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Montag, 16. Januar 2012

{Rezension} Furie von Chelsea Cain



Taschenbuchausgabe: 384 Seiten
ISBN: 978-3-442-37004-7
Preis: 8,95 €
Genre: Amerikanischer Thriller, 
Erscheinungsdatum: 08.September 2010



Der Todesengel

10 Jahre lang hat Detective Archie Sheridan die Serienkillerin Gretchen Lowell erfolglos gejagt. Bis er ihr selbst in die Hände fiel und diese ihn über Tage hinweg grausam folterte. Als Archie drohte, an diesen Folterungen zu sterben, rief Gretchen den Notarzt und sitzt seitdem im Gefängnis. Archie überlebte nur knapp und leidet heute noch stark unter den Folgen der Entführung. Nun treibt erneut ein Serienmörder sein Unwesen und nach 2 Jahren tritt Archie seinen Dienst als Leiter der Sonderkommission wieder an. An seiner Seite ist sein altes Team, aber auch die Journalistin Susan Ward, die eine Reportage über das Leben von Archie schreiben soll.

Eines vorneweg. Der Thriller ist wirklich nichts für zarte Gemüter, denn die Folterungen, welche Archie Sheridan durchleiden musste, sind wirklich sehr heftig und werden von Chelsea Cain durch regelmäßige Rückblenden beschrieben, und dies stellenweise sehr detailgenau. 10 Tage war Archie in der Gewalt der kaltherzigen Psychopathin Gretchen Lowell. Diese gab ihm Rohreiniger zu trinken, zertrümmerte ihm mehrere Rippen, entfernte ihm bei vollem Bewusstsein die Milz. Die hochintelligente Psychopathin liebt es, anderen Schmerzen zuzufügen, geht dabei aber auch äußerst liebevoll und umsichtig mit ihrem Opfer um. So nennt sie Archie nur Liebling, erklärt ihm fast schon zärtlich, was sie als nächstes tun wird und warum. So baut sich nach und nach eine Beziehung zwischen Opfer und Täter auf, die sich auch nach der Rettung von Archie fortsetzt. Es vergeht kein Tag, an dem Archie nicht an die wunderschöne Gretchen denken muss, er besucht sie jeden Sonntag im Gefängnis, seine Ehe ist hierüber gescheitert und er schluckt Unmengen von Tabletten, nicht nur, um seine körperlichen Beschwerden zu lindern. Die Gefühlswelt von Archie erzählt die Autorin sehr plastisch und einfühlsam und schnell ist klar, dass Archie wohl unter dem Stockholm-Syndrom leidet.

Nun treibt wieder ein Serienmörder sein Unwesen, entführt junge Mädchen auf ihrem Heimweg von der Schule, vergewaltigt und tötet sie kurz darauf und legt sie an gut besuchten Stellen ab, sodass sie schnell gefunden werden. Als das dritte Mädchen verschwindet, wird Archie Sheridan und sein altes Team mit dem Fall betraut. Begleitet wird Archie von der Journalistin Susan Ward vom Oregon Herald, die eine Reportage über ihn schreiben soll. Die Zusammenarbeitet funktioniert ziemlich gut, allerdings ergeben sich kaum Spuren zu dem Mörder, alle Ermittlungsansätze verlaufen anfangs im Sande.

Neben dem aktuellen Fall erfährt man durch gelegentliche Rückblenden immer mehr über das Martyrium, welchem Archie ausgesetzt war. Dies baut die Autorin zwar geschickt in den aktuellen Fall ein, doch irgendwie kam mir dies mit der Zeit alles etwas überladen vor. Allein die Entführung durch Gretchen und ihre heutige Beziehung zueinander bietet genug Stoff für eine spannende Geschichte und irgendwie nimmt diese mit der Zeit auch immer mehr Raum ein. Die eigentliche Story rund um den Serienmörder tritt dabei immer mehr in den Hintergrund, was mich auf Dauer etwas gestört hat.

Spannend ist der Thriller durchaus und auch der Schreibstil von Chelsea Cain ist flüssig und fesselnd. Allerdings ist es jetzt auch nicht unbedingt so, dass man wie gebannt an dem Buch hängt. Hier funktioniert es eher mehr so, dass man oftmals regelrecht schockiert ist, wie ein Mensch so vollkommen kaltblütig und gleichzeitig regelrecht liebevoll einem Menschen solch grausame Dinge antun kann. Es ist mehr das Makabre, das Unvorstellbare, der Gänsehauteffekt was einen an dem Thriller fesselt. Und auch, wie Archie heute damit umgeht, wie sich sein Leben seit damals entwickelt hat und wie er versucht, zurück ins Leben zu finden. Die eigentliche Story entwickelt sich jetzt nicht gerade überraschend, wobei Chelsea Cain schon einige falsche Fährten auswirft und man lange rätselt in Bezug auf Täter und Motiv. Aber wie gesagt, rückt der Serienmörder-Fall mit der Zeit immer mehr in den Hintergrund und bald hat mich mehr interessiert, wie es Archie geschafft hat, sich aus den Klauen von Gretchen zu befreien als die Auflösung des aktuellen Falls.

Facettenreich sind die die Charakterbeschreibungen von Archie wie auch von Gretchen und Susan, allerdings sind alle Drei äußerst problembehaftet. Allen voran natürlich der seelisch gebrochene Detective, für den sein Leben eigentlich zu Ende ist, er nur noch mit Tabletten funktioniert und es ihm dennoch gut gelingt, dies zu überspielen und ausgezeichnete Arbeit abzuliefern. Ihm zur Seite steht die junge Susan Ward, die eindeutig einen Vaterkomplex hat, sich für ihr Alter ziemlich jugendlich kleidet, rosa Haare trägt, ziemlich forsch auftritt und eigentlich nie um eine Antwort verlegen ist. Und auch die gefühlskalte Gretchen beschreibt die Autorin sehr gut. Sie ist ein Todesengel, die mit ihrer Schönheit jeden verzaubert und völlig gefühllos einem Menschen die schlimmsten Schmerzen bereiten kann, einzig allein deswegen, weil sie es liebt.

Fazit: Ein durchaus spannender Thriller, der jedoch mit seinen beiden starken Erzählsträngen, welcher jeder für sich einen Thriller wert wäre, mit der Zeit etwas überladen wirkt. Die Charaktere beschreibt die Autorin detailreich und in ihren Handlungen zumeist nachvollziehbar, waren mir aber stellenweise etwas zu problembehaftet. 


Die Autorin:

Chelsea Cain, geboren 1972, ist Journalistin und Schriftstellerin. Mit Furie, dem ersten von drei Romanen, in denen die schillernde Serienmörderin Gretchen Lowell sich als die eigentliche Hauptperson erweist, und den Fortsetzungen Grazie und Gretchen hat sie einen fulminanten Erfolg beim deutschsprachigen Publikum erzielt und ist seitdem eine der erfolgreichsten internationalen Thrillerautorinnen. Chelsea Cain lebt in Portland, Oregon. Totenfluss ist ihr vierter Roman.

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