Broschierte Ausgabe: 350 Seiten
Genre: Skandinavischer Thriller
ISBN: 978-3453267602
Erscheinungsdatum: 27. Februar 2012
Preis: 14,99 €
Späte Rache
Ylva ist auf dem Heimweg als neben ihr ein Auto hält. Offensichtlich
alte Bekannte, die nun auch in ihre Gegend gezogen sind und in derselben Straße
wie Ylva und ihre Familie wohnen. Sie bieten Ylva an, sie mit nach Hause zu
nehmen. Um nicht unhöflich zu sein, nimmt sie das Angebot an und fortan ändert
sich ihr Leben grundlegend. Direkt gegenüber von ihrem Zuhause wird sie in
einem Keller gefangen gehalten, über einen Monitor kann sie verfolgen, wie ihr
Mann Mike und ihre kleine Tochter Sanna ihr Leben ohne sie weiterführen. Unbemerkt
von der Außenwelt fristet Ylva fortan in dem schalldichten Kellerraum ein Leben
als Sex- und Haussklavin.
Was für ein perfides Spiel. Welche seelischen Qualen müssen
das sein, ständig vor Augen zu haben, wie das Leben ohne einen selbst
weitergeht. Man ständig das Leben seiner Lieben vor Augen hat, ohne eine
Möglichkeit zu haben, sich in irgendeiner Form der Außenwelt bemerkbar zu
machen. Gefangen zu sein in einem Verlies, hoffnungslos seinen Peinigern ausgeliefert.
Die Idee greift Hans Koppel in seinem Debütroman auf und
setzt sie anfangs sehr spannend um. Man verfolgt die Entführung von Ylva,
rätselt über den Grund und erlebt ihr anfängliches Aufbegehren gegenüber ihren
Peinigern. Man weiß zu Beginn des Thrillers schon, dass irgendetwas in der
Vergangenheit von Ylva vorgefallen ist, was ihr die Entführer vorwerfen und der
Grund für diese Situation ist. Man liest, wie ihr Mann Mike anfangs noch glaubt,
dass seine lebenslustige Frau, die gerne flirtet, jemanden kennengelernt hat
und deswegen nicht nach Hause kommt. Doch je länger die Entführung dauert, umso
mehr wandelt sich seine Wut in Verzweiflung.
Ein weiterer Erzählstrang gibt nach und nach Einblick in die
Vergangenheit von Ylva und dem Grund für die Entführung. Zwar kann man sich
schon bald denken, um was es sich hierbei handelt, die endgültige Auflösung
präsentiert Hans Koppel seinen Lesern erst am Ende. Tja, und dann spielt
natürlich auch die Polizei eine Rolle in dem Thriller. Diese hat schnell den
Ehemann in Verdacht, seine Frau ermordet und ihre Leiche verscharrt zu haben.
An eine mögliche Entführung glauben die beiden etwas sehr einseitig ermittelnden
Polizisten eher weniger und großes Interesse an der Aufklärung des Falls zeigen
sie auch nicht unbedingt. Keine überzeugende Darstellung der Polizei und für
mich etwas unglaubhaft.
Der Schreibstil von Hans Koppel ist flüssig, eher etwas
ruhiger angelegt, oft sehr direkt und zumeist fesselnd. Die Story überrascht
jetzt nicht unbedingt durch unvorhersehbare Wendungen, ist aber in großen Teilen
spannend geschrieben. Allerdings waren mir die Ausarbeitung der Charaktere und
hier gerade die Figur von Ylva zu blass. Wenig bis gar nicht geht der Autor auf
die Psyche von Ylva ein, das Ganze wirkt sehr distanziert, man erhält kaum eine
Möglichkeit sich vorzustellen, wie die junge Frau mit der Entführung klar kommt.
Ylva selbst wird von ihrer Umwelt stellenweise ziemlich unsympathisch
beschrieben und man hat durch diese Distanziertheit ihrer Beschreibung keine
Gelegenheit herauszufinden, ob Ylva wirklich so eine sexbesessene,
egozentrische und extrovertierte Frau ist.
Ihren Ehemann Mike kann man nur als unsympathisches Weichei
beschreiben. Er traut sich kaum, sich gegen seine Frau aufzulehnen, ist ihr
hörig, akzeptiert hilflos ihre Seitensprünge und kämpft fast während des
gesamten Thrillers ständig mit den Tränen und zumeist verliert er diesen Kampf.
Je mehr man ihn kennenlernt, umso weniger kann man glauben, dass er erfolgreich
als Abteilungsleiter in einer Firma arbeiten soll. Auch hat mich etwas
verwundert, wie schnell Ylvas siebenjährige Tochter Sanna über das Verschwinden
ihrer Mutter hinwegkommt. Man bekommt das Gefühl, dass Sanna keine enge Beziehung
zu ihrer Mutter hat, warum dies jedoch so zu sein scheint, erfährt man nicht.
Fazit: Eine interessante Story, die zumeist spannend erzählt
ist. Allerdings wirkt die Beschreibung der Protagonistin sehr distanziert und
auch die weiteren Charaktere können nicht unbedingt überzeugen.
Der Autor:
Hans Koppel wurde 1964 in Helsingborg geboren. Er hat lange als
Journalist gearbeitet, bevor er sich gänzlich dem Schreiben zuwandte.
Hans Koppel lebt heute mit seiner Frau und seiner Tochter in Stockholm.
Schade, ich hätte mir davon mehr versprochen. Schöne Rezension. :)
AntwortenLöschenLG
Sabine
ja, ich mir auch.
LöschenLG Isabel