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Dienstag, 1. Juni 2010

{Rezension} Das Richerspiel von Sabine Kornbichler

Gebundene Ausgabe: 432 Seiten
ISBN: 3426663619 
Genre: Deutscher Thriller
Erscheinungsdatum: 02. Juni 2009
Preis: 16,95 €


Verletzte Kinderseele

Marlene Degner hat einen kleinen Seniorenservice in Berlin. Deswegen muss sie auch noch am Silvestertag einer ihrer Kundinnen einige Besorgungen vorbeibringen. Diese hat sich jedoch kurz vor Marlenes Eintreffen durch einen Sturz verletzt und muss ins Krankenhau. Als Tierliebhaberin verspricht sie Frau Momberg sich um ihren Kater zu kümmern. Abends trifft Marlene auf einer Party auf den Kinderarzt Max. Schnell sind beide sich einig, die Silvesternacht woanders zu verbringen. Vorher schauen beide jedoch noch mal nach dem Kater und finden im Haus von Frau Momberg ihre Tochter erdrosselt im Wohnzimmer vor. Kurz darauf setzt sich der blinde Ex-Hauptkommissar Arnold Claussen mit Marlene in Verbindung und engagiert ihren Service. Doch schnell muss Marlene feststellen, dass Claussen nur an der Lösung des Falls interessiert ist und sie ihm ihre Augen bei den Ermittlungen "leihen" soll. Und ehe es sich Marlene versieht, steckt sie mitten in dem mysteriösen Todesfall, der ganz offensichtlich in Verbindung mit der Entführung des kleinen Leon steht.

Sabine Kornbichler thematisiert in ihrem vorliegen Psychothriller das Thema Kindesmisshandlung auf sehr einfühlsame, stellenweise aber auch auf direkte, eindringliche Art und Weise. Sie lässt die Geschichte aus Sicht ihrer Protagonistin erzählen und so erhält man schon nach kurzer Zeit ein sehr gutes Bild von Marlene. Durch ihren von Anfang an fesselnden, flüssigen und stellenweise sehr nachdenklichen Schreibstil gelingt es ihr mühelos, einen von der ersten Seite an das Buch zu binden.

Die Spannung des Thrillers baut sich anfangs noch etwas langsam auf, da sich die Autorin ein wenig Zeit lässt, dem Leser ihre Protagonistin näher zu bringen, was sehr unterhaltsam beschrieben wird. Doch spätestens mit dem Mord an Dagmar Momberg und dem Einbinden von Arnold Claussen an dem Fall zieht die Spannung rasant an und hält sich mühelos bis zum Schluss. Sorge dafür trägt auch, dass bis zur Mitte hin das Motiv des Mordes wie auch die Entführung des kleinen Leon absolut im Dunkeln liegen und erst ganz zum Schluss der Täter entlarvt wird. Und hier hat Sabine Kornbichler wirklich eine Überraschung parat, die jedoch absolut schlüssig umgesetzt wurde.

Neben der reinen Ermittlungsarbeit lässt die Autorin einen auch einen Blick in das Privatleben von Marlene werfen und so lernt man ihren sachlichen, ja fast schon spießigen älteren Bruder Fabian kennen wie auch ihre am Anfang stehende Beziehung zu Max. Allerdings sind dies nur Nebenschauplätze und gut dosiert in die Handlung eingebaut, sodass der Thriller durchweg atmosphärisch dicht umgesetzt ist.

Ihre Protagonistin Marlene ist eine junge Biologin, die die letzten 2 Jahre ihren kranken Vater gepflegt hat und als engagierte Tierschützerin zwangsläufige Tierversuche, die ihr Beruf mit sich bringt, für sich nicht mehr vertreten kann. So hat die Vegetarierin sich entschlossen, einen Seniorenservice aufzubauen, mit dem sie sich jedoch mehr schlecht als recht über Wasser hält und hier noch auf die Hilfe ihres Bruders angewiesen ist. Marlene ist sehr dickköpfig, modern, aufgeschlossen, schlagfertig und hat bei dem Wort Nein eindeutig einen Sprachfehler. Die Szenen, in denen Marlene und der ordnungsliebende, zynische, sture Claussen aufeinandertreffen sind durchweg sehr unterhaltsam und stellenweise auch amüsant und dann wieder sehr berührend beschrieben.

Fazit: Alles in allem ein sehr komplexer, spannender, aber auch zum Nachdenken anregender Psychothriller, der einen auch nach dessen Beendigung nicht so schnell loslässt.

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