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Mittwoch, 29. Juni 2011

{Rezension} Schlaf still, mein Mädchen von Doris Bezler

Verlag: Knaur TB Verlag
Taschenbuchausgabe: 432 Seiten
Genre: Deutscher Krimi
ISBN: 978-3-426-50209-9
Erscheinungsdatum: 01. April 2010
Preis: 8,95 €

Kalles Geheimnis

Nach ihrer Scheidung lebt die Lehrerin Maren mit ihrer siebenjährigen Tochter Julia in einem kleinen Dorf im Taunus. Dort verschwand vor 3 Jahren die kleine Melanie spurlos. Eine großangelegte Suchaktion brachte nichts, die Polizei geht davon aus, dass sie ermordet wurde. Durch Zufall erfährt Maren hiervon und fängt selbst an, einige Nachforschungen zu betreiben, auch um sich von ihren neuen Lebensumständen abzulenken, die sich regelrecht überfordern. Beim Joggen lernt sie eines Tages einen freundlichen Mann kennen.

Doris Bezler wechselt ständig zwischen dem Leben von Maren und Julia und den Gedanken eines Fremden. Dieser gehört definitiv zum Dorf und schnell ist klar, dass es sich hierbei um den Mörder der kleinen Melanie handelt, doch seine Identität bleibt sehr lange im Dunkeln. Zwar versucht die Autorin einen zu verwirren, indem sie ähnliche Lebensumstände oder zufällige Begegnungen des Mörders denen des Joggers Thorsten Steiner zuschreibt. Allerdings ist einem schon nach wenigen Seiten klar, dass Thorsten definitiv nicht der Mörder sein kann. Trotzdem bleibt aber dessen Charakter lange Zeit rätselhaft und es ist deutlich zu spüren, dass er etwas verbirgt sowie ein sehr großes Interesse an dem Verschwinden von Melanie zeigt. Somit weiß man auch nicht, ob seine Bemühungen um Maren gespielt sind, oder ob sich dahinter echte Gefühle verbergen.

So ist der komplette Krimi von Anfang bis Ende recht rätselhaft, die Spannung eher verhalten und subtil angelegt und eigentlich treibt einen nur die Neugier ständig zum Weiterlesen an. Dies allerdings auch nicht zu knapp und der flüssige Schreibstil der Autorin tut sein übriges dafür. Die Story ist durchgehend nachvollziehbar und löst sich schlussendlich auch logisch auf.

Allerdings haben mich die Charaktere stellenweise etwas genervt. Da ist zum einen Maren. Sie kommt mit ihrer neuen Situation als alleinerziehende Mutter kaum zurecht, wirkt unselbständig und überängstlich, gerade in Bezug auf ihre aufgeweckte Tochter Julia. Thorsten gegenüber tritt sie anfangs äußerst skeptisch und zurückhaltend auf, nur um sich kurze Zeit später auf eine Fast-Beziehung mit ihm einzulassen. Allerdings hinterfragt sie nie, hat keine Handynummer oder Adresse von ihm. Was ich schon alles ziemlich merkwürdig fand. Auch ihr Gesamtverhalten, gerade gegenüber ihrem herrischen Ex-Mann, hat mich stellenweise doch ziemlich genervt. Immer zieht sie den Kopf ein, lässt sich regelrecht von ihm gängeln und wirklich alles gefallen.

Ja, und dann ihre Tochter Julia. Sie ist eine mehr als aufgeweckte Siebenjährige, hochintelligent, altklug, ständig am Plappern und Fragen. Das ist ja alles sehr positiv und solche Kinder mag ich. Was ich jedoch
nicht mag ist, wenn Grundschulkinder ein Vokabular in den Mund nehmen, dass mein Teenagersohn kaum benutzt. Und was für mich absolut unverständlich ist, dass Maren ihr ein stellenweise wirklich absolut respektloses Verhalten ihr gegenüber durchgehen lässt. Klar, ist Julia durch die Trennung ihrer Eltern verstört, muss erst mit der neuen Situation zurecht kommen, aber das die Kleine wirklich jedes Gespräch bestimmt und einem ständig vorschreibt, was man zu tun und zu lassen hat, ohne ab und an einmal in ihre Schranken gewiesen zu werden (ganz im Gegenteil, es wird auch noch brav gemacht was Julia will), fand ich schon ziemlich nervig.

Dem Charakter des Mörders lässt Doris Bezler auch viel Platz und so lernt man diesen mit der Zeit immer besser kennen. Seine Kindheit war geprägt durch dominante und „schlagkräftige“ Eltern und Missbrauch durch einen Pfarrer. Auch das Quälen und Töten von Tieren darf nicht fehlen. So wird sein Verhalten und seine psychische Störung zwar für den Leser erklärbar, aber irgendwie hat man das mittlerweile auch einfach schon zu oft gelesen.

Wenn man aber von diesen Kritikpunkten absieht, die ja auch eher subjektiv sind, ist der Krimi atmosphärisch dicht umgesetzt, setzt auf wenig bis keinen Lokalkolorit und die Spannung lauert praktisch ständig im Hintergrund bis der Krimi zum Schluss recht temporeich und dann auch sehr spannend wird.

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