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Freitag, 19. Oktober 2012

{Rezension} Der Kinderpapst von Peter Prange



Verlag: Pendo Verlag
Gebundene Ausgabe: 608 Seiten
Genre: Historischer Roman / 11. Jahrhundert
ISBN: 9783866122765
Erscheinungsdatum: 10. September 2012
Preis: 19,99 €


Ein Bruder des zwölften Jüngers

Man schreibt das Jahr 1032. In Rom bestimmen die einflussreichsten Familien über die Papstwahl und nachdem der Tuskulaner Johannes XIX. stirbt, setzt Alberico di Tusculo alles daran, seinen jüngsten Sohn auf den Stuhl Petri zu setzen. Was ihm mithilfe von Bestechung der Wählerschaft und des römischen Adels auch gelingt und Teofilo daraufhin mit gerade einmal 12 Jahren zum jüngsten Papst gewählt wird. Als Benedikt IX. sitzt der Junge jedoch ungewollt auf dem Papstthron, ist er doch nur ein Spielball der Mächtigen in Rom, die durch seine Wahl hoffen, ihre eigenen Interessen ungestört weiter verfolgen zu können. Zudem muss er zwangsläufig auf seine große Liebe Chiara verzichten, worüber er kaum hinwegkommt. Um seine Gefühle zu betäuben stürzt sich der junge Papst anfangs in wissenschaftliche Forschungen, doch diese reichen bald nicht mehr aus und so versucht er mit einem immer ausschweifenderem Leben Chiara zu vergessen. Dies bedeutet aber auch immer höhere Abgaben für die römische Bevölkerung. Bald herrscht in Rom eine Hungernot, Diebstähle, Morde und Vergewaltigungen nehmen zu, wogegen Benedikt IX. nichts unternimmt. Bei seinem Thronjubiläum erhebt sich das römische Volk gegen ihn und Benedikt IX. wird das erste Mal als Papst abgewählt und aus Rom vertrieben. Doch mithilfe seiner einflussreichen Familie holt er sich insgesamt zweimal das Papstamt zurück, allerdings nicht wegen der Macht, sondern einzig und allein der Liebe wegen.



Die überlieferten Angaben zum Geburtsjahr von Benedikt IX. liegen weit auseinander (zwischen einem Alter von 10 Jahren bis 30 Jahren) und somit kann nicht genau festgelegt werden, wie alt er wirklich bei seiner Thronbesteigung war. Peter Prange orientiert sich bei seinem Roman an den Publikationen von Benedikt XVI. und nimmt das Geburtsjahr um 1021 als Grundlage, sodass Teofilo di Tusculo (Theophylakt III. von Tusculum) im Roman bei seiner Erhebung zum Papst gerade einmal 12 Jahre alt ist.

Ein verschüchterter, todunglücklicher Junge, dem seine neugewonnene Macht und die ältlichen Kardinale verunsichern und der zudem daran zu verzweifeln droht, seine große Liebe Chiara niemals heiraten zu können. Mit den Jahren nimmt seine Sehnsucht nach Chiara eher noch zu und völlig hemmungslos sucht er Vergessen im Alkohol und dem Hurenhaus. Immer ausschweifender werden seine Gelüste, seine Gier nach Geld wird grenzenlos und das römische Volk muss hierfür bitter büßen. Im Jahr 1044 lehnen sich die Römer gegen ihren Papst auf und vertreiben Benedikt IX. aus der Stadt. Doch seine Liebe zu Chiara bleibt ihm weiterhin verwehrt, denn die entsetzlichen Taten, die während seiner Amtszeit in seinem Namen und oftmals ohne sein Wissen in Rom geschehen sind, haben Chiara zutiefst verletzt. Zudem ist die junge Frau mittlerweile selbst verheiratet, doch ihre Ehe ist nicht glücklich. Zwar hat sie einen liebevollen Ehemann und für die Taten von Benedikt IX. hat sie nur Verachtung übrig, dennoch kann Chiara ihre große Liebe nicht vergessen und geht daran fast zu Grunde. 

