Übersetzer: Dorit Gesa Engelhardt, Marlies Ruß, Bettina Bach
Genre: Biographie
Gebundene Ausgabe: 256 Seiten
ISBN: 978-3-446-24044-5
Erscheinungsdatum: 16.03.2012
Preis: 14,90 €
Der gefallene Engel und sein Schutzteufel
Philippe Pozzo di Borgo ist privilegiert. Er wächst in sehr
wohlhabenden Verhältnissen auf, lernt schon als Kind durch den Beruf des Vaters
viele verschiedene Kulturen und Länder kennen. Mit 20 Jahren lernt der Biograph
seine große Liebe Beatrice kennen, sie heiraten und schon kurz darauf wird
seine Frau das erste Mal schwanger. Doch der Kinderwunsch soll ihnen nicht
erfüllt werden, Beatrice muss mehrere Fehl- und Totgeburten erleben. Ihre Liebe
verzweifelt daran jedoch nicht und wenige Jahre später entschließen sie sich
zur Adoption zweier Kinder aus Bogota. Philippe Pozzo die Borgo ist
mittlerweile Geschäftsführer der Fa. Champagnes Pommery und ihr Leben könnte nicht
glücklicher sein. Doch Beatrice erkrankt an einer seltenen Blutkrankheit und
dann stürzt der Autor mit 42 Jahren mit dem Gleitschirm ab. Vom den Schultern
ab ist er ab diesem Zeitpunkt gelähmt, auf Intensivpflege angewiesen.
In stellenweise sehr kurzen Passagen erzählt Philippe Pozzo
di Borgo Passagen aus seiner Kindheit und Jugend. Hierdurch bekommt man eine
sehr gute Vorstellung von seinem Leben als Sohn einer alteingesessenen adligen
Familie, die ihren Stammsitz auf Korsika hat. Doch zwischendurch wechselt er
immer wieder in die Gegenwart, in sein zweites Leben. Sehr sachlich geht er
hierbei mit den Problemen um, die zwangsläufig durch seine Behinderung
auftreten, sei es die intensive hygienische und medizinische Pflege, aber auch
über seine quälenden Phantomschmerzen spricht er in seinem Buch.
Hierbei geht der Autor mit seiner Lähmung sehr pragmatisch
und rech emotionslos um. Mitleid will er hiermit eindeutig nicht erzeugen und
man fängt schon bald an, Philippe Pozzo di Borgo ob seiner inneren Kraft zu
bewundern, solche Leiden durchzustehen und doch immer wieder den Mut zum
Weiterleben zu finden.
Die Stimmung des Buches ist oft sehr melancholisch, traurig,
dann wieder voll Zynismus, Lebenslust, aber auch Lebensfrust, dem Wunsch zu
sterben und doch wieder die Kraft zu finden, weiterzuleben. Denn als wäre die
Querschnittslähmung von Philippe Pozzo die Borgo nicht schon schlimm genug,
erkrankt seine große Liebe Beatrice an Krebs. Zwar findet seine Frau noch
einmal Kraft, um die lange Rehazeit mit ihrem Mann durchzustehen, doch schon
bald holt die Krankheit sie wieder ein. In dieser Zeit ist ihm Abdel eine große
Stütze.
Der Ex-Sträfling ist das genaue Gegenteil von dem adligen
Geschäftsmann. Dickköpfig, stur, total von sich überzeugt, keine Frau ist vor
ihm sicher und auch vor Gewalt scheut Abdel nicht zurück. Doch sein
Schutzteufel ist auch äußerst hilfsbereit, selbstlos, immer für seinen
Patienten da, rettet ihm mehr als einmal das Leben, heitert ihn immer wieder
auf, ist immer da, wenn der Autor in braucht.
Aber leider täuscht der Einband des Buches wie auch die
Kurzbeschreibung über den Inhalt des Buches. Die Freundschaft zwischen Philippe
Pozzo di Borgo findet erst richtig im
letzten Drittel des Buches Erwähnung. Zwischendurch wird Abdel nur ab und an
mal erwähnt, ist eher eine Randfigur, denn in der Hauptsache dreht sich die
Biographie um das Leben von Philippe und Beatrice, ihre Liebe, ihre Krankheit
und ihr Leiden.
Es ist ein sehr emotionales Buch. Philippe Pozzo di Borgo
versteht es sehr gut, einem das Leben eines Querschnittgelähmten näher zu
bringen mit all seinen Schwierigkeiten, welche Auswirkungen eine solches
Lähmung auf den Körper hat, wie die Wahrnehmung der Sinne sich verändern, ja,
das ganze Leben plötzlich völlig neue, andere Schwerpunkte erhält. Dies
vermittelt der Autor gekonnt, doch ab und an hat mich die stellenweise etwas
abgehackte Erzählweise gestört, da Geschehnisse oft nur in kurzen Absätzen
Erwähnung finden und der Autor dann das Thema wechselt.
Fazit: Kurzbeschreibung und Buchcover vermitteln einen
falschen Eindruck über den Inhalt des Buches. Im Vordergrund steht klar das
Leben von Philippe und Beatrice. Die ziemlich besten Freunde Abdel und Philippe
finden erst im letzten Drittel genügend Aufmerksamkeit.
Der Autor:
Philippe Pozzo di Borgo, Jahrgang 1951, war jahrelang Geschäftsführer
der Firma Champagnes Pommery. Seit 1993 ist er infolge eines schweren
Gleitschirmunfalls querschnittsgelähmt. Seine in Frankreich 2001 unter
dem Titel Le second souffle erschienene Autobiographie wurde 2011 als Ziemlich beste Freunde von
Olivier Nakache und Éric Toledano verfilmt. Philippe Pozzo di Borgo
lebt mit seiner zweiten Frau und zwei Töchtern in Marokko.
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