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Donnerstag, 2. Dezember 2010

{Rezension} Der Herzsammler von Inger Ash Wolfe

Übersetzer: Fred Kinzel
Taschenbuchausgabe: 448 Seiten
Genre: Amerikanischer Krimi
ISBN: 3442370698
Erscheinungsdatum: 12. April 2010
Preis: 8,95 €


Mord als Fortsetzungsroman
        
In einem kleinen Ort in Kanada wird im nahegelegenen See eine Schaufensterpuppe ohne Kopf gefunden. Das Merkwürdige an der Sache. Genau diese Szene wurde in der aktuellen Tageszeitung in einem Fortsetzungskrimi beschrieben, nur war es hier eine echte Leiche. Polizeichefin Hazel Micallef und ihr Kollege James Wingate vermuten mehr hinter der Sache und beginnen ihre Ermittlungen. Als Wingate auf der Schaufensterpuppe eine mehrstellige Nummer entdeckt, dauert es nicht mehr lange, bis er sie mit einer Internetseite in Verbindung bringt. Was die Polizisten dort zu sehen bekommen, lässt sie das Schlimmste befürchten.

Hazel Micallef ist erst vor kurzem am Rücken operiert worden, verkriecht sich im Haus ihres Exmannes und bedauert sich selbst. Da die Arbeit des Polizeichefs von Port Dundas sich eher ruhig gestaltet, kann sie auch mühelos das bisschen Arbeit von zu Hause bewerkstelligen. Als jedoch die Schaufensterpuppe im See gefunden wird, erwacht ihr kriminalistisches Gespür und die Schmerzen sind vergessen, auch dank starker Schmerzmittel.

Die Ermittlungen gestalten sich anfangs extrem schwierig, da Zeugen spurlos verschwinden, tagelang telefonisch nicht erreichbar sind und die Zusammenarbeit mit anderen Dienststellen sich ebenfalls als äußerst schwierig herausstellt. So plätschert der Fall zunächst ohne ersichtliche Ermittlungsansätze dahin, zumal für Hazel auch noch einige innerdienstliche Probleme auftreten und sie mehr und mehr mit einer beginnenden Tablettensucht zu kämpfen hat. Hinzu kommt aber auch noch ihre prekäre private Situation. Da sie wegen der Operation anfangs auf Hilfe angewiesen ist, zieht sie zu ihrem Ex-Mann und dessen Frau Glynnis, welche sie während der Genesungsphase pflegt und bei denen sie auch weiterhin noch wohnt.

So passiert anfangs noch nicht so viel in dem Krimi und man lernt erst einmal ein wenig die ganzen Mitwirkenden kennen. Doch fast wie aus dem Nichts kommt Spannung auf, der Fall nimmt eine überraschende, wenn auch nicht ganz neue Wendung und erstaunt einen ab da ständig. Anfangs sind absolut keine Zusammenhänge zwischen den Mitwirkenden zu erkennen und als man dann endlich meint, diese nun herstellen zu können, lässt die Autorin die Story wieder in eine andere Richtung laufen. Somit ist die Spannung bis zum Schluss auf sehr hohem Niveau und die letztendliche Lösung des Falls absolut überraschend und so logisch umgesetzt, dass man sich wundert, nicht selbst früher darauf gekommen zu sein.

Auffällig ist, dass es viel Kompetenzgerangel zwischen den einzelnen Zuständigkeitsbereichen gibt. So hat man ständig den Eindruck, dass jede Dienststelle ihr eigenes Süppchen kocht und mit kollegialer Unterstützung ist es auch nicht immer weit her. So werden Hazel und Wingate mehr als einmal ziemlich massiv bei ihren Ermittlungen ausgebremst, doch hiervon lässt sich die versierte Hazel nicht beeindrucken und so geht sie einfach ein paar etwas unkonventionelle und auch makabre Wege, um ihr Ziel zu erreichen.

Anfangs tat ich mir ein wenig schwer mit dem Charakter von Hazel, denn ihre schroffe, burschikose Art macht sie nicht gerade sympathisch und lässt sie sehr hartherzig erscheinen. Doch so nach und nach merkt man, dass sie ihr Herz auf dem rechten Fleck hat, sich sehr für ihre Mitarbeiter einsetzt und eigentlich nur das Problem hat, ihre Gefühle Menschen gegenüber zu zeigen, die ihr wirklich etwas bedeuten. Dies merkt man deutlich in mehreren Szenen mit ihrer jüngsten Tochter Martha wie auch bei ihrem jungen Kollegen James Wingate, der erst seit kurzer Zeit von Toronto in das beschauliche Städtchen gezogen ist. Entgegen der 62-jährigen Hazel ist er sehr warmherzig und man merkt auch schnell, dass irgendetwas in Toronto vorgefallen sein muss, was in nach Port Dundas getrieben hat. Zur Mitte des Krimis hin erfährt man auch mehr Einzelheiten hierzu.

Die weiteren Charaktere sind sauber herausgearbeitet und detailreich beschrieben, doch irgendwie wird man bei ihnen das Gefühl nicht los, über sie noch nicht alles erfahren zu haben und somit wirken sie lange Zeit sehr undurchsichtig. Dies kommt der Spannung natürlich nur zugute.

Der Schreibstil von Inger Ash Wolfe, welches ein Pseudonym für eine kanadische Schriftstellerin ist, überzeugt von Anfang an durch ihre ruhige und flüssige Sprache. Sie verzichtet auch weitgehend auf reißerische Szenen und lässt hier der Phantasie ihrer Leser viel Raum.

Fazit: Ein eher ruhiger, aber absolut spannender Krimi mit einer unvorhersehbaren und komplexen Story.

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