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Montag, 16. November 2009

{Rezension} Erbarmen von Jussi Adler-Olsen

Verlag: dtv Verlag
Übersetzer: Hannes Thiess
Broschierte Ausgabe: 420 Seiten
ISBN: 3423247517
Genre: Skandinavischer Thriller / Dänemark
Erscheinungsdatum: 01. Oktober 2009
Preis: 14,90 €


Warum bist Du hier?? 

Das ist die alles entscheidende Frage in Merete Lynggaard momentanen Leben. Als sie mit ihrem geistig behinderten Bruder Uffe einen Schiffsausflug macht, wird die junge Politikerin entführt und seitdem in einem betonierten Raum gefangen gehalten. Das erste Jahr muss sie in völliger Dunkelheit leben, dann kommt die alles entscheidende Frage ihrer Entführer, auf die Merete jedoch keine Antwort findet. Darauf folgt ein Jahr im Dauerlicht und wieder wird danach die entscheidende Frage gestellt, deren Antwort Merete auch dieses Mal schuldig bleiben muss. In der Zwischenzeit geht der Rest der Welt davon aus, dass sie bei dem Bootsausflug über Bord gegangen ist. Als im Morddezernat Kopenhagen das Sonderdezernat Q eingerichtet wird und Carl Mork die Leitung übernimmt, rollt dieser den Fall Lynggaard wieder auf und stößt zusammen mit seinem syrischen Assistenten Hafez el-Assad auf einige Ungereimtheiten. Ein spannender Wettlauf gegen die Zeit beginnt.

Nachdem Carl Mork bei einem Einsatz verletzt wurde, einer seiner Kollegen starb und ein anderer seitdem schwerstverletzt im Krankenhaus liegt, beginnt er nun seinen Dienst wieder. Allerdings ist Carl zwischenzeitlich noch zynischer geworden und eine Zusammenarbeit mit ihm wird für seine Kollegen immer schwieriger. Und so nutzt sein Chef die Chance und überträgt Carl die Leitung des Sonderdezernats Q, ein neu geschaffenes Dezernat, das sich mit ungeklärten Fällen beschäftigen soll. Aus Platzgründen wird die Einheit in den Keller verlegt und Carl bekommt mit Assad einen Assistenten zur Seite gestellt. Anfangs hat Carl nichts Besseres zu tun, als die Akten von links nach rechts zu schieben, Computerspiele zu spielen und den Tag zu verschlafen. Doch so langsam "erwacht" der Polizist in ihm wieder und bald schon stecken Carl und Assad mitten in den Ermittlungen um das Verschwinden von Merete.

Der gesamte Psychothriller ist atmosphärisch dicht umgesetzt, zu keiner Zeit kommt auch nur der Hauch von Langeweile auf. Ganz im Gegenteil, man ist von Anfang an gefesselt an die Geschichte. Lange Zeit rätselt man genau wie Merete über das Warum nach. Warum wird sie festgehalten und vor allem, was will der oder die Entführer? Welche Ziele verfolgen sie? Diese Fragen werden im letzten Drittel gelöst, wobei man jedoch nach gut der Hälfte des Thrillers die Lösung erahnen kann. Die Story ist absolut schlüssig umgesetzt, die Erzählstränge wechseln ständig zwischen den Ermittlern und Merete und die Lösung des Falls ist so logisch, dass man sich wundert, nicht gleich zu anfangs schon darauf gekommen zu sein.

Die Beschreibungen von Merete in ihrem isolierten Betonraum sind sehr bedrückend und unvorstellbar grausam. Die Entführer nehmen ihr ihre Würde, indem sie sie rund um die Uhr per Kamera überwachen und ihr somit keine Intimsphäre gestatten wie auch absolut keine hygienischen Möglichkeiten - bis auf einen Toiletteneimer - zur Verfügung stellen. So muss sie während der ganzen Jahre in ein und derselben Kleidung verbringen, hat keine Möglichkeit sich zu waschen oder die Zähne zu putzen. Essen und Trinken erhält sie einmal pro Tag durch eine Schleuse und das war es auch schon. Kommunikation findet nur einmal im Jahr zu ihrem Geburtstag statt. Die Entführer halten sie wie ein Tier und Merete droht mehr als einmal, an ihrer Gefangenschaft zu zerbrechen.

Trotz der beklemmenden Geschichte gelingt es Jussi Adler-Olsen zwischendurch immer wieder, einem zum Schmunzeln und stellenweise sogar zum Auflachen zu bringen. Sein Protagonist Carl ist herrlich zynisch, selbstironisch und ein absoluter Einzelgänger. Ihm zur Seite steht ihm der Syrer Assad, eigentlich nur als Putzmann und "Mädchen für alles" gedacht, entwickelt er sich im Lauf der Story zu einem unverzichtbaren Helfer mit ungeahnten Fähigkeiten. Die Kabbeleien der Beiden sind erfrischend und lockern das Ganze etwas auf. Auch die anderen Charaktere sind sehr facettenreich, lebendig beschrieben und überraschen ein ums andere Mal.

Fazit: Jussi Adler-Olsen ist mit "Erbarmen" ein hervorragender Psychothriller gelungen, der einen von der ersten Seite an fesselt, einen Protagonisten vorzuweisen hat, den man mit seinem Macken einfach mögen muss und einer Story, die einfach nur alptraumhaft ist.

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