Leseempfehlungen

Mittwoch, 14. November 2012

{Rezension} Einsteins Gehirn von Peter Schmidt

Verlag: Gmeiner Verlag
Broschierte Ausgabe: 308 Seiten
Genre: Kriminalroman
ISBN: 978-3-8392-1316-2
Erscheinungsdatum: Juli 2012
Preis: 11,90 €



Einsteins Erbe

Dies kann einfach nicht meine Familie sein! Zu dieser Überzeugung ist der 14-jährige Albert schon vor einiger Zeit gelangt. Der Vater des Genies im Teenageralter prellt mit schöner Regelmäßigkeit das Sozialamt um Leistungen, ist aber gleichzeitig ein begabter Bilderfälscher, Kunstsammler, hortet sein Vermögen und macht ein Riesengeheimnis um seine Vergangenheit. Seine Mutter läuft am liebsten nur mit einem Pelzmantel bekleidet herum, die über 90-jährige Oma haust unter dem Dach der Villa mit ihrem Apotheker und ist die einzige in der Familie, die auch mal intelligente Kommentare von sich gibt. Zu guter Letzt gehört auch noch Alberts minderjährige Schwester Anja dazu, die nur Mode und Party im Kopf hat. Sie ist es auch, die dafür verantwortlich ist, dass Albert schon bald auf einen Roadtrip geht, hierbei mehr über seine Herkunft erfährt, einen jahrzehntealten Kriminalfall löst, so ganz nebenbei ein Medienstar wird und Gespräche mit dem Dalai Lama, George W. Bush oder dem Papst führt. Bei all dem spielt Albert Einstein immer ein zentrale Rolle.



Den vorliegenden Roman von Peter Schmidt kann man nur bedingt als Kriminalroman bezeichnen. Zwar wird hier ein lang zurückliegender Fall gelöst, woran Albert nicht unbeteiligt ist und der Autor lässt auch immer wieder Hinweise hierzu einfließen, die man bei sehr genauem Lesen auch erkennt, aber in erster Linie verfolgt man die abenteuerliche Reise eines Universalgenies, der auf der Suche nach seiner Herkunft ist. Wer sich hierauf einlässt, wird mit einem äußerst unterhaltsamen wie auch sehr tiefsinnigen Roman belohnt.

Peter Schmidt erzählt die Geschichte aus Sicht von Albert und somit ist sein Schreibstil zuweilen herrlich respektlos, geradlinig, voller Wortwitz und oft sehr tiefschürfend. Der Roman ist gespickt mit Zitaten, sowie wissenschaftlichen und philosophischen Gedankengängen, seien es hierbei Alberts persönliche Überlegungen oder aber mit anderen Beteiligten geführte Unterhaltungen oder Debatten. Allerdings wirkt dies nie ermüdend oder gar langweilig, sondern dem Autor ist es sehr gut gelungen, das schier unglaubliche Wissen, über welches sein Genie verfügt, unterhaltsam und überzeugend in den Roman mit einfließen zu lassen.

Auch wie Albert selbst seine wahrlich äußerst bizarre Familie und deren Macken beschreibt, ist einfach köstlich zu lesen und bringt einen regelmäßig zum Schmunzeln. Zumeist kommt Albert einem wie ein erwachsener Mann vor, der nüchtern die Dinge des Lebens betrachtet, über den Sinn des Lebens philosophiert, über Umweltkatastrophen, Quantenphysik, Kriege oder der Demokratie mit Prominenten debattiert. Dann ist Albert aber auch wieder der pubertierende Junge, der erste Erfahrungen mit der eigenen Sexualität macht, wobei er hier mit der Zeit jedoch abgeklärter und selbstsicherer wird. Sein Auftreten ist als sehr selbstbewusst zu beschreiben und so wirkt es auch jederzeit überzeugend, dass ein 14-jähriger zumeist allein quer über den Erdball reist und hierbei pragmatisch und zielbewusst für ihn wichtige Fragen klärt und ganz nebenbei auch noch seine Schwester sucht, die sich mit einem Schlagersänger eingelassen hat, der ihr Vater sein könnte.

Atmosphärisch dicht und fesselnd erzählt Peter Schmidt diesen Roadtrip von Albert, der ihn auch nach New York und Rom führt. Hier verhindert das Genie den Selbstmord eines Hollywoodstars, diskutiert mit dem Dalai Lama, wird ins Weiße Haus eingeladen oder geht mit Papst Benedikt eine Pizza in Rom essen. Die Geschichte des Genies Albert ist schon ein wenig abwegig und ausgefallen, aber gerade diese Besonderheit macht auch das Buch aus. Die Geschichte ist in ihrem Fortgang nur schwer einschätzbar, anfangs lässt sich kaum der roter Faden finden, aber gerade diese Ungewissheit, wohin die Geschichte einen führen wird, macht diese gewisse Spannung des Romans aus. Nicht nur, dass man zumeist mit einem Schmunzeln die Erlebnisse des jungen Genies verfolgt und hierbei immer wieder über seinen Intellekt erstaunt ist, auch zum Ausgang der Geschichte bekommt man kein rechtes Gefühl und lässt sich somit jederzeit gerne überraschen, welche Abenteuer der Autor sich für Albert noch hat einfallen lassen.

Fazit: Ein Roadtrip der ganz besonderen Art mit einem Protagonisten, der durch seinen Intellekt besticht, dabei aber nie arrogant wirkt und der großen Frage nach dem Aufenthaltsort von Einsteins Gehirn nachgeht.

Der Autor (Quelle: Verlagsseite):
Peter Schmidt, geboren 1944 in Gescher, Schriftsteller und Philosoph, gilt selbst dem Altmeister des Spionagethrillers, John le Carré, als einer der führenden deutschen Kriminalautoren des Genres. Außerdem veröffentlichte er bereits zahlreiche Medizinthriller, Wissenschaftsthriller, Psychothriller und Detektivromane. 1986 erhielt er den Deutschen Krimipreis für „Erfindergeist“; 1987 für „Die Stunde des Geschichtenerzählers“ und 1991 für „Das Veteranentreffen“. Im Jahr 1994 wurde er mit dem Literaturpreis Ruhr für das bisherige Gesamtwerk ausgezeichnet. Heute lebt Peter Schmidt in Gelsenkirchen



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