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Montag, 13. August 2012

{Rezension} Die Brückenbauer von Jan Guillou

Verlag: Heyne Verlag
Übersetzer: Lotta Rüegger, Holger Wolandt
Genre: Historischer Roman
Gebundene Ausgabe: 784 Seiten
ISBN: 978-3-453-26825-8
Erscheinungsdatum: 13. August 2012
Preis: 22,90 €


                       
Eine fesselnde Geschichte

Die Brüder Lauritz, Oscar und Sverre wachsen Ende des 19. Jahrhunderts im Westen Norwegens als Söhne einer  armen Fischerfamilie auf. Als das Meer ihren Vater nicht wieder hergibt,  ändert sich das Leben der drei Jungen von Grund auf. Da ihre Mutter sie nicht mehr ernähren kann, werden sie als Lehrlinge in die Stadt geschickt. In einer Bergener Seilerei lernen die Lauritzen-Brüder das Handwerk, fallen aber schnell durch ihr großes Talent auf. Durch Zufall wird der Sohn des Seilerei-Besitzers hierauf aufmerksam und fördert es entsprechend. Auf Kosten der Wohltätigkeitsloge „Gute Absicht“ erhalten sie nun eine fundierte Schulbildung und wechseln als Jugendliche an das Polytechnikum nach Dresden, das zur damaligen Zeit als das Beste der Welt galt. Hier lassen sie sich zu Ingenieuren ausbilden, um ihre „Schuld“ dann beim Bau der Bergenbahn abzuleisten. Ein für die damalige Zeit schier unmögliches Projekt,  doch Lauritz stellt sich der gefahrvollen Aufgabe. Währenddessen verschlägt es seinen Bruder Oscar nach Deutsch-Ostafrika, um dort ebenfalls eine Eisenbahnstrecke zu bauen.




Größer könnten die Gegensätze nicht sein, zu denen Jan Guillou seine Leser entführt. Nach einem kurzen Abriss der Kindheit, steigt der Autor im Jahr 1901 mit dem Abschluss des Studiums der Lauritz-Brüder in die eigentliche Geschichte ein. Ursprünglich hatten sie geplant, nach dem Abschluss ihr erlerntes Wissen der Bergenbahn zur Verfügung zu stellen. Doch die Liebe kommt Lauritz, Oscar und Sverre dazwischen und so verschlägt es Oscar nach Deutsch-Ostafrika und Sverre nach London. Nur Lauritz fühlt sich moralisch verpflichtet, sein Ingenieurwissen dem Bau der Bergenbahn zur Verfügung zu stellen. Und so verfolgt man in abwechselnden Handlungssträngen das weitere abwechslungsreiche Leben von Lauritz und Oscar; Sverre taucht im Verlauf des Romans nicht mehr auf.

Oscar ist in Deutsch-Ostafrika mit dem Bau einer Eisenbahnstrecke betraut, verhandelt mit den unterschiedlichsten Stämmen durch deren Gebiet die Strecke verlaufen muss. Hierbei zeichnet  der Autor keineswegs ein Schwarz-Weiß-Bild von Afrika und dessen unterschiedlichen Volksstämmen, sondern legt Wert auf die Zwischentöne. Äußerst unterhaltsam, bildhaft und informativ schildert er das Leben in der Kolonie, den Umgang der Deutschen mit der afrikanischen Bevölkerung, lässt seinen Protagonisten auch Freunde unter den Afrikanern finden. Neben diesem abenteuerlichen, aber auch sehr gefahrvollen Leben muss sich Oscar ebenso mit der brütenden Hitze Afrikas, unbekannten Krankheiten,  sowie  den Eigenarten und Gegebenheiten des schwarzen Kontinents auseinandersetzen. 

Jan Guillou zeigt zudem auch, dass durchaus nicht alle Afrikaner begeistert von den Modernisierungsversuchen der Deutschen und der Zuführung zum Christentum waren, dass der Sklavenhandel nach wie vor ein Thema und Großwildjagd zur damaligen Zeit absolut selbstverständlich war. Und er beschreibt auch die Gräueltaten der Europäer, welche diese an dem afrikanischen Volk begangen haben. Hier besonders Belgisch-Kongo, dessen Bevölkerung  aus rein kommerziellen Zwecken auf äußerst brutale Weise  systematisch ausgebeutet wurde und die Hälfte der Kongolesen  hierbei ihr Leben lassen musste. Die Herrschaft Leopolds II. von Belgien ging als „Kongogräuel“ in die Geschichte ein.

