Übersetzerin: Uta Hege
Genre: Englischer Thriller / London
Taschenbuchausgabe: 448 Seiten
ISBN: 978-3548284620
Erscheinungsdatum: 28. September 2012
Preis: 9,99 €
Ein Nachahmungstäter?
Die Psychologin Alice Quentin stößt beim abendlichen Laufen
in den Straßen Londons auf die Leiche einer jungen Frau. Ihr Körper ist übersät
mit eingeritzten Kreuzen, das Markenzeichen eines längst verstorbenen
Serientäters. Dessen Frau sitzt als Mittäterin jedoch noch im Gefängnis und ein
Bekannter des Mörderehepaars wurde einen Tag vor dem Mord aus dem Gefängnis entlassen.
Morris Cley war wegen Mordes an einer Prostituierten verurteilt worden und die
Entlassung hat er einzig Alice psychologischem Urteil zu verdanken. Die
ermittelnden Beamten halten Cley für den Mörder an der Unbekannten. Alice ist
hier anderer Meinung, doch als sie plötzlich Drohbriefe erhält und Cley sie vor
ihrer Wohnung bedroht, kommen der jungen Psychologin erste Zweifel.
Mit Alice Quentin hat Kate Rhodes einen nicht gerade
einfachen Charakter geschaffen. Als Kind musste sie wie auch ihr älterer Bruder
Will mit ansehen, wie der Vater die Mutter verprügelte. Alice hat sich hierbei
immer versteckt, ihr Bruder dabei zugesehen. Heute ist Will ein seelisches
Wrack, konsumiert Unmengen von Drogen und lebt in einem Wohnwagen. Alice
dagegen musste immer die Starke sein und so kümmert sich die Psychologin auch
heute noch um ihren Bruder, soweit er sich von ihr helfen lässt. Beziehungen beendet Alice generell, bevor
sich diese vertiefen können und so geht Alice mehr oder weniger in ihrem Beruf
auf und verbringt ihre Freizeit am liebsten mit Laufen und genau hierbei
entdeckt sie die Leiche. Es soll jedoch nicht die letzte Tote bleiben, die
Alice finden wird.
Ein großes Plus ist der Schreibstil von Kate Rhodes. Sehr
einnehmend, ruhig, flüssig und unterhaltsam erzählt sie ihren Thriller, den ich
keinesfalls als solchen bezeichnen würde. In der Ich-Form geschrieben erhält
man fast augenblicklich einen Bezug zu ihrer Protagonistin und ist anfangs
schon ein wenig erstaunt über deren Gleichgültigkeit den Vorgängen gegenüber, die
gerade in ihrem Leben geschehen.
Scheinbar teilnahmslos nimmt sie den Fund der Leiche hin wie
auch den eingehenden Drohbrief. Auch später, als sie genau weiß, dass ihr Leben
durchaus bedroht ist, geht sie stellenweise völlig emotionslos damit um. Oder
ihr Bruder: Man merkt schnell, dass Alice ihren Bruder liebt und sein Zustand
sie sehr belastet, aber gerade als Psychologin unternimmt sie nichts dagegen.
Lässt ihn regelrecht ins eigene Verderben laufen und schaut einfach zu, wie
Will sich mit Drogencocktails immer mehr zerstört, kümmert sich dabei aber
aufopferungsvoll um ihn.
Die Story an sich baut sich langsam auf und kann bis auf die
letzten rund 30 Seiten wirklich weder als spannend, noch als fesselnd
bezeichnet werden. Eher würde ich die Geschichte als einen netten Unterhaltungsroman
mit ein wenig Thrilleranteil und einem kleinen Schuss Romantik bezeichnen, der unterhaltsam
von der Autorin präsentiert wird.
Von der Ermittlungsarbeit bekommt man im Verlauf so gut wie
nichts mit, da Alice sich hierfür kaum interessiert. Vielmehr liegt ihr
Interesse bei dem charismatischen Detective Ben Alvarez, der einen Ehering
trägt und somit Tabu für Alice ist. Ansonsten verfolgt man das Privatleben von
Alice, ist bei den stellenweise ziemlich witzigen Unterhaltungen mit ihrer
Freundin Lola dabei, lernt ihre Mutter kennen und ihren Bruder Will, erfährt
mit der Zeit einiges aus ihrer Kindheit kennen und kann hierdurch ein wenig ihr
Verhalten wie auch das von Will nachvollziehen.
Stellenweise wirkt dies Story auch ziemlich konstruiert und einige
Ungereimtheiten waren dabei, aber dennoch gelingt es Kate Rhodes wirklich sehr
gut, einen bis zum Ende prima zu unterhalten. Ich war wirklich überrascht, wie
leicht und locker die Geschichte geschrieben war und mich durch diese
Leichtigkeit in ihren Bann gezogen hat. Und zum Schluss überrascht Kate Rhodes
einem auch noch mit einer unvorhersehbaren Auflösung, die für mich jedoch ziemlich
unlogisch und auch nicht nachvollziehbar war und vielleicht deswegen gerade so unvorhersehbar.
Fazit: Ein durchaus unterhaltsamer und prima geschriebener
Roman, den ich jedoch auf keinem Fall als Thriller bezeichnen würde, dafür ist
er viel zu spannungsarm erzählt.
Die Autorin:
Kate Rhodes wurde in London geboren. Sie ist promovierte
Literaturwissenschaftlern und lehrte jahrelang an amerikanischen und
britischen Universitäten. Für ihre Lyrik wird sie von der Presse hoch
gelobt und erhält regelmäßig Preise. Sie lebt in Cambridge, nahe des
Flusses für dessen Erkundung sie sich extra ein Kanu zugelegt hat. Ihre
Serie um die Kriminalpsychologin Alice Quentin ist eine der größten
Entdeckungen im englischen Thriller.
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