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Freitag, 11. Januar 2013

{Rezension} Im Totengarten von Kate Rhodes

Verlag & Cover: Ullstein
Übersetzerin: Uta Hege
Genre: Englischer Thriller / London
Taschenbuchausgabe: 448 Seiten
ISBN: 978-3548284620
Erscheinungsdatum: 28. September 2012
Preis: 9,99 €



Ein Nachahmungstäter?

Die Psychologin Alice Quentin stößt beim abendlichen Laufen in den Straßen Londons auf die Leiche einer jungen Frau. Ihr Körper ist übersät mit eingeritzten Kreuzen, das Markenzeichen eines längst verstorbenen Serientäters. Dessen Frau sitzt als Mittäterin jedoch noch im Gefängnis und ein Bekannter des Mörderehepaars wurde einen Tag vor dem Mord aus dem Gefängnis entlassen. Morris Cley war wegen Mordes an einer Prostituierten verurteilt worden und die Entlassung hat er einzig Alice psychologischem Urteil zu verdanken. Die ermittelnden Beamten halten Cley für den Mörder an der Unbekannten. Alice ist hier anderer Meinung, doch als sie plötzlich Drohbriefe erhält und Cley sie vor ihrer Wohnung bedroht, kommen der jungen Psychologin erste Zweifel.



Mit Alice Quentin hat Kate Rhodes einen nicht gerade einfachen Charakter geschaffen. Als Kind musste sie wie auch ihr älterer Bruder Will mit ansehen, wie der Vater die Mutter verprügelte. Alice hat sich hierbei immer versteckt, ihr Bruder dabei zugesehen. Heute ist Will ein seelisches Wrack, konsumiert Unmengen von Drogen und lebt in einem Wohnwagen. Alice dagegen musste immer die Starke sein und so kümmert sich die Psychologin auch heute noch um ihren Bruder, soweit er sich von ihr helfen lässt.  Beziehungen beendet Alice generell, bevor sich diese vertiefen können und so geht Alice mehr oder weniger in ihrem Beruf auf und verbringt ihre Freizeit am liebsten mit Laufen und genau hierbei entdeckt sie die Leiche. Es soll jedoch nicht die letzte Tote bleiben, die Alice finden wird.

Ein großes Plus ist der Schreibstil von Kate Rhodes. Sehr einnehmend, ruhig, flüssig und unterhaltsam erzählt sie ihren Thriller, den ich keinesfalls als solchen bezeichnen würde. In der Ich-Form geschrieben erhält man fast augenblicklich einen Bezug zu ihrer Protagonistin und ist anfangs schon ein wenig erstaunt über deren Gleichgültigkeit den Vorgängen gegenüber, die gerade in ihrem Leben geschehen.

Scheinbar teilnahmslos nimmt sie den Fund der Leiche hin wie auch den eingehenden Drohbrief. Auch später, als sie genau weiß, dass ihr Leben durchaus bedroht ist, geht sie stellenweise völlig emotionslos damit um. Oder ihr Bruder: Man merkt schnell, dass Alice ihren Bruder liebt und sein Zustand sie sehr belastet, aber gerade als Psychologin unternimmt sie nichts dagegen. Lässt ihn regelrecht ins eigene Verderben laufen und schaut einfach zu, wie Will sich mit Drogencocktails immer mehr zerstört, kümmert sich dabei aber aufopferungsvoll um ihn.

Die Story an sich baut sich langsam auf und kann bis auf die letzten rund 30 Seiten wirklich weder als spannend, noch als fesselnd bezeichnet werden. Eher würde ich die Geschichte als einen netten Unterhaltungsroman mit ein wenig Thrilleranteil und einem kleinen Schuss Romantik bezeichnen, der unterhaltsam von der Autorin präsentiert wird.

Von der Ermittlungsarbeit bekommt man im Verlauf so gut wie nichts mit, da Alice sich hierfür kaum interessiert. Vielmehr liegt ihr Interesse bei dem charismatischen Detective Ben Alvarez, der einen Ehering trägt und somit Tabu für Alice ist. Ansonsten verfolgt man das Privatleben von Alice, ist bei den stellenweise ziemlich witzigen Unterhaltungen mit ihrer Freundin Lola dabei, lernt ihre Mutter kennen und ihren Bruder Will, erfährt mit der Zeit einiges aus ihrer Kindheit kennen und kann hierdurch ein wenig ihr Verhalten wie auch das von Will nachvollziehen.

Stellenweise wirkt dies Story auch ziemlich konstruiert und einige Ungereimtheiten waren dabei, aber dennoch gelingt es Kate Rhodes wirklich sehr gut, einen bis zum Ende prima zu unterhalten. Ich war wirklich überrascht, wie leicht und locker die Geschichte geschrieben war und mich durch diese Leichtigkeit in ihren Bann gezogen hat. Und zum Schluss überrascht Kate Rhodes einem auch noch mit einer unvorhersehbaren Auflösung, die für mich jedoch ziemlich unlogisch und auch nicht nachvollziehbar war und vielleicht deswegen gerade so unvorhersehbar.

Fazit: Ein durchaus unterhaltsamer und prima geschriebener Roman, den ich jedoch auf keinem Fall als Thriller bezeichnen würde, dafür ist er viel zu spannungsarm erzählt.

Die Autorin:

Kate Rhodes wurde in London geboren. Sie ist promovierte Literaturwissenschaftlern und lehrte jahrelang an amerikanischen und britischen Universitäten. Für ihre Lyrik wird sie von der Presse hoch gelobt und erhält regelmäßig Preise. Sie lebt in Cambridge, nahe des Flusses für dessen Erkundung sie sich extra ein Kanu zugelegt hat. Ihre Serie um die Kriminalpsychologin Alice Quentin ist eine der größten Entdeckungen im englischen Thriller.

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