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Sonntag, 1. Dezember 2013

{Rezension} Der Tod fährt Riesenrad von Edith Kneifl


Cover & Verlag: Haymon
Taschenbuchausgabe: 240 Seiten
Genre: Historischer Krimi / Band 1
ISBN: 978-3852188782
Erscheinungsdatum: 17. September 2012
Preis: 12,95 €

 

Mord im Wurstelprater

 

Juli 1897 in Wien. Der Lebemann und Privatdetektiv Gustav von Karoly wird von Magarete von Leiden beauftragt, ihre fünfzehnjährige Tochter Leonie zu suchen. Zwar ist die Jugendliche vor zwei Jahren schon einmal ausgerissen, doch nun vermutet Frau von Leiden, dass Leonie entführt wurde. Während Gustav beginnt, im Umkreis des Wurstelpraters zu ermitteln, taucht in einer Gondel des Riesenrads eine Leiche auf. Genau an dem Tag, als das Riesenrad seine Premierenfahrt im Vergnügungspark startet. Gustavs Freund, Oberkommissär Kasper bearbeitet den Mord und der Detektiv vermutet bald in dem Verbrechen einen Zusammenhang mit dem Verschwinden von Leonie.





 

Nach einem rätselhaften Prolog, den man schnell mit dem 1. Fall von Gustav von Karoly in Verbindung bringen kann, beginnt Edith Kneifl gleich mit dem Treffen des Privatdetektivs mit Margarete von Leiden in einem Kaffeehaus, welches Gustav als "Büro" dient. Während Leonies Mutter voller Sorge ist und Gustav dringend um Hilfe bittet, ist deren Vater hiervon weniger begeistert. Noch nicht einmal die Polizei wurde von ihm eingeschaltet, um sich mit der Suche nach Leonie zu befassen. Der herrschsüchtige Baron ist der Überzeugung, mithilfe seiner Handlanger das Verschwinden seiner Enkelin selbst klären zu können. Und so dauert es auch nicht lange, bis Gustav den Fall wieder entzogen bekommt. Doch hiervon lässt sich der Wiener nicht stören und ermittelt auf eigene Faust weiter. Diese führen ihn immer mehr in das Treiben rund um den Wurstelprater. Er trifft auf Zigeuner, Wahrsagerinnen, Artisten und Jockeys und kommt dabei noch einem wohlgehüteten Geheimnis um die Familie von Leiden auf die Spur.

 

Mit sehr viel Lokalkolorit versehen, entführt Edith Kneifl ihre Leser in das Wien des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Der Kaiser ist allgegenwärtig, Kaffeehäuser gut besucht, die Fiaker bevölkern die Straßen, der Wiener Schmäh' ist allseits präsent und die feine Gesellschaft lässt es sich bei Tanzveranstaltungen gut gehen. Anschaulich beschreibt Edith Kneifl das Privatleben von Gustav wie auch das gesellschaftliche Treiben des Adels, die Bevölkerung rund um den Vergnügungspark kommt zu Wort wie auch die sozialen und politischen Probleme Wiens. Und diese Bündelung von Informationen, Anekdoten und Geschehnissen überlagen mit der Zeit immer mehr die Krimihandlung. Dies wirkt oftmals alles ein wenig zu viel des Guten, allerdings verliert die Autorin bei der Fülle von Informationen rund um Wien aber nicht den Entführungsfall wie auch die Aufklärung des Mordes aus den Augen. Allerdings treten diese oft über weite Strecken der Geschichte sehr in den Hintergrund.

 

So kann man den ersten Fall von Gustav von Karoly nicht unbedingt als spannend bezeichnen, aber zumeist doch recht kurzweilig und vor allem unterhaltsam. Der Sprachstil der Autorin ist dem des ausgehenden 19. Jahrhunderts angepasst und immer wieder durchsetzt mit Wiener Begrifflichkeiten. Dies, wie auch der bildhafte, einnehmende Erzählstil von Edith Kneifl sorgen für eine atmosphärische Dichte, wodurch man die mangelnde Spannung zumeist verzeiht. Ihre Charaktere wirken ausgereift, haben Ecken und Kanten und gerade Gustavs rebellische Tante Vera wirkt bei der blasierten, herablassenden Lebensart, welche die österreichische Aristokratie verströmt, herrlich erfrischend anders. Und auch Gustav, der dem rückständigen Denken des Monarchen nichts abgewinnen kann und jeglichem Modernen aufgeschlossen gegenübertritt, wirkt sehr sympathisch und ist facettenreich beschrieben.

 

Fazit: Ein Wien-Krimi mit sehr viel Lokalkolorit, was zwar zumeist unterhaltsam ist, die Krimihandlung bleibt dabei aber ein wenig auf der Strecke.

 

Die Autorin:
Edith Kneifl, geboren 1954 in Wels, lebt und arbeitet als Psychoanalytikerin und freie Schriftstellerin in Wien. Zahlreiche Literaturpreise und -stipendien, erhält u.a. 1992 als erste Frau den Glauser-Preis für den besten deutschsprachigen Kriminalroman des Jahres. Übersetzungen in mehrere Sprachen. ROMY 2003 für die Verfilmung des Romans Ende der Vorstellung, Regie Wolfgang Murnberger. 12 Kriminalromane und ca. 50 Kurzgeschichten. Bei Haymon: Glücklich, wer vergisst. Krimi (2009), Schön tot. Ein Wien-Krimi (2010), Stadt der Schmerzen. Ein Florenz-Krimi (2011), Blutiger Sand. Kriminalroman (2012) sowie bei HAYMONtb Zwischen zwei Nächten. Kriminalroman (2011) und die ersten zwei Teile ihrer Serie historischer Wien-Krimis rund um Gustav von Karoly Der Tod fährt Riesenrad (2012) und Die Tote von Schönbrunn (2013). http://www.kneifl.at

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