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Sonntag, 16. Januar 2011

(Rezension) Die Wanderhure von Iny Lorentz

Verlag: Weltbild-Verlag
Taschenbuchausgabe: 611 Seiten
Genre: Historischer Roman
Erscheinungsdatum: 2007
Preis: --,-- €

 Die Rache ist mein

Konstanz, Anfang des 15. Jahrhunderts: Marie, eine brave Bürgerstochter ist nicht sonderlich begeistert, dass sie den Advokaten Ruppert heiraten soll. Doch soweit kommt es nicht, denn am Vorabend ihrer Hochzeit wird Marie der Hurerei beschuldigt und in den Kerker geworfen. Sie weiß nicht, dass dies ein fieses Intrigenspiel ihres vermeintlichen Verlobten ist, der das Vermögen ihres Vaters an sich reißen will. Noch in der Nacht wird Marie von drei Männern im Kerker vergewaltigt, am nächsten Tag für schuldig befunden, öffentlich ausgepeitscht und aus Konstanz verbannt. Mehr tot als lebendig findet eine Wanderhure die junge Frau am Wegesrand und nimmt sich ihrer an. Nach ihrer Genesung bleibt Marie nichts anderes übrig, als ebenfalls das Leben einer Hübschlerin auf sich zu nehmen. Allerdings hält nur ein Gedanke Marie noch am Leben, nämlich Rache zu nehmen an dem Mann, der ihr und ihrem Vater diese Schmach angetan hat.

Farbenfroh, bildhaft und lebendig erzählt das Autorenpaar das Leben von Marie, die von der keuschen Bürgerstochter zur Wanderhure werden muss und nur von einem Gedanken beseelt ist, nämlich den der Rache. So verfolgt man ihre Wandlung zu einer koketten Hübschlerin, die sich dank ihres engelsgleichen Aussehens schon bald ihre Freier aussuchen kann. Aber auch einige schlimme Erlebnisse müssen Marie und ihre treue Freundin erleiden. So ist der Roman durchweg unterhaltsam und abwechslungsreich geschrieben.

Allerdings hat mich eins dann doch mit der Zeit ziemlich angenervt: Verständlich ist es natürlich, da das Buch ja von dem Leben einer Wanderhure erzählt, dass hier natürlich auch viele Männer beschrieben werden, die nur das eine im Kopf haben. Aber mussten es unbedingt fast alle Männer sein. Es sind Szenen dabei, die nicht unbedingt etwas mit Marie und ihrem Leben zu tun haben und selbst hier werden Schicksale und Intrigen einzig und allein auf den Hintergrund der Lendenpein (wie es so nett im Buch beschrieben ist) aufgebaut. Hier hätte ich mir doch ein wenig mehr Einfallsreichtum gewünscht.

Auch überrascht der Roman jetzt nicht unbedingt mit neuen Ideen, vieles wirkt wie schon einmal gelesen und der Ausgang der Geschichte ist schon lange im Voraus erkennbar. Und ich hatte  jetzt auch nicht gerade den Eindruck erhalten, dass der Geschichte eine fundierte Recherche zugrunde liegt.

Überzeugt haben mich aber durchweg die Charaktere, auch wenn sie sehr schwarz-weiß gezeichnet sind. Es ist eigentlich fast augenblicklich ersichtlich, wer hier zu den Guten und wer zu den Bösen gehört, einige Klischees werden hier auch reichlich bedient. Aber die Figuren sind auch sehr detailreich und lebendig beschrieben, sodass man sie eigentlich schon nach wenigen Seiten vor Augen hat und so eine sehr gute Vorstellung von ihnen erhält.

Fazit: Ein unterhaltsamer, anspruchsloser historischer Roman mit einer Protagonistin, die man fast augenblicklich ins Herz schließt und einer Story, die nicht wirklich überraschen kann.

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