1445-9
Erscheinungsdatum: 01. Juli 2013
Preis: 11,99 €




Hannahs „Knaller“

Die Historikerin Ernestine „Tinne“ Nachtigall ist mit ihrer Freundin, der Wissenschaftlerin Hannah Lohmann, verabredet. Doch Hannah kommt nicht, dafür steht kurze Zeit später die Polizei vor Tinnes WG-Wohnung und teilt ihr mit, dass Hannah tot im Volkspark aufgefunden wurde. Aber nicht nur der rätselhafte Tod von Hannah lassen die Mainzer Historikerin stutzig werden, auch das Verhalten ihres Chefs ist merkwürdig. Durch Zufall trifft Tinne auf den AZ-Reporter Elvis, der in dem Fall recherchiert. Zusammen mit ihm beginnt Tinne auf eigene Faust zu ermitteln, zumal Hannah ihr kurz vor ihrem Tod noch von einem „Knaller“ berichtet hatte, ohne hierauf jedoch näher einzugehen. Doch kaum beginnen Tinne und Elvis Erkundigungen über die letzte Arbeit von Hannah anzustellen, da gerät Tinne unter Mordverdacht und kurz darauf ist ihr Leben selbst in Gefahr. 



Helge Weichmann fordert anfangs ein wenig Geduld von seinen Leser ein, bis die eigentliche Geschichte startet, allerdings gestaltet sich dies äußerst mysteriös.  Im Prolog schickt der Autor einen zurück ins 15. Jahrhundert. Drei Studenten und ihr Professor verlassen nachts das Mainzer Universitätsgelände. Den Grund für ihr heimliches wie verbotenes Vorgehen erfährt man jedoch zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Anschließend befindet man sich im Jahr 1982 am Senckenberg Museum in Frankfurt.  Zwei junge Schüler-Praktikanten beobachten die ersten Gehversuche der Wissenschaftler mit der neuen AMS-Technologie. Allerdings gibt es immer wieder Ungereimtheiten bei den Ergebnissen, die nicht erklärbar sind. Bevor die eigentliche Krimigeschichte im März 2012 startet, kehrt man noch kurz zwei Jahre zurück, als um Weihnachten herum ein Erdbeben Mainz erschütterte. Wie diese so unterschiedlichen Ereignisse miteinander in Verbindung stehen, verrät der Autor jedoch erst ziemlich am Ende seines vielschichtig angelegten Krimis.

Somit sind erst wenige Seiten gelesen, aber eine Menge Fragen haben sich bereits angehäuft. Man weiß eigentlich nur, dass Hannah irgendeinem brisanten Geheimnis auf die Spur gekommen war, welches tief verborgen unter der Erde des fiktiven Josefsberg nahe der Mainzer Zitadelle liegen muss. Kurz nach dem Tod von Hannah wird zudem aus dem Landesmuseum Mainz ein Gemälde gestohlen, auf dem die Stadtansicht von Mainz im 15. Jahrhundert abgebildet ist. Genau für dieses Gemälde hatte sich auch Hannah interessiert. Hinzu kommen noch alte Briefe und eine Klosterhandschrift, welche den Handlungsort des Krimis von Mainz zeitweise zum Kloster Eberbach im Rheingau verlegt. Eine entscheidende Rolle spielt außerdem noch die Stiftsfehde von Mainz zwischen Diether von Isenburg und Adolf von Nassau.

Geschickt verbindet Helge Weichmann in seinem Debütkrimi Fiktion mit historischen Ereignissen. Aber nicht nur das Hintergrundwissen von Helge Weichmann zur Mainzer Stadtgeschichte überzeugt jederzeit, die komplexe Story an sich tut dies ebenfalls. Von Beginn an erzählt der Autor seinen Krimi sehr fesselnd, ideenreich, hochspannend und mit viel Mainzer Lokalkolorit. Die Story ist gespickt mit unvorhersehbaren Wendungen und mit seinem lockeren, unterhaltsamen, oft auch sehr humorvollen Schreibstil schickt der Autor seine Protagonisten in einige ziemlich verzwickte und gefährliche Situationen. Die Auflösung des Rätsels um den Josefsberg ist logisch und nachvollziehbar umgesetzt.

Neben der fesselnden Story hat Helge Weichmann auch einige originelle Charaktere geschaffen. Allen voran seine eigensinnige, schlagfertige Protagonistin Tinne. Aber auch ihr WG-Mitbewohner Bertie, der Gewaltbote Jean und natürlich Elvis überzeugen in ihren Rollen jederzeit. Gerade Elvis, der Mainz wie seine Westentasche kennt und alle Einwohner sowieso, ist mit seiner gemütlichen Art und seinem trockenem Humor der perfekte Partner zur liebenswerten, manchmal etwas schusseligen Tinne. Einfach ein herrlich sympathisches Gespann.

Fazit: Ein temporeicher, hochspannender Lokalkrimi voller Wortwitz und einer wendungsreichen Story, die bis zum Schluss überzeugt. Im 2. Krimi werden Tinne und Elvis im Oppenheimer Kellerlabyrinth ermitteln, ich freu mich jetzt schon darauf.

Der Autor:
Helge Weichmann wurde 1972 in der Pfalz geboren und lebt seit 20 Jahren in Mainz. Während seines Studiums jobbte er als Musiker und Kameramann, bevor er sich als Filmemacher selbstständig machte. Heute betreibt der promovierte Geowissenschaftler eine Medienagentur, arbeitet als Moderator und lehrt an der Universität Mainz. Er ist begeisterter Hobbykoch, Weinliebhaber und Sammler von Vintage-Gitarren. Mit der chaotischen Historikerin Tinne Nachtigall und dem dicken Reporter Elvis hat Helge Weichmann zwei liebenswerte Figuren geschaffen, die ihre außergewöhnlichen Abenteuer mit viel Pfiff, Humor und Improvisationstalent meistern.

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