Zwar ist die fiktive Liebesgeschichte zwischen Chiara und Teofilo Grundlage und Tenor des Buches und gewissermaßen erklärt Peter Prange hierdurch auch die Benedikt IX. nachgesagte grausame Herrschaft, doch ist diese nicht der einzige Schwerpunkt des Romans. Ausführlich und anschaulich erzählt der Autor zudem die politischen Intrigen, die sich damals um den Stuhl Petri gerankt haben. Mehrere mächtige Familien schacherten sich die besten Ämter zu und hier ganz vorne mit dabei das Geschlecht der Tuskulaner. Für sie bedeutete Benedikt IX. nur, dass sie die Macht über Rom inne haben und sein Pontifikat ist dazu gedacht, diese Macht nach Gutdünken auszuspielen und zu verteilen.

Das Leben von Benedikt IX. beschreibt der Autor durchweg sehr fesselnd, bildhaft und unterhaltsam. Mühelos gelingt es ihm, einen in die Geschichte eintauchen zu lassen und an dem bewegenden und traurigen Schicksal von Teofilo di Tusculo teilhaben zu lassen. Durch die vielen politischen Machenschaften bleibt die Geschichte immer sehr abwechslungsreich und oftmals auch richtiggehend spannend. Zudem erzählt Peter Prange die doch recht komplizierten Verwicklungen, Intrigen und Manipulationen der Katholischen Kirche und des römischen Adels verständlich und jederzeit nachvollziehbar. Einzig die stellenweise doch etwas sehr vor Ergriffenheit und Pathos triefende Liebe zwischen Benedikt IX. und Chiara störte mich ein wenig.

Die Charaktere sind komplex beschrieben und werden durchweg hervorragend dargestellt. Im Focus steht natürlich zwangsläufig Teofilo, der jedoch als Einziger ein wenig unnahbar, nicht so recht greifbar  bleibt. Ganz anders dagegen wieder die fiktive Figur der Chiara. Der damaligen Zeit entsprechend sehr gottesfürchtig, leidet sie extrem unter der verbotenen Liebe zu Teofilo, besonders seit sie mit Domenico verheiratet ist, der sie auf Händen trägt. Weitere wichtige Charaktere sind Teofilos Mutter, welche mit die Fäden im Hintergrund zieht, ihren Sohn abgöttisch liebt und fest davon überzeugt ist, dass ihr jüngster Sohn von Gott auserwählt wurde, auf den Stuhl Petri erhoben zu werden. Umso mehr ist ihr seine Liebe zu der selbstbewussten, eigenwilligen Chiara ein Dorn im Auge.

Ein ebenfalls etwas schwer einzuschätzender Charakter ist die des Kanzlers Petrus da Silva, der einer derjenigen ist, der Teofilo auf den Papstthron setzt. Den eindeutig böswilligsten und grausamsten Part in der Geschichte hat Teofilos Bruder Gregorio inne. Als ältester Sohn ist dieser davon überzeugt, dass der Papstthron ihm zustehen würde, zudem hat er bis zum Tod seines dominanten, gewalttätigen Vaters unter dessen strenger Führung gelitten und fühlt sich von seiner Mutter im Stich gelassen, die Teofilo ihm vorzieht. Entsprechend groß ist sein Neid auf seinen jüngsten Bruder.

Fazit: Peter Prange ist ein opulenter, praller Roman über das Leben von Benedikt IX. gelungen, bei dem der Autor geschickt historische Fakten und mit fiktiven Geschehnissen verknüpft, auch wenn in die Liebesgeschichte zwischen Chiara und Benedikt IX. manchmal etwas zu viel Pathos hineingelegt wird. 

Der Autor:
Peter Prange, geboren 1955, promovierte mit einer Arbeit zur Kultur- und Sittengeschichte der Aufklärung. Der Durchbruch gelang ihm mit dem Roman »Das Bernsteinamulett« (als Zweiteiler verfilmt für die ARD). Bekannt wurde er vor allem durch seine historischen Bestseller »Die Principessa«, »Die Philosophin«, »Der letzte Harem« oder zuletzt »Die Gottessucherin«. In 24 Sprachen übersetzt, haben sie eine internationale Gesamtauflage von zweieinhalb Millionen Exemplaren. Zuletzt erschien von ihm der Roman »Himmelsdiebe«.  

Website von Peter Prange

Weitere Bücher des Autors:

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