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Donnerstag, 14. Februar 2013

{Rezension} Die Verstummten von Stephanie Fey

Cover & Verlag: Heyne
Taschenbuchausgabe: 432 Seiten
Genre: Deutscher Thriller
ISBN: 978-3-453-40979-8
Erscheinungsdatum: 14. Februar 2013
Preis: 8,99 €




Schatten der Vergangenheit

Auf der Fahrt zur Kindergartenfeier ihres Neffen Sandro entgehen die Rechtsmedizinerin Carina Kyreleis und ihr Vater, Kriminalhauptkommissar Matte Kyreleis, nur knapp einem Autounfall. Auf der Überholspur rast ihnen ein Geisterfahrer entgegen, im letzten Augenblick können sie zwar ausweichen, doch es kommt dennoch zum Unfall. Der jugendliche Geisterfahrer wird mit schwersten Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert und Carina und ihr Vater machen sich auf den Weg, um die Eltern über den Unfall zu informieren. Doch dort finden sie ein grausiges Bild vor: Die Eltern liegen mit Schusswunden tot im Ehebett, bekleidet mit ihrer Hochzeitstracht. Hauptkommissar Kyreleis übernimmt sofort die Ermittlungen und hat schnell den Sohn der Ermordeten in Verdacht, doch auch Carina beschäftigt sich mit dem Fall und will sich mit der einfachen Lösung ihres Vaters nicht zufriedengeben. 



Hört sich nach einem klaren, simplen Fall für Hauptkommissar Kyreleis an, das ist dieser aber bei weitem nicht. Ihren zweiten Thriller erzählt Stephanie Fey in wechselnden Handlungssträngen, welche auf den ersten Blick erst einmal gar keine Gemeinsamkeiten aufweisen. Ein Kind wird entführt und man erlebt dessen Angst, Verzweiflung und Hilflosigkeit, welche die Autorin auf sehr beeindruckende, nachvollziehbare Weise beschreibt. In einem weiteren Erzählstrangstrang dreht die Autorin die Uhr zurück und beginnt diesen im Jahr 1991, der von einer fünfköpfigen Spezialtruppe des BND handelt.

Und dann gibt es natürlich noch die Hauptgeschichte rund um die Rechtsmedizinerin und Gesichtskonstrukteurin Carina Kyreleis. Dadurch, dass Carina von Anfang an in dem Fall involviert war, interessiert sie sich natürlich weiterhin dafür und stellt eigene Nachforschungen an, sehr zum Missfallen ihres Vaters Matte. Doch hierbei konzentriert sich Stephanie Fey nicht nur auf die reine Ermittlungsarbeit, sondern geht auch detailliert, äußerst unterhaltsam, gefühlvoll und warmherzig auf das Privatleben der jungen Frau ein, die auf der Suche nach ihrer eigenen Vergangenheit ist und durch das störrische Verhalten ihres Vaters hierbei einfach nicht weiterzukommen scheint.

Auch die Themen, welche der Thriller behandelt, sind vielfältig, interessant und zumeist hochaktuell. Die RAF spielt wieder eine Rolle, die bis heute unaufgeklärte Ermordung des damaligen Vorsitzenden der Treuhandanstalt Detlev Karsten Rohwedder erhält eine durchaus nachvollziehbare Lösung, aber auch das äußerst gefährliche Schütteln von Babys wie auch die Synästhesie finden Raum in diesem vielfältigen Thriller und werden von Stephanie Fey mit viel Hintergrundwissen vermittelt und vor allem sehr schlüssig in die Geschichte eingebaut.

Ihren Thriller erzählt die Autorin zu jederzeit äußerst fesselnd, spannend und temporeich. Die Story wirft lange Zeit mehr Fragen auf als sie Lösungen anbietet,  anfangs rätselt man ständig, wie diese unterschiedlichen Handlungsstränge zusammenpassen sollen. Doch so nach und nach verknüpfen sich die losen Fäden logisch zu einem perfekten Ganzen und der Autorin gelingt es hervorragend, bis zum Ende der Geschichte die Neugier wie auch die Spannungskurve auf extrem hohen Niveau zu halten und viele Fragen erst auf den letzten Seiten zu beantworten.

Neben der komplexen Story sind ein weiteres Plus die Charaktere, welche die Autorin allesamt sehr authentisch beschreibt und nachvollziehbar handeln lässt. Sie dürfen Fehler und Macken haben und einige von ihnen sind auch nicht unbedingt das was sie auf den ersten Blick zu sein vorgeben. Im Fokus steht natürlich die Rechtsmedizinerin Carina Kyreleis, die eher ein etwas zurückhaltender Charakter ist, aber extrem neugierig und eigenwillig. Nach wie vor gibt es immer wieder die kleinen verbalen Kämpfchen mit ihrem eigensinnigen, störrischen Vater Matte Kyreleis, der seine Tochter am liebsten komplett aus den Ermittlungen heraushalten würde. Zudem erhält man auch einen recht guten Einblick in die Arbeit der Rechtsmedizin, der Gesichtsrekonstruktion wie auch in die Einbalsamierung von Leichen, was für Zartbesaitete möglicherweise etwas detailliert sein könnte, was ich jedoch in keiner Weise so empfunden habe.

Es ist zwar nicht unbedingt notwendig, dass man den 1. Band „Die Gesichtslosen“ der Elster-Reihe gelesen haben muss, um sich schnell im Privatleben von Carina zurechtzufinden. Es wäre jedoch ratsam, da man zum einen ansonsten einen hervorragenden Krimi verpasst und zum anderen baut auch die Ermittlungsarbeit etwas auf den Vorgängerband auf, sodass einem möglicherweise etwas Hintergrundwissen fehlen könnte, auch wenn die Autorin vieles erklärt.

Fazit: Hier stimmt einfach alles: Eine vielschichtige, interessante und absolut unvorhersehbare Story, die zudem fesselnd, einnehmend und unterhaltsam erzählt wird und mit authentisch agierenden Charakteren jederzeit überzeugt.

Die Autorin:
Stephanie Fey, geboren 1967, arbeitete viele Jahre als Illustratorin und Malerin, bevor sie Schriftstellerin wurde. Sie ist verheiratet, hat drei Kinder und lebt mit ihrer Familie am Starnberger See.

Weitere Bücher der Autorin:

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