Ist es in Afrika die Hitze, so ist es in Bergen die Kälte, der Lauritz ausgesetzt ist.  Fast 8 Monate im Jahr Schneestürme und eisige Kälte, zudem noch die Einsamkeit der Berge und die Sehnsucht nach Ingeborg. Lange Wege, die nur per Ski bewältigt werden können und immer die Gefahr vor Gletscherspalten und plötzlichen Wetterumschwüngen. Doch Lauritz hat nur ein Ziel, die Bergenbahn in jedem Fall fertigzustellen. Stellenweise kann man die beißende Kälte regelrecht spüren und leidet mit dem jungen Ingenieur, wenn er sich wieder einmal auf den beschwerlichen Weg zur Baustelle begibt, auf der die Brücken- und Tunnelarbeiter bei unwirtlichen Verhältnissen ihr Bestes geben. Zwar geht der Autor schon öfters auf Details zum Strecken- und Brückenbau ein, jedoch nie zu tief, als das es langweilig zu werden droht. Er passt hier genau den richtigen Punkt ab, sodass man sich alles wunderbar vorstellen kann, aber nie gelangweilt die Seite überlesen möchte.

Die eigentliche Geschichte der beiden Brüder Lauritzen umfasst einen Zeitraum von 17 Jahren bis zum Ende des 1. Weltkriegs, den Lauritz wie auch Oscar deutlich zu spüren bekommen und ungewollt mit hineingezogen werden. Hierbei passt Jan Guillou seinem Schreibstil den unterschiedlichen Gegebenheiten an. Mal preußisch bieder und steif, wenn Lauritz oder Oscar mit Führungsoffizieren oder gar dem Adel verkehren, dann wieder locker und fast schon modern, wenn die Brüder sich mit Freunden, Familie oder Mitarbeitern unterhalten.

Die Beschreibungen seiner beiden Protagonisten kann man  fast als distanziert bezeichnen. Zwar ist man immer hautnah an deren Erlebnissen dabei, doch hat man ständig das Gefühl,  als wenn eine dünne Wand zwischen Leser und Protagonisten stehen würde. Irgendwie bekommt man sie nicht richtig zu fassen. Merkwürdigerweise hat mich dies bei diesem Roman absolut nicht gestört, da die Geschichte an sich absolut überzeugt und fasziniert. Jan Guillou ist wirklich ein begnadeter Geschichtenerzähler und er versteht es gekonnt, einem Zeitgeschichte fesselnd, äußerst spannend, farbenfroh und bildhaft näher zu bringen.

Fazit: Eine faszinierende, abenteuerliche, fesselnde und wunderbar erzählte Geschichte, in welcher der Autor das Zeitgeschehen perfekt mit seinen Protagonisten verknüpft und dadurch einen sehr lesenswerten Roman geschaffen hat.

Ich habe jetzt schon mehrfach gelesen, dass es sich hierbei um eine Trilogie handeln soll. Dies gibt die Geschichte durchaus her. „Die Brückenbauer“ ist jedoch ein in sich abgeschlossener Roman, ohne offenes Ende und kann so durchaus auch als Einzelband gelesen werden.


Der Autor:
Jan Guillou wurde 1944 im schwedischen Södertälje geboren und ist einer der prominentesten Journalisten seines Landes. Seine preisgekrönten Kriminalromane um den Helden Coq Rouge erreichten Millionenauflagen. Auch mit seiner historischen Romansaga um den Kreuzritter Arn gelang ihm ein Millionenseller, die Verfilmungen zählen in Schweden zu den erfolgreichsten aller Zeiten. Heute lebt Jan Guillou in Stockholm.

4 Kommentare:

  1. Das Buch MUSS ich einfach lesen!!!! Ist ja schon auf meiner Wunschliste und bei meiner nächsten Bestellung geht es sicher mit.....
    LG
    Martina

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    1. Na, dann bin ich jetzt schon mal auf deine Meinung gespannt und wünsche dir ganz viel Spaß beim Lesen.
      LG Isabel

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  2. Liebe Isabel,

    ich habe heute mit dem Buch begonnen und jetzt freue ich mich noch mehr darauf! Danke für die tolle Rezi :)
    LG
    Nina

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    1. Liebe Nina,
      ich wünsche dir ganz viel Lesespaß mit dem Buch. Ich habe es regelrecht verschlungen.
      LG Isabel

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