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Donnerstag, 6. September 2012

{Rezension} Doctor Boff: Weiberkranckheiten von Norbert Klugmann


Verlag: Sutton Verlag
Broschierte Ausgabe: 288 Seiten
Genre: Historischer Roman / Halle
ISBN: 978-3-95400-091-3
Erscheinungsdatum: 16. August 2012
Preis: 12,00 €




Der neue Stadtphysicus von Halle

Halle im Jahr 1732. Der beliebte Stadtphysicus Tänzer wird von einem Unbekannten auf offener Straße schwer verprügelt. Tänzer überlebt den Anschlag nur knapp, fällt allerdings ins Koma, der Angreifer wird geschnappt und in den Kerker gesperrt. Die Ratsherren der Stadt sind ratlos. Wer soll nun die Arbeit des Stadtphysicus übernehmen? Da kommt ihnen der Medicus Albrecht Boff gerade recht, der eigentlich nur auf der Durchreise ist. Boff übernimmt vorübergehend die Aufgaben von Tänzer bis dieser sich wieder erholt hat. Der Arzt für Frauenkrankheiten hat mit seiner aufgeschlossenen, ehrlichen Art bald die komplette Frauenwelt Halles auf seine Seite gezogen, auch die Ratsherren sind mit seiner Arbeit anfangs sehr zufrieden. Doch dann beginnt Boff einige Neuerungen einzuführen mit denen die Stadtregierung nicht einverstanden ist. Es beginnen Intrigen und politische Machtkämpfe und dann wacht Tänzer aus dem Koma auf.


Hier ist der Titel des Buches wirklich Programm. Dreh- und Angelpunkt der Geschichte ist die medizinische Versorgung einer Stadt Anfang des 18. Jahrhunderts. Zwar legt Norbert Klugmann den Schwerpunkt auf die Behandlung von Frauenkrankheiten, zeigt aber auch auf, wie die medizinische Versorgung der gesamten Bevölkerung zur damaligen Zeit erfolgte. Mit welchen Schwierigkeiten gerade ärmere Menschen zu kämpfen hatten, die sich keinen Besuch bei einem Mediziner leisten konnten und auf die Gunst der Heiler angewiesen waren. Aber auch das Kompetenzgerangel wie auch die Missgunst, welche zwischen Heilern und Medizinern bestand, erzählt der Autor informativ und jederzeit sehr unterhaltsam.

In einem teilweise fast sachlichen, distanzierten, dennoch immer flüssigen und durchaus fesselnden Schreibstil schildert der Autor so die Erlebnisse des Mediziners Albrecht Boff in Halle an der Saale. Durch Erfahrungen, welche Boff auf seinen vielen Reisen gemacht hat, führt er im Verlauf seiner Amtszeit einige Neuerungen in der medizinischen Versorgung der Stadt ein. So engagiert er die schöne Hebamme Hermine, die bald seine rechte Hand wird und eine eigene Praxis in Boffs Haus eröffnet. Und auch den doch sehr eigenwilligen jungen Arzt Rohwedder, der sich am liebsten mit Leichen beschäftigt, nimmt der Stadtphysicus unter seine Fittiche. Auch den nicht gerade angesehenen Heilern gibt er eine Chance, was den Oberen der Stadt wie auch der Ärzteschaft in Halle ein absoluter Dorn im Auge ist. Doch Boff lässt sich nicht beirren: geradlinig, ehrlich und kompromisslos geht er seinen Weg und findet durch seine aufgeschlossene, sensible und hilfsbereite Art schnell das Vertrauen der Frauen des höheren Standes. Was seine Stellung in der Stadt natürlich entscheidend verbessert. Aber auch die ärmere weibliche Bevölkerung bekommt von ihm gleichwertige Beachtung geschenkt und so wird das Ärztehaus von Boff bald zum meistbesuchtem Haus der Stadt, in der ein reger Austausch von Klatsch und Neuigkeiten erfolgt.

Es dauert zwar ein wenig, aber dann hat man sich an den Schreibstil von Norbert Klugmann gewöhnt, denn es gelingt dem Autor problemlos, einem schnell ein Bild von Halle und seinen Einwohnern vor Augen zu führen. Hinzu kommt, dass der Autor seinen Charakteren rasch ein Profil gibt und zudem recht eigenwillige und absolut authentisch agierende Personen geschaffen hat. Stellenweise blitzt immer mal wieder ein wunderbarer Wortwitz auf, vor allem dann, wenn Boff sich einmal mehr auf ein Streitgespräch mit dem jungen Arzt Rohwedder einlässt.  Ein gutes Gespür zeigt Norbert Klugmann auch bei der Darstellung der Stadtregierung, die natürlich mithilfe politischer Intrigen immer auf ihren Vorteil bedacht ist und ständig versucht, Boff auf ihre Seite zu ziehen. Doch der hochintelligente Mediziner lässt sich auf keine Intrigen und politischen Machtspiele ein, was ihm allerdings bald zum Verhängnis zu werden droht.

Fazit: Ein unterhaltsamer und teilweise sogar sehr spannend erzählter Historischer Roman, der einem einen sehr guten Einblick in die Welt der Medizin und des Heilens im 18. Jahrhundert gibt und zudem mit ausgereiften, authentisch agierenden Charakteren aufwarten kann.

Der Autor:

Norbert Klugmann wurde 1951 in Uelzen (Niedersachsen) geboren. Er studierte bis 1979 in Hamburg und arbeitete journalistisch für das ZEITmagazin und verschiedene Programmzeitschriften.
Als Buchautor veröffentlicht er seit den achtziger Jahren Kriminalromane, historische Romane, Jugendromane, aber auch eine Biografie über Heinz Erhardt. Von den gemeinsam mit Peter Mathews geschriebenen Krimis wurden »Beule« und »Vorübergehend verstorben« für das Fernsehen verfilmt.
Klugmanns Werkliste umfasst 70 Buchveröffentlichungen. Er lebt in Hamburg, ist geschieden und hat eine Tochter.

1 Kommentar:

  1. Das hört sich interessant an. Bin ja was so historische Bücher angeht immer etwas skeptisch, aber dieses Buch werde ich mal im Auge behalten.

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