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Sonntag, 22. April 2012

{Rezension} Die Pestspur von Bernhard Wucherer





Verlag: Gmeiner Verlag 
Taschenbuchausgabe: 518 Seiten
ISBN: 978-3-8392-1264-6
Genre: Historischer Roman
Erscheinungsdatum: März 2012
Preis: 12,90 €




Die Staufner und die Pest

Staufen im Jahr 1634. Durch Zufall verfolgen die Söhne des Kastellans ein Gespräch zwischen dem Totengräber und einem Unbekannten. Hierbei werden sie entdeckt. Zwar können sie noch rechtzeitig unerkannt fliehen, doch Totengräber Ruland Berging schnappt den Namen des jüngeren Bruders auf und kurze Zeit später verschwindet Diderick, der kleine Sohn des Blaufärbers spurlos. Lag hier eine Namensverwechslung vor wie Kastellanin Konstanze vermutet. Zur Sicherheit lässt sie ihre Söhne Lodewig und Diederich nicht mehr vom Schloss. Zur gleichen Zeit scheint die Pest im Dorf Staufen ausgebrochen zu sein.

Es könnte so beschaulich sein, das Leben in dem Dorf Staufen im Allgäu. Die Dorfgemeinschaft funktioniert, auch dank des umsichtig regierenden Kastellans Hannß Ulrich Dreyling von Wagrain und seiner Frau Konstanze. Selbst die jüdische Familie Bomberg kann ganz unbehelligt im Dorf leben und dank des Marktrechts und des dadurch regelmäßig stattfindenden Markttages funktioniert auch der Handel in Staufen bestens. Doch zwei böse Gesellen halten nicht viel von dem beschaulichen Dorfleben und entwickeln einen mörderischen Plan, wie sie ihre Taschen reichlich mit den Gulden der Einwohner füllen können.

Wunderbar beschreibt Bernhard Wucherer, wie aus den eigentlich so genügsamen Dorfbewohnern aus Angst vor der Pest schon bald kopflos handelnde Menschen werden, die nur noch auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind.  Und so verfolgt man gebannt den harten Winter der Staufner im Jahr 1634/35 sowie das perfide, mörderische Spiel des Totengräbers  und des Medicus des Ortes.

Prall, bildgewaltig, flüssig, fesselnd und mit einer der damaligen Zeit angepassten Sprache, so kann man den Schreibstil von Bernhard Wucherer beschreiben. Mühelos gelingt es ihm immer wieder und ganz nebenbei so viel Informationen ob des damaligen Lebens in seinen Roman zu packen, dass man fast augenblicklich ein Bild vom Leben der Staufner vor Augen hat. Es hat mich immer wieder erstaunt, über was für ein Hintergrundwissen der Autor verfügt, und dass er dieses einem dermaßen unterhaltsam vermitteln kann, sodass der Roman von Anfang bis Ende atmosphärisch dicht umgesetzt wirkt. Mit dazu tragen aber auch die vielen alten Begrifflichkeiten bei, die der Autor häufig verwendet und gelegentlich – wenn der Kastellan zum Beispiel Briefe erhält, stellt er diese in Altdeutsch dar, was sich jedoch problemlos lesen lässt.

Die Charaktere sind ebenfalls hervorragend beschrieben. Im Vordergrund steht die Familie des Kastellans. Ulrich Dreiling von Wegrain ist ein gerechter und ziemlich gutmütiger Mann, der von den Dorfbewohnern sehr geschätzt wird. Mit seiner manchmal etwas aufbrausenden Frau Konstanze führt er eine sehr liebevolle Ehe.

Der Totengräber ist das genaue Gegenteil; hoffnungslos durchtrieben und böse. Mit Hinterhältigkeit und Betrug hatte er sich zuerst den Posten des Ortsvorstehers in Staufen ergaunert. Allerdings kommt der Kastellan einigen Betrügereien von Bergung auf die Schliche und um nicht aus dem Dorf vertrieben zu werden, nimmt er scheinbar notgedrungen den Posten des Totengräbers an. 

Faul und alkoholsüchtig, so kann man den Medicus Heinrich Schwartz beschreiben. Dank seiner Alkoholsucht hatte er seine letzten Posten als Spitalleiter verloren und sucht nun dringend nach neuen Einnahmequellen. Da kommt ihm die Idee von Ruland Berging gerade recht. Und auch alle weiteren Mitwirkenden sind bis in die kleinste Nebenrolle bestens beschrieben und nehmen schnell Konturen an, sodass eine Verwechslung bei den vielen Mitwirkenden nicht möglich ist.

Fazit: Ein praller historischer Roman und dank dem schier unerschöpflichen, geschichtlichen Wissens des Autors atmosphärisch dicht erzählt. Hinzu kommt noch eine unterhaltsame und spannende Geschichte, die durchweg sehr authentisch wirkt und zudem mit seinen hervorragend beschriebenen Charakteren absolut überzeugen kann.

Der Autor:
Bernhard Wucherer, Jahrgang 1954, lebt wechselweise in seiner Allgäuer Heimat Oberstaufen, in Spanien und in Belgien. Vor seiner Tätigkeit als Leiter einer Werbe-, Marketing- und Eventagentur arbeitete der Grafikdesigner als Schriftsetzer, Lithograf und Drucker. Er ist selbst bereits Verfasser etlicher Aufsätze über das Mittelalter und zahlreicher Presseartikel.

4 Kommentare:

  1. Hallo Isabel , auf diese Rezi hatte ich schon gewartet.. Das ist mal wieder ein Buch nach meinem Geschmack..So langsam komm ich echt nicht mehr nach mit dem Lesen..ich habe so viel auf meiner Wunschliste,aber das geht Dir sicher genauso....-) L.G. Annette

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  2. Hallo Annette,
    oh ja, das kenn ich. Mein SuB wird als größer, von der Wunschliste will ich gar nicht reden. Irgendwie bräuchte der Tag bei mir mindestens 72 Stunden, damit ich endlich mal mit dem Lesen nachkomme.
    Aber das Buch kann ich Dir echt empfehlen, so viel Hintergrundwissen und das auch noch unterhaltsam verpackt, hatte ich schon lange nicht mehr in einem hist. Roman.
    LG Isabel

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  3. Also, ich lese seit ca. 15 Jahren ausschließlich historische Romane/Kriminalromane. "Die Pestspur" habe ich ausnahmsweise mal auf Verdacht gekauft, da ich es nirgends probelesen konnte. Ehrlich: Ich bin froh, wenn ich das Buch durch habe. Keine Dramaturgie, keine Spannung; erzählt wie ein eher langweiliges Märchenbuch. Detailbeschreibungen über Belanglosigkeiten über lange Absätze. Zwischen den agierenden Personen eine verbal völlig überschraubte Konversationsweise. Andererseits Redewendungen aus der heutigen Zeit wie "durchgeknallt u.ä.), die in einem historischen Roman m.E. nach völlig deplaziert sind. Also, mich haut das wirklich nicht um. Das Herunterleiern von Handlungssträngen taugt nicht dazu, dem Leser das Gefühl zu vermitteln, er könne noch stundenlang weiterlesen.
    Wolfgang

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    1. Schade, Wolfgang, dass Dir der Roman nicht gefällt, aber Geschmäcker sind ja bekanntlich und zum Glück auch, verschieden. Ich lese auch viel und gerne hist. Romane und mir hat er, wie Du ja an meiner Rezi gelesen hast, fantastisch gefallen. Gerade die vielen Informationen, die man in dem Roman erhält, fand ich klasse, für andere wirkt das Ganze dann vielleicht eher wieder ermüdend.
      LG Isabel

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