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Samstag, 8. Januar 2011

(Rezension) Die Mutter von Brett McBean

Verlag: Festa-Verlag 
Taschenbuchausgabe: 384 Seiten
Genre: Psychothriller
ISBN: 3865520936
Erscheinungsdatum: Juni 2010
Preis: 13,95 €


Nur noch einen Sinn im Leben

Rebecca ist tot, ermordet auf dem Hume zwischen Melbourne und Sydney. Die 18-jährige wollte nach Sydney trampen, ein ruhiger, netter Mann mit einem Tattoo erklärte sich bereit, sie die ganze Strecke mitzunehmen. Das sind die letzten Informationen, welche die Mutter von ihrer Tochter erhalten hatte, gesprochen auf ihrem Anrufbeantworter. Mit Rebeccas Ermordung kann sich die Mutter nicht abfinden, eine Welt stürzt für sie zusammen und sie hat nur noch ein Ziel, den Mörder ihrer Tochter zu finden. So bricht sie alle Brücken hinter sich ab und begibt sich auf den Highway, immer auf der Suche nach dem Mörder von Rebecca.

Sehr eindringlich, stellenweise so brutal und abartig, dass ich den Psychothriller zeitweise aus der Hand legen musste, beschreibt Brett McBean das unstete Leben der Mutter auf dem Highway. Sie hat mit ihrem Leben abgeschlossen, ihren Körper betrachtet sie nur noch als Hülle, einzig so lange will sie noch überleben, bis sie den Mörder gefunden hat, was mit ihrem Körper passiert, interessiert sie nicht. Und so steigt sie ohne Angst in jedes Auto, in dem ein männlicher Fahrer (oder auch mehrere) sitzen, um so den Mörder zu finden. Hierbei gerät sie an gestörte und zur extremen Gewalt neigende Männer, die auch sie nur als ein Ding sehen, mit dem man seinen Spaß haben kann. Dann aber auch lernt sie hilfsbereite Männer kennen, die selbstlos versuchen, ihr zu helfen, deren Hilfe die Mutter auch zumeist annimmt.

So zeichnet der Autor in seinem Thriller äußerst unterschiedliche Charaktere: den totgeweihten Polizisten, den psychisch gestörten Serienkiller, einen Vampirjäger, den geschiedenen Mann auf dem Weg zu seinem Sohn oder den schwulen Trucker Blake. Jedes Kapitel beschreibt jeweils ein Treffen der Mutter mit einem anderen Auto-, Truck- oder auch Campingwagenfahrer und ihre Erlebnisse mit diesen Menschen. So ist jedes Kapitel praktisch eine neue Geschichte, der rote Faden ist nur die Mutter und selbst sie spielt nicht in jedem Kapitel eine Rolle. Dieser Aufbau des Thrillers hat mir wirklich sehr gut gefallen.

Bei jedem dieser Zusammentreffen nimmt die Mutter einen anderen Namen an, manchmal erzählt sie ihnen ihre Gründe, warum sie auf dem Highway unterwegs ist, manchmal nicht. Mit ihrer Vergangenheit hat sie komplett abgeschlossen, an ihr früheres Leben kann sie sich nicht mehr erinnern. Das einzige, was sie noch weiß, sind ihre Erinnerungen an Rebecca und den Grund ihrer Suche, die sie auch immer wieder zu dem Ort zurückführen, an dem die Leiche ihrer Tochter gefunden wurde.

Anfangs wirkt der Charakter der Mutter etwas distanziert, er erschließt sich dem Leser nicht sofort. Gleich zu Beginn des Thrillers kann man den Anfang eines Briefes der Mutter an einen Fremden lesen, indem sie ihre Gründe niederschreibt. Und je mehr man von diesem Brief liest, der immer wieder etwas Raum in dem Thriller einnimmt,  umso mehr erfährt man vom Leben der Mutter und so lässt mit der Zeit immer mehr diese Distanziertheit nach und ihr Charakter nimmt Konturen an. Man kann jetzt nicht unbedingt behaupten, dass man für ihr Verhalten Verständnis aufbringen kann, doch werden ihre Beweggründe für einen nachvollziehbarer.

Gekonnt wechselt Brett McBean die unterschiedlichen Charaktere, die der Mutter während ihrer Suche begegnen. So ist die Spannung zwar ständig auf einem extrem hohen Niveau, man hat aber zwischendurch wenigstens ein paar Mal die Gelegenheit, ein wenig durchzuschnaufen. Was ich als äußerst angenehm empfand, denn hätte ich nur über kranke Charaktere lesen müssen, hätte ich das Buch wahrscheinlich irgendwann abgebrochen, da einige Szenen wirklich extrem hart dargestellt werden.

Der Schreibstil des Autors ist äußerst flüssig, zwangsläufig zwischendurch extrem direkt und es gelingt ihm wunderbar, die so unterschiedlichen Figuren in dem Thriller bereits nach einigen Sätzen hervorragend darzustellen. Die Stimmung des Buches ist – bedingt durch das Thema – durchweg beklemmend, düster und stellenweise auch richtig traurig angelegt, Momente des Schmunzelns gewährt der Autor einem nicht, wäre hier aber auch wirklich nicht angebracht gewesen.